Krieg Tag 528 So 06.08.2023 ++ Offenbar wieder Angriff auf Krim-Brücke ++
6. August 2023Laut russischen Medien soll die Tschonhar-Brücke zur Krim durch einen ukrainischen Raketenangriff beschädigt worden sei. In der SPD bröckelt die Front gegen die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern.
- Offenbar Krim-Brücke durch Angriff beschädigt
- Zahlreiche russische Luftangriffe in der Nacht
- Baerbock begrüßt Gespräche in Saudi-Arabien
- Russland: Universität von Donezk von Streumunition getroffen
17:02 Uhr
Ukraine sieht sich nach Gesprächen gestärkt
Die Ukraine sieht ihre Position gestärkt durch die internationalen Beratungen über ein mögliches Kriegsende in Saudi-Arabien. Das sagte der Leiter des ukrainischen Präsidialamtes, Andrij Jermak, nach dem Treffen mit Vertretern aus etwa 40 Staaten in der Hafenstadt Dschidda. Es habe unterschiedliche Auffassungen gegeben. Aber alle vertretenen Länder hätten sich zur UN-Charta, zum Völkerrecht, der Achtung der Souveränität und der territorialen Unversehrtheit der Staaten bekannt, sagte Jermak.
„Genau auf diesen Grundsätzen basiert die Friedensformel von Präsident Selenskyj, die wir ausführlich vorgestellt haben“, wurde Jermak vom Präsidialamt in Kiew zitiert. Viele Länder hätten für sich schon überlegt, welche Rolle sie bei der Verwirklichung der Formel spielen könnten. Selenskyjs Plan sieht den Abzug russischer Truppen aus der gesamten Ukraine vor, ein Tribunal gegen russische Kriegsverbrecher und Sicherheitsgarantien.
16:17 Uhr
Offenbar Krim-Brücke durch Angriff beschädigt
Die russische Nachrichtenagentur Ria meldet, dass die strategisch wichtige Tschonhar-Brücke zur annektierten Krim durch einen ukrainischen Raketenangriff beschädigt worden sei. Die Agentur beruft sich dabei auf den von Russland eingesetzten Gouverneur der Halbinsel, Sergej Aksjonow. Der veröffentlichte auf Telegram zwei Fotos, die ein größeres Loch in der Fahrbahn der Autobrücke zeigen sollen.
Die Tschonhar-Brücke war bereits im Juli und Juni von den Ukrainern angegriffen und beschädigt worden. Diese ist eine wichtige Nachschubroute für die russische Arme, die auch den Süden der ukrainischen Region Cherson auf dem Festland besetzt hat.
Konfliktparteien als QuelleAngaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Selenskyj dankt zum Tag der Luftwaffe in der Ukraine
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den Streitkräften zum Tag der Luftwaffe gratuliert. „Wir sind stolz auf unsere Helden des Himmels“, verkündete er in einem Post auf der Online-Plattform Twitter, die sich kürzlich in „X“ umbenannte.
Seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine seien mehr als 14.000 Kampfeinsätze absolviert worden. „Ich danke allen Kriegern der ukrainischen Luftwaffe“, schrieb Selenskyj.
Rjabkow kritisiert Friedensversuch des Westens in Saudi-Arabien
Der stellvertretende russische Außenminister Sergej Rjabkow hat sich zum Treffen in Saudi-Arabien geäußert, zu dem sein Land ausgeschlossen war. Die Gespräche zwischen den USA, China und Indien zielten darauf ab, Grundsätze für ein friedliches Ende des russischen Krieges in der Ukraine festzulegen, zitierte die russische Nachrichtenagentur Tass. Rjabkow halte dies für einen „zum Scheitern“ verurteilter Versuch des Westens, den globalen Süden hinter Kiew zu verbünden.
Im saudi-arabischen Dschidda hatten am Wochenende Vertreter aus mehr als 40 Staaten über Wege zur Beendigung des Kriegs gegen die Ukraine beraten. Das von Kiew organisierte Treffen ohne Beteiligung Russlands ging am Samstagabend nach mehrstündigen Beratungen und Gesprächen zu Ende. Aus Diplomatenkreisen verlautete, es herrsche Einigkeit, dass etwa die „territoriale Integrität und Souveränität“ der Ukraine Teil einer Friedenslösung sein müsse.
Front in SPD gegen Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern bröckelt
Der SPD-Haushaltspolitiker Andreas Schwarz hat sich für die Abgabe von Taurus-Marschflugkörpern ausgesprochen. Auch sein Parteikollege Nils Schmid schloss dies nicht mehr aus.
Der FDP-Politiker Markus Faber sah auch bei Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) kein kategorisches Nein. „Die Gegenoffensive stockt, eine nennenswerte Luftwaffe zur Unterstützung hat die Ukraine nicht“, sagte Schwarz dem „Spiegel“. „Da bleiben nur Lenkwaffen wie Taurus-Marschflugkörper, mit denen die ukrainische Armee die von den Russen angelegten Minenfelder überwinden und Territorium zurückerobern könnte.“ Zuvor hatten sich aus der Ampel-Koalition bereits Vertreter von FDP und Grünen für die Lieferung ausgesprochen.
Verteidigungsminister Pistorius sieht „keinen dringenden Entscheidungsbedarf“ und äußerte am Freitag weiter „Bedenken“. Der Minister verwies dabei auf die große Reichweite von mehr als 500 Kilometer des bunkerbrechenden Waffensystems. Damit wäre auch russisches Staatsgebiet erreichbar. Die Ukraine hat allerdings zugesichert, westliche Waffen nicht für Angriffe auf russisches Gebiet einzusetzen.
Ukraine: Abschuss Dutzender Marschflugkörper und Drohnen
Die ukrainische Luftwaffe hat eigenen Angaben zufolge einen Großteil nächtlicher russischer Angriffe abgewehrt. „30 Marschflugkörper und 27 Angriffsdrohnen wurden zerstört“, erklärte die Luftwaffe im Onlinedienst Telegram. Demnach setzte Russland in mehreren Angriffswellen in der Nacht insgesamt 70 Luftangriffswaffen ein, darunter auch drei Hyperschallraketen des Typs Kinschal.
Unter den angegriffenen Zielen war demnach ein wichtiger ukrainischer Luftwaffenstützpunkt in der Region Chmelnyzkyj. Die hunderte Kilometer von der Front entfernte Region in der Westukraine wird regelmäßig von Russland angegriffen. Russlands Verteidigungsministerium erklärte, seine Streitkräfte hätten in der Nacht ukrainische Luftwaffenstützpunkte in den Regionen Chmelnyzkyj und Riwne in der Westukraine angegriffen und „alle Ziele getroffen“.
Russland: Verfügen über Mittel zur Sicherung des Schwarzen Meers
Russland verfügt nach eigenen Angaben über militärische und technische Möglichkeiten, um Sicherheit im Schwarzen Meer zu gewährleisten, zitierte die russische Nachrichtenagentur Tass den stellvertretenden Außenminister Sergej Rjabkow. In dieser Woche wurde ein russisches Kriegsschiff in der Nähe des russischen Hafens Noworossijsk und ein Tanker vor der Krim von ukrainischen Seedrohnen angegriffen.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Drei Tote bei Beschuss in der Ukraine
Beim Beschuss in der Ukraine sind nach Behördenangaben drei Menschen getötet worden. Ein russischer Luftangriff in der Region Charkiw habe zwei Menschen das Leben gekostet, teilte der Chef der örtlichen Militärverwaltung, Oleh Synjehubow, mit. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj berichtete, eine Bombe habe ein Zentrum für Bluttransfusionen im Bezirk Kupjan erfasst. „Dieses Kriegsverbrechen allein sagt alles über russische Aggression“, teilte Selenskyj in den sozialen Medien mit.
Bei ukrainischem Beschuss in einer von Russland besetzten Gegend in Donezk wurde nach Angaben eines vom Kreml eingesetzten Bürgermeisters eine Frau getötet. Dabei sei auch das Hauptgebäude einer Universität in Brand gesteckt worden, teilte der ebenfalls von Moskau eingesetzte Verwalter der Separatistenregion, Denis Puschilin, mit. Durch das Feuer sei das Dach des Gebäudes eingestürzt, berichtete das russische Notfallministerium. Es habe aber keine Toten gegeben. Der Moskauer Flughafen Wnukowo 15 Kilometer südwestlich der russischen Hauptstadt setzte am Sonntag nach dem angeblichen Abschuss einer Drohne in der Gegend vorübergehend Flüge aus.
Moskau will erneuten ukrainischen Drohnenangriff abgewehrt haben
Russland hat eigenen Angaben zufolge einen erneuten ukrainischen Drohnenangriff auf die Hauptstadt Moskau abgewehrt. Die Drohne sei bei der Stadt Podolsk im südlichen Moskauer Gebiet von der Luftverteidigung zerstört worden, teilte das Verteidigungsministerium mit. Es habe weder Verletzte noch Schäden gegeben. Am Flughafen Moskau-Wnukowo wurde vorübergehend der Flugverkehr eingestellt. Aus Kiew gab es zunächst keine offizielle Reaktion dazu.
Moskau war zuletzt wiederholt zum Ziel mutmaßlich ukrainischer Drohnenangriffe geworden, bei denen unter anderem Hausfassaden im zentralen Wolkenkratzerviertel Moskwa City beschädigt wurden. In den meisten Fällen gabe es keine Verletzten. Die Folgen der Drohnenangriffe auf Moskau stehen damit in keinerlei Verhältnis zu den Kriegsfolgen in der von Russland angegriffenen Ukraine, wo bereits Tausende Zivilisten getötet wurden.
11:06 Uhr
London: Tausende russische Fallschirmjäger getötet oder verwundet
Nach Einschätzung des britischen Verteidigungsministeriums könnten Tausende russische Fallschirmjäger im Angriffskrieg gegen die Ukraine verletzt oder getötet worden sein. Das teilten die Briten in ihrem täglichen Update bei X, ehemals Twitter, mit. Sie bezogen sich auf Aussagen des Kommandeurs der russischen Luftlandetruppen, Generaloberst Michail Teplinski. Die Briten wiesen darauf hin, dass Teplinski in einer zum 2. August aufgezeichneten Ansprache zu den jährlichen Feierlichkeiten der russischen Luftlandetruppen gesagt hatte, dass 8500 verletzte Fallschirmjäger später an die Front zurückgekehrt seien oder sich gar geweigert hätten, die Frontlinie zu verlassen. Wenig später wurde die Rede von der Seite des russischen Militärfernsehsenders Swesda wieder gelöscht.
Zeitung: Zehntausende Russen zuletzt nach Deutschland gezogen
Seit Beginn des Ukraine-Krieges sind offenbar mehrere zehntausend Russen nach Deutschland gezogen. Ende Juni lebten 301.511 russische Staatsangehörige in Deutschland, wie die „Welt am Sonntag“ unter Berufung auf das Bundesinnenministerium berichtet. Das sind 32.183 mehr als Ende Februar 2022, als Russland die Ukraine überfiel. Die Zahlen stammen den Angaben zufolge aus dem Ausländerzentralregister. Dort sind Ausländer gespeichert, die sich nicht nur vorübergehend im Land aufhalten.
Aus dem Auswärtigen Amt heißt es, dass die deutschen Konsulate seit Kriegsbeginn „circa 32.000 nationale Visa“ an russische Staatsangehörige ausgestellt hätten. Diese dienen „grundsätzlich einem längeren Aufenthalt und der Migration“ und betreffen vor allem Fachkräfte, Familiennachzug oder Studenten. Zudem seien „mehr als 51.000“ sogenannte Schengen-Visa an russische Staatsangehörige ausgestellt worden. Damit sind Kurzzeitaufenthalte bis zu drei Monaten in der EU möglich.
