Krieg Tag 570 So 17.09.2023 ++ Politiker meldet Befreiung von Klischtschijiwka ++
17. September 2023Laut Präsidialbürochef Jermak konnten ukrainische Soldaten die strategisch wichtige Stadt Klischtschijiwka zurückerobern. Nach britischer Einschätzung hat Russland Verteidigungsstellungen in der Südukraine verstärkt.
- Ukrainischer Politiker meldet Befreiung von Klischtschijiwka
- London: Russland verstärkt Verteidigung der besetzten Stadt Tokmak
- Stoltenberg fordert höhere Verteidigungsausgaben
- Russland: Sechs ukrainische Drohnen abgeschossen
- Zwei Getreideschiffe in ukrainischen Hafen eingelaufen
17:35 Uhr
US-Generalstabchef: Gegenoffensive ist nicht gescheitert
Die ukrainischen Streitkräfte sind nach Einschätzung des US-Generalstabsches Mark Milley mit ihrer Gegenoffensive «nicht gescheitert». „Sie haben nicht versagt. Ich weiß, dass es einige Kommentare gibt, dass diese Offensive irgendwie gescheitert ist. Sie ist nicht gescheitert“, sagte Milley dem US-Sender CNN in einem Interview. Es habe Teilerfolge gegeben, außerdem habe die Ukraine eine große Kampfkraft. Die Gegenoffensive sei zwar langsamer vorangegangen als erwartet, so Milley. Dafür sei sie aber „beständig“ gewesen.
Schraffiert: von Russland besetzte Gebiete, Stand: 16. September 2023
16:33 Uhr
Offfenbar ukrainische Soldaten in Klischtschijiwka
Der Chef des Präsidialbüros in Kiew, Andrij Jermak, hat ein Foto mit ukrainischen Soldaten veröffentlicht, das in der lange von russischen Truppen besetzten Ortschaft Klischtschijiwka im Osten des Landes aufgenommen worden sein soll. „Die Ukraine holt sich das ihre immer zurück“, schrieb Jermak auf seinem Telegram-Kanal dazu. Auf dem Bild sind Militärs zu sehen, die vor einer zerstörten Kirche ukrainische Flaggen halten.
Ukrainische Medien verorteten das Bild unter anderem anhand der markanten Kirche in Klischtschijiwka, einem Ort südlich der umkämpften Stadt Bachmut im Gebiet Donezk. In den vergangenen Wochen gab es schwere Gefechte um das Dorf. Offiziell hat das ukrainische Verteidigungsministerium eine Befreiung Klischtschijiwkas noch nicht bekanntgegeben. Der Ort war im Januar 2023 von den Russen besetzt worden. Zuletzt hatte das Kiewer Militär eigenen Angaben zufolge die benachbarte Ortschaft Andrijiwka zurückerobert. Bildern zufolge ist von dem Ort infolge der schweren Kämpfe allerdings nicht mehr viel übrig geblieben.
Die Einnahme Klischtschijiwkas durch die Ukraine würde die taktische Lage der russischen Besatzer in Bachmut deutlich verschlechtern, die nun Gefahr laufen, vom Süden und vom Norden her in die Zange genommen zu werden. Um Bachmut hatten Russen und Ukrainer gut ein halbes Jahr lang gekämpft. Aufseiten der russischen Streitkräfte kamen hier vor allem die Söldner der Privatarmee Wagner zum Einsatz. Ende Mai erklärte Russland die Stadt für eingenommen.
Ukrainischer Landarbeiter durch Mine getötet
In der südlichen Region Cherson hat eine Mine einen Landarbeiter getötet und einen weiteren verletzt worden, als ihr Traktor beim Pflügen auf eine Mine traf. Die nach langer russischer Besatzung befreite Region Cherson ist stark vermint und Bauern riskieren ihr Leben, wenn sie auf Feldern arbeiten, die noch nicht von Minen befreit wurden. „Ich appelliere noch einmal an die Bewohner der Region: Beginnen Sie nicht mit der Arbeit, bevor die Felder nicht von Pionieren inspiziert wurden. Achten Sie auf Ihre Sicherheit“, sagte der Gouverneur von Cherson, Oleksandr Prokudin.
Ukrainische Piloten trainieren an westlichen Kampfjets
Das Training ukrainischer Piloten an westlichen Kampfjets ist offiziellen Angaben zufolge erfolgreich: „Ich kann nur sagen, dass der Prozess nun ernsthaft in Bewegung geraten ist“, sagte der Sprecher der ukrainischen Luftwaffe, Jurij Ihnat. Details könne er zwar nicht nennen, weil viele westliche Staaten ihre Beteiligung nicht öffentlich machen wollen. In welchen Ländern sie übten, würden später die entsprechenden Staatschefs selbst bekanntgeben.
Seit Monaten bittet die Ukraine um westliche Kampfjets. Zusagen zur Lieferung von in den USA gebauten Kampffliegern vom Typ F-16 gibt es beispielsweise aus Dänemark, Norwegen und den Niederlanden. Zudem haben mehrere Staaten erklärt, sich an der Ausbildung der Piloten zu beteiligen. Bekannt ist bisher, dass in Dänemark bereits erste ukrainische Kampfpiloten trainiert werden. An der Front können die ersten F-16 nach Angaben Kiews im Frühjahr 2024 eingreifen.
11:18 Uhr
Polen lässt keine russischen PKW mehr ins Land
Polen lässt keine in Russland zugelassene Personenkraftwagen mehr in das Land einreisen und setzt damit eine EU-Entscheidung um. „Dies ist ein weiterer Bestandteil der Sanktionen, die gegen Russland und seine Bürger im Zusammenhang mit dem brutalen Krieg in der Ukraine verhängt wurden, da der russische Staat eine Bedrohung für die internationale Sicherheit darstellt“, sagte der polnische Innenminister Mariusz Kaminski. Die Webseite des polnischen Grenzschutzes teilte mit, entsprechende Fahrzeuge würden auch dann nicht zugelassen, wenn die Person am Steuer kein russischer Staatsbürger sei. Der Schritt erfolgt nur wenige Tage, nachdem die baltischen Staaten Litauen, Lettland und Estland Fahrzeugen mit russischen Nummernschildern die Einfahrt in ihr Hoheitsgebiet verboten haben.
London: Russland verstärkt Verteidigung der besetzten Stadt Tokmak
Angesichts ukrainischer Erfolge bei der Gegenoffensive im Süden des Landes hat Russland nach britischer Einschätzung die Verteidigungsstellungen der besetzten Stadt Tokmak verstärkt. Rund um den strategisch wichtigen Ort, der rund 16 Kilometer von der Front entfernt liegt, seien Panzerabwehrsysteme errichtet und neue Schützengräben ausgehoben worden, teilte das Verteidigungsministerium in London in seinem täglichen Geheimdienst-Update mit.
„Tokmak bereitet sich darauf vor, zum Dreh- und Angelpunkt der zweiten Hauptverteidigungslinie Russlands zu werden“, hieß es weiter. „Verbesserungen an den Verteidigungsanlagen der Stadt sind wahrscheinlich ein Hinweis auf die wachsende Besorgnis Russlands über taktische Durchbrüche der Ukraine durch die erste Hauptverteidigungslinie weiter nördlich.“
Russland meldet beschädigtes Öldepot
Eine mutmaßlich ukrainische Drohne hat nach Angaben der russischen Behörden ein Öldepot im Südwesten Russlands beschädigt. Es habe keine Opfer gegeben, alle Notfallsysteme der Anlage liefen, schrieb der Gouverneuer der Region Oryol, Andrej Klytschkow, auf Telegram.
Ukraine: Landwirtschaftliche Anlage in Odessa getroffen
Russland hat nach Angaben der Ukraine den südlichen Teil der Region um Odessa mit Drohnen und Raketen angegriffen. Eine landwirtschaftliche Anlage sei getroffen worden, schrieb die ukrainische Luftwaffe auf Telegram. Russland habe sechs Drohnen und zehn Marschflugkörper eingesetzt, die Drohnen und sechs der Flugkörper habe das ukrainische Militär vor dem Einschlag abschießen können. Auch die Angaben der Ukraine lassen sich derzeit nicht unabhängig überprüfen.
Schraffiert: von Russland besetzte Gebiete, Stand: 16. September 2023
Russland meldet Tote durch ukrainischen Beschuss in Region Donezk
Nach der Darstellung der russischen Besatzungsbehörden sind durch mutmaßlich ukrainischen Beschuss fünf Menschen in der ostukrainischen Oblast Donezk getötet und einer verletzt worden. Fünf Personen seien in den Bezirken Kirow und Kuibyschewskji getötet, eine Frau sei in Swetlodarsk verletzt worden, schrieb der von Russland eingesetzte Regionalgouverneur Denis Puschilin auf Telegram.
Konfliktparteien als QuelleAngaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Moskau: Weitere Drohne über Moskau abgeschossen
Nach der Drohne über dem Moskauer Bezirk Istra wurde Moskaus Bürgermeister Sergej Sobjanin zufolge am frühen Morgen eine weitere ukrainische Drohne über Ramensky abgeschossen. Über Schäden oder Verletzte sei nichts bekannt. An Moskaus drei großen Flughäfen hat es nach Angaben der staatlichen russischen Nachrichtenagentur TASS aufgrund der Drohnenangriffe Verspätungen gegeben. Die Angaben lassen sich derzeit nicht unabhängig überprüfen.
Stoltenberg fordert höhere Verteidigungsausgaben
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat Deutschland aufgefordert, seine Verteidigungsausgaben deutlich anzuheben. „Im Kalten Krieg, als Konrad Adenauer oder Willy Brandt regierten, lagen die Verteidigungsausgaben bei drei bis vier Prozent der Wirtschaftsleistung“, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe laut Vorabbericht. Stoltenberg erinnerte an den Beschluss des NATO-Gipfels in Vilnius, wonach zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts das Minimum seien. Wenn die Spannungen zunehmen, müsse man die Verteidigungsausgaben erhöhen, so Stoltenberg im Hinblick auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine.
Stoltenberg sagte weiter, er rechne nicht mit einem schnellen Ende der Kämpfe. „Die meisten Kriege dauern länger, als bei ihrem Ausbruch erwartet wurde“, sagte er. „Wir alle wünschen uns einen schnellen Frieden. Gleichzeitig müssen wir erkennen: Wenn Präsident Selenskyj und die Ukrainer aufhören zu kämpfen, wird ihr Land nicht mehr existieren. Wenn Präsident Putin und Russland die Waffen ruhen lassen, werden wir Frieden haben“, so Stoltenberg.
Russland: Sechs ukrainische Drohnen abgeschossen
Russland hat nach Angaben des Verteidigungsministeriums sechs ukrainische Drohnen auf dem Weg zur Halbinsel Krim zerstört. Am frühen Morgen habe die Flugabwehr Drohnenangriffe vor der westlichen, nordwestlichen und östlichen Küste der Krim gestoppt, teilte das Ministerium laut Staatsagentur TASS mit.
Darüber hinaus sei ein Drohnenangriff auf Moskau abgewehrt worden – im Landkreis Istra sei eine ukrainische Drohne zerstört worden, hieß es weiter. Moskaus Bürgermeister Sergej Sobjanin schrieb auf seinem Telegram-Kanal, es seien bislang keine Opfer oder Schäden durch herabfallende Trümmerteile gemeldet worden. Spezialisten der Rettungsdienste seien vor Ort im Einsatz.
Konfliktparteien als QuelleAngaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Mehr als 35.000 jüdische Pilger zu Neujahrsfest in der Ukraine
Trotz des Krieges in der Ukraine haben sich nach Angaben der Behörden mehr als 35.000 jüdische Pilger in der Stadt Uman im Zentrum des Landes versammelt, um das jüdische Neujahrsfest Rosch Haschana zu feiern. Die jüdischen Feierlichkeiten in der Stadt liefen wie geplant, teilte Regionalgouverneur Igor Taburets im Online-Dienst Telegram mit. „Mehr als 35.000 Pilger sind gekommen.“ Bisher verlaufe das Neujahrsfest „ohne Zwischenfälle“.
Die meisten Pilger kamen nach Angaben der ukrainischen Behörden aus Israel, den USA und „anderen europäischen Ländern“. Jedes Jahr kommen chassidische Juden aus der ganzen Welt am jüdischen Neujahrsfest in die Stadt, um das Grab von Rabbi Nachman zu besuchen, dem Gründer der ultraorthodoxen Strömung.
Die zentralukrainische Stadt ist zwar weit von der Front entfernt. Doch sowohl ukrainische als auch israelische Behörden hatten die Gläubigen aufgerufen, aus Sicherheitsgründen auf einen Besuch der Feierlichkeiten zu verzichten. Zum Schutz der Pilger wurden „mobile Schutzeinrichtungen aus Beton“ installiert, rund tausend Sicherheitskräfte sind für das Ereignis im Einsatz.
Zwei Getreideschiffe in ukrainischen Hafen eingelaufen
Erstmals seit der Aussetzung des Getreideabkommens durch Russland sind nach Angaben der Regierung in Kiew zwei Frachter in einem ukrainischen Hafen angekommen. Die „Resilient Africa“ und die „Aroyat“ nutzten einen temporären Korridor durch das Schwarze Meer. Sie seien nun im Hafen von Tschernomorsk, schrieb die ukrainische Seehafenbehörde auf Facebook.
Die Massengut-Frachter sollen fast 20.000 Tonnen Weizen für Afrika und Asien laden. In umgekehrter Richtung haben bislang fünf Schiffe den Hafen von Odessa verlassen und dabei den Korridor genutzt, der die westliche Schwarzmeerküste in der Nähe von Rumänien und Bulgarien umfasst.
Die Vereinten Nationen (UN) sind in die Fahrt der beiden Frachter nicht involviert. Gleichwohl würden alle Bemühungen zur Wiederaufnahe des normalen Handels begrüßt, sagte ein UN-Vertreter. Dies gelte vor allem für den Transport von Lebensmitteln, die zur Versorgung und Stabilisierung der weltweiten Nahrungsmittelmärkte beitrügen.