Eiskunstlauf-Ikone Jutta Müller ist tot
2. November 202302. November 2023, 18:36 Uhr
Das deutsche Eiskunstlaufen verliert die wohl größte Trainerin aller Zeiten. Jutta Müller ist nach MDR-Informationen am Donnerstagvormittag (02.11.2023) im Alter von 94 Jahren in einem Pflegeheim gestorben. Die Chemnitzerin formte in ihrer aktiven Zeit als Eiskunstlauftrainerin zahlreiche Weltmeister und Olympiasieger.Die große Dame des Eissports hat sich mit 57 Medaillen bei Olympischen Spielen, Welt- und Europameisterschaften in die Geschichtsbücher geschrieben. Sie formte große Sportler und Sportlerinnen auf dem Eis, wie ihre Tochter Gaby Seyfert, Jan Hoffmann, Anett Pötzsch und Katarina Witt. „Mit ihr verliert die Eiskunstlauf-Welt eine der größten Trainerpersönlichkeiten“, sagte Andreas Wagner, Präsident der Deutschen Eislauf-Union.
„Eine Institution im Chemnitzer Sport“
Pötzsch, erste deutsche Eiskunstlauf-Olympiasiegerin, reagierte mit tiefer Trauer auf den Tod ihrer Trainerin. „Zwar musste man auch aufgrund ihres hohen Alters immer damit rechnen. Aber wenn es dann so weit ist, hat es etwas Endgültiges. Und damit habe ich ein Problem“, sagte die 63-Jährige der Deutschen Presse-Agentur.
Anlässlich ihres 80. Geburtstages wurde Müller zur Ehrenbürgerin der Stadt Chemnitz ernannt. „Mit Jutta Müller verliert Chemnitz nicht nur eine Ehrenbürgerin. Sie war eine Institution im Chemnitzer Sport, den sie über viele Jahrzehnte geprägt hat wie wenige andere. Ihr Ruf ging weit über unsere Stadt hinaus“, sagte Sven Schulze, Oberbürgermeister von Chemnitz.
Erste Erfolge mit Tochter Gaby Seyfert
Ihre Karriere als Trainerin begann 1955 beim SC Karl-Marx-Stadt. Als aktive Läuferin war sie 1949 Paarlauf-Meisterin der DDR geworden. Aber hinter der Bande sollten die richtig großen Erfolge kommen. Zunächst mit ihrer Tochter Gaby Seyfert, die zwei Mal Weltmeisterin wurde. Es folgten in den 70er Jahren Anett Pötzsch und Jan Hoffmann. Pötzsch holte zwei WM-Titel, wurde bei den Spielen in Lake Placid mit gerade einmal 19 Jahren Olympiasiegerin. „Ich bin dankbar, sie an meiner Seite gehabt zu haben. Ohne sie hätte ich es wohl nicht so weit geschafft“, sagte die gebürtige Chemnitzerin. Hoffmann stand ebenfalls bei Weltmeisterschaften zwei Mal ganz oben, in Lake Placid wurde es Silber.
Müller und Witt machen sich unsterblich
Mit Katarina Witt verband Müller aber eine ganz besondere Beziehung, nicht nur wegen der großen gemeinsamen Erfolge. Von 1982 bis 1988 war das „schönste Gesicht des Sozialismus“ praktisch unschlagbar, gewann vier WM-Titel und Gold bei den Olympischen Spielen 1984 und 1988. Unvergessen, die Carmen auf dem Eis, die auch ihre große Rivalin Debbie Thomas aus den USA bei der Kür lief. Den letzten EM-Titel holte Müller mit Evelyn Großmann 1990 in Leningrad. Und auch als Witt 1994 bei den Spielen in Lillehammer noch einmal den Schritt auf das Eis wagte, wurde sie von Jutta Müller trainiert. Es gab einen respektablen achten Platz.
Kati Witt sagte immer „Sie“
Dabei war Müller stets die gestrenge Trainerin und doch auch immer eine enge Bezugsperson. „Jeder fragt uns: ‚Du sagst immer noch Sie?‘ Ja, das werde ich immer! Frau Müller ist für mich immer Frau Müller. Aus Respekt! Und trotzdem ist sie mir ganz nah“, erinnerte sich Olympiasiegerin Katarina Witt anlässlich des 90. Geburtstages von Müller: „Sie war in meinem ganzen Leben die einzige, die mich anschreien durfte. Und das war nicht so selten.“
2022 – Umzug ins Pflegeheim
Im Sommer 2022 musste Müller ihre geliebte Heimatstadt Chemnitz aus gesundheitlichen Gründen verlassen. Ihre Tochter Gaby Seyfert holte sie in ein Pflegeheim nach Bernau in ihre Nähe. Zuvor hatte sie in einem Elfgeschosser in einer 100 Quadratmeter großen Wohnung in der sächsischen Großstadt gelebt.
Zum Tod von Jutta Müller strahlt das MDR FERNSEHEN am Donnerstag, dem 2. November, um 23:10 Uhr den Film „Jutta Müller – erfolgreichste Eiskunstläuferin der Welt“ aus.