1665 besonders gefährdete Personen, darunter Oppositionelle oder Journalisten, haben laut Bundesinnenministerium die Zusage für ein humanitäres Visum erhalten. Dass Russinnen und Russen weiter einreisen können, ist aus Sicht von Experten grundsätzlich sinnvoll. Es gebe in Russland immer noch Regierungskritiker, die in Gefahr seien, sagte der Politologe Dmitri Stratievski, Leiter das Osteuropa-Zentrums Berlin, der Zeitung.
Zahlreiche russische Luftangriffe in der Nacht
Russland hat nach ukrainischen Angaben in der Nacht zahlreiche Luftangriffe auf die Ukraine verübt. In mehreren Wellen seien insgesamt 70 Waffen unterschiedlicher Art eingesetzt worden, teilt die ukrainische Luftwaffe mit. Die ukrainische Luftabwehr habe 30 der 40 Marschflugkörper zerstört sowie alle 27 eingesetzten Schahed-Drohnen. Russland habe auch drei Hyperschallraketen Kinschal abgefeuert. Weitere Informationen dazu gibt es nicht. Was oder wie viel beschädigt wurde, war zunächst unklar. Eines der Hauptziele sei die Region Chmelnyzkyj gewesen, sagt ein Sprecher der Luftwaffe.
Schraffiert: von Russland besetzte Gebiete
Russland: Universität von Donezk von Streumunition getroffen
Die Universität von Donezk ist russischen Angaben zufolge bei einem ukrainischen Angriff mit Streumunition getroffen worden. Ein Gebäude sei dabei in Brand geraten, schreibt der Russland eingesetzte Bürgermeister der Stadt, Alexej Kulemsin, auf Telegram. Da das Dach aus Holz bestehe, weite sich das Feuer schnell aus, erklärt der ebenfalls von Russland eingesetzte Krisenminister für die Region, Alexej Kostrubizki. Von der Ukraine lag zunächst keine Stellungnahme vor. Beide Seiten dementieren, Zivilisten und zivile Infrastruktur anzugreifen.
Konfliktparteien als QuelleAngaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Selenskyj will gegen Korruption vorgehen
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat eine neue Runde der institutionellen „Säuberung“ angekündigt. „Wer auch immer eine Funktion ausübt, ein Militärkommissar, ein Abgeordneter oder ein Beamter, jeder darf nur für die Interessen des Staates arbeiten“, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Ansprache. Nächste Woche werde man die Arbeit fortsetzen. „Wir werden die staatlichen Einrichtungen von all denen säubern, die versucht haben, alte Gewohnheiten und Schemata zu übernehmen, die die Ukraine jahrzehntelang geschwächt haben.“
Selenskyj nannte keine Einzelheiten, wer das Ziel sein könnte. Erst kürzlich hat er jedoch seine Empörung über die bei einer Prüfung der ukrainischen Rekrutierungszentren aufgedeckte Korruption geäußert. Der ukrainische Präsident geht verstärkt gegen Korruption vor, um die Verhandlungen über einen Beitritt zur Europäischen Union und zur NATO voranzutreiben.
Baerbock begrüßt Gespräche in Saudi-Arabien
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat die Konferenz im saudi-arabischen Dschidda zum Krieg in der Ukraine begrüßt. „Jeder Millimeter Fortschritt in Richtung eines gerechten und fairen Friedens bringt ein Stück Hoffnung für die Menschen in der Ukraine“, sagte Baerbock der „Bild am Sonntag“. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj habe „mit seiner Friedensformel dafür einen ganz entscheidenden Pfad aufgezeigt“.
Das Signal von Dschidda sei, dass der russische Angriffskrieg auch die Menschen in Afrika, Asien und Südamerika betreffe. Der Krieg habe Auswirkungen deutlich über Europa hinaus, von der Zukunft der internationalen Ordnung über Fragen der Energiesicherheit bis hin zu steigenden Getreidepreisen und der durch Russland so rücksichtslos verschlechterten weltweiten Nahrungsmittelversorgung. Der Blick auf den Krieg sei „aus Pretoria, Brasilia oder Peking ein anderer als aus Europa“. Das gemeinsame Verständnis müsse aber die Charta der Vereinten Nationen sein.