Razzia gegen rechtsextreme „Artgemeinschaft“: Durchsuchungen auch in MV

Razzia gegen rechtsextreme „Artgemeinschaft“: Durchsuchungen auch in MV

27. September 2023 Aus Von mvp-web
Stand: 27.09.2023 09:27 Uhr

Nach dem Verbot der rechtsextremen „Artgemeinschaft“ läuft in mehreren Bundesländern eine Razzia. In der Gemeinde Lütow auf Usedom durchsuchte die Polizei Wohnungen von Mitgliedern des rassistisch-völkischen Vereins.

In insgesamt zwölf Bundesländern sind die Ermittler gegen die „Artgemeinschaft“ derzeit im Einsatz. Bei 39 Mitgliedern des rassistisch-völkischen Vereins werden Wohnungen durchsucht, beschlagnahmen Beamte das Vereinsvermögen und sichern Beweise. Laut Bundesinnenministerium richtet sich die rechtsextreme Gruppe „gegen den Gedanken der Völkerverständigung“ und „gegen die verfassungsmäßige Ordnung“. Ministerin Nancy Faeser (SPD) hat die Vereinigung verboten.

Rechtsextreme „Artgemeinschaft“ verboten – Razzien im Norden

Nach dem Verbot der rechtsextremen „Artgemeinschaft“ durch Bundesinnenministerin Faeser gibt es auch in norddeutschen Bundesländern Razzien bei Vereinsmitgliedern. In Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein werden Wohnungen und Grundstücke durchsucht.

Seit den frühen Morgenstunden durchsucht die Polizei nach Informationen von WDR und NDR in zwölf Bundesländern bei 39 Mitgliedern des rassistisch-völkischen Vereins „Die Artgemeinschaft – Germanische Glaubens-Gemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung“ Wohnungen und Grundstücke. Dabei beschlagnahmen die Beamten das Vereinsvermögen und sichern Beweise. Laut Bundesinnenministerium richtet sich die Gruppe „gegen den Gedanken der Völkerverständigung“ und „gegen die verfassungsmäßige Ordnung“. Deshalb hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) den Verein verboten. Sie nannten den Vereine eine „sektenartige, zutiefst rassistische und antisemitische Vereinigung“.

Razzien in norddeutschen Flächenländern

In Norddeutschland durchsuchte die Polizei etwa in der Gemeinde Lütow auf Usedom Wohnungen von Mitgliedern des rassistisch-völkischen Vereins. Aber auch die anderen Flächenländer Schleswig-Holstein und Niedersachsen sind betroffen. Laut schleswig-holsteinischem Landeskriminalamt waren die Beamten in Lübeck und im Kreis Storman im Einsatz. Konkreter wollte es ein Sprecher des LKA noch nicht sagen, wie NDR 1 Welle Nord berichtete. In einem Fall sei eine Verbotsverfügung übergeben worden, im anderen sei eine Durchsuchung erfolgt.

 

Laut Rechtsextremismus-Experte Julian Feldmann war die „Artgemeinschaft“ das Rückgrat der rechten Szene.

„In Niedersachsen gibt es eine lange Tradition der ‚Artgemeinschaft'“, sagt NDR Journalist Julian Feldmann, der sich seit Jahren mit der rechtsextremen Szene befasst. In der Lüneburger Heide habe es in den 1990er-Jahren ein Tagungszentrum gegeben, wo regelmäßig größere Treffen der Neonazi-Szene stattgefunden hätten. Dort im „Heideheim“ sei auch die „Artgemeinschaft“ aktiv gewesen.

Neonazi-Anwalt Rieger führte „Artgemeinschaft“ 20 Jahre lang

Von 1989 bis zu seinem Tod 2009 führte der bekannte Neonazi und Hamburger Anwalt Jürgen Rieger die „Artgemeinschaft“ und habe sie geprägt, so Feldmann. „Er war dem NS-Rassengedanken sehr verschrieben und hat das in die ‚Artgemeinschaft‘ getragen.“ Die Artgemeinschaft sei eine der ältesten und radikalsten Organisationen der Neonazi-Szene, sagt Feldmann.

„Rückgrat der Neonazi-Szene“

Die Gruppe sei eher im Hintergrund tätig gewesen, habe aber das „Rückgrat der Neonazi-Szene“ gebildet. Sie sei bundesweit aktiv gewesen und untergliedert in regionale Gruppen. Bei „Gemeinschaftstagen“ in Thüringen seien bis zu 300 Personen zusammengekommen.

Nach außen hin werde vermeintlich Brauchtum gelebt. „Tatsächlich steckt dahinter aber eine knallharte NS-Rassenideologie“, so Feldmann. Zwischen 150 bis 300 Menschen werden der „Artgemeinschaft“ zugerechnet, zumeist sind das laut Feldmann Familienverbünde. „Darin liegt auch die Gefahr, dass der Nachwuchs in dieser Szene aufwächst und Kontakt zu knallharten Neonazis hat und mit der Ideologie in Berührung kommt.“

Ein Jahr Vorbereitungen für Schlag gegen Verein

Das Vereinsverbot wurde laut Innenministerium seit mehr als einem Jahr vorbereitet. Maßgeblich gewesen seien dabei insbesondere Erkenntnisse des Bundesamtes für Verfassungsschutz sowie der Landesämter für Verfassungsschutz. Vom Vereinsverbot seien auch alle Teilorganisationen der „Artgemeinschaft“ betroffen. Zu den Teilorganisationen gehörten sogenannte Gefährtschaften, Gilden, Freundeskreise und der Verein „Familienwerk“.

Vor einer Woche bereits „Hammerskins“ verboten

Erst in der vergangenen Woche war die Neonazigruppe „Hammerskins“ verboten worden. Zuvor hatte es ebenfalls eine groß angelegte bundesweite Razzia gegeben. In Mecklenburg-Vorpommern waren 135 Beamte im Einsatz. Dabei wurden auf Usedom, in Anklam und Jamel im Kreis Nordwestmecklenburg Objekte durchsucht und Waffen beschlagnahmt.

Der Verein ist laut Rechtsextremismus-Experten eine der ältesten und radikalsten Neonazi-Organisationen. Er war auch im Norden aktiv.

Faeser: „Organisation klar verfassungsfeindlich“

Das Verbot begründete Faeser damit, dass die „Artgemeinschaft“ versucht habe, „durch eine widerwärtige Indoktrinierung von Kindern und Jugendlichen neue Verfassungsfeinde heranzuziehen“. Ihr Ziel sei es gewesen, eine rechtsextremistische Weltanschauung auszuleben und zu verfestigen. Das sei insbesondere durch die Weitergabe der Ideologie an Kinder und Jugendliche mittels einschlägiger Literatur erfolgt, die zum Teil aus der NS-Zeit stamme und nur minimal abgewandelt worden sei.

Ein Jahr Vorbereitungen für Schlag gegen Verein

Das Vereinsverbot wurde den Angaben nach seit mehr als einem Jahr vorbereitet. Maßgeblich gewesen seien dabei insbesondere Erkenntnisse des Bundesamtes für Verfassungsschutz sowie der Landesämter für Verfassungsschutz. Vom Vereinsverbot seien auch alle Teilorganisationen der „Artgemeinschaft“ betroffen. Zu den Teilorganisationen gehörten sogenannte Gefährtschaften, Gilden, Freundeskreise und der Verein „Familienwerk“.

Bundesweite Razzia gegen rechtsextreme „Artgemeinschaft“

Derzeit durchsucht die Polizei laut Informationen von WDR und NDR auch in MV, Schleswig-Holstein und Niedersachsen Wohnungen. Mehr bei tagesschau.de.

Verbot der „Hammerskins“

Erst in der vergangenen Woche wurde die Neonazigruppe „Hammerskins“ verboten. Zuvor hatte es ebenfalls eine groß angelegte bundesweite Razzia gegeben. In Mecklenburg-Vorpommern waren 135 Beamte im Einsatz. Dabei wurden auf Usedom, in Anklam und Jamel im Kreis Nordwestmecklenburg Objekte durchsucht und Waffen beschlagnahmt.