Naher Osten 07.10.23 – Tag 30 ++ Israel meldet abgewehrte Angriffe aus Libanon ++
4. November 2023Die israelische Armee hat nach eigenen Angaben neue Angriffe aus dem Libanon abgewehrt. Die USA erwarten laut einem Medienbericht eine Intensivierung von Israels Bodenoperation im Gazastreifen.
- Bericht: USA erwarten Intensivierung von Israels Bodenoperation
- Israel meldet Abwehr von Angriffen aus dem Libanon
- Hamas meldet 20 Tote nach Angriff auf Notunterkunft
10:14 Uhr
Großbritannien fordert von Iran Einsatz gegen Eskalation
Der britische Außenminister James Cleverly hat den Iran aufgefordert, seinen Einfluss auf Gruppen in der Nahost-Region zu nutzen, um eine Eskalation des Konflikts zwischen Israel und der radikal-islamischen Palästinenser-Organisation Hamas zu verhindern. Cleverly habe am Freitag mit dem iranischen Außenminister Hossein Amir-Abdollahian darüber gesprochen, teilt das Außenministerium in London mit. Dabei habe er betont, dass die Iran Verantwortung für die Handlungen von Gruppen wie der Hamas und der libanesischen Hisbollah-Miliz trage, die die Führung in Teheran seit vielen Jahren unterstütze.
Mehr antisemitische Vorfälle in Großbritannien
In Großbritannien hat die Zahl antisemitischer Vorfälle deutlich zugenommen. Zu Demonstrationen für die palästinensischen Gebiete gehen Zehntausende auf die Straßen. Viele Juden im Land zeigen sich schockiert.
Guterres „entsetzt“ über Beschuss von Krankenwagen in Gaza
UN-Generalsekretär António Guterres hat sich „entsetzt“ über den Beschuss von Krankenwagen im Gazastreifen gezeigt. Die Bilder von auf der Straße liegenden Leichen vor dem Schifa-Krankenhaus in der Stadt Gaza seien erschütternd, hieß es in einer Stellungnahme. Israels Armee hatte zuvor mitgeteilt, einen Krankenwagen angegriffen zu haben, der von der islamistischen Hamas benutzt worden sei. Dabei seien mehrere Terroristen getötet worden.
Das von der Hamas kontrollierte Gesundheitsministerium gab dagegen an, es seien Verwundete zum Grenzübergang transportiert worden, damit diese in Ägypten behandelt werden können. 13 Menschen seien getötet und 26 weitere verletzt worden, erklärte das Ministerium weiter. Die Angaben beider Seiten ließen sich zunächst nicht unabhängig prüfen.
Konfliktparteien als QuelleAngaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Hamas: Israelischer Raketenangriff auf Haus von Hamas-Chef
Das israelische Militär hat bei den Kämpfen im Gazastreifen nach Angaben des Hamas-Radiosenders Al-Aksa das Haus des Chefs der radikal-islamischen Palästinenser-Organisation, Ismail Hanijeh, mit einer Rakete beschossen. Hanijeh lebt seit 2019 nicht mehr im Gazastreifen und hält sich seitdem in der Türkei und in Katar auf. Es ist unklar, ob sich Familienangehörige des Hamas-Chefs zu dem Zeitpunkt in dem Haus aufhielten.
ARD-Korrespondent Feldforth zur Lage vor Ort
US-Außenminister Antony Blinken hat sich bei seinem zweiten Israel-Besuch seit Beginn des Nahost-Krieges vergeblich für eine humanitäre temporäre Feuerpause im Gazastreifen eingesetzt. Eine humanitäre Feuerpause mache es möglich, Vorkehrungen zur Erhöhung der Sicherheit der Zivilisten im Gazastreifen zu treffen, und erleichtere Hilfslieferungen. ARD-Korrespondent Oliver Feldforth analysiert die Lage vor Ort im Gespräch mit tagesschau24.
„Blinken fordert eine temporäre Feuerpause“, Oliver Feldforth, ARD Tel Aviv, zum Besuch des US-Außenministers in Israel
Kundgebungen gegen USA und Israel im Iran
Im Iran haben zum Jahrestag der Besetzung der US-Botschaft im Zuge der Islamischen Revolution 1979 landesweit staatlich organisierte Kundgebungen stattgefunden, die auch zur Unterstützung der Palästinenser im umkämpften Gazastreifen genutzt wurden. In Teheran marschierten die Demonstranten vom Palästina-Platz im Zentrum der Hauptstadt zum einige Kilometer entfernten Gebäude der ehemaligen US-Botschaft. „Tod den Amerikanern“ und „Tod Israel“ wurde dabei skandiert. Das Staatsfernsehen zeigte Demonstranten, die die israelische Flagge verbrannten und Bilder von palästinensischen Kindern trugen, die bei israelischen Angriffen im Gazastreifen getötet worden sein sollen.
Unterirdisches Versorgungssystem: Tunnelkampf unter Gaza
Die Hamas hat unter dem Gazastreifen ein einzigartiges Tunnelsystem angelegt. Von dort greift sie immer wieder die israelischen Truppen an und feuert Raketen ab. Für die Armee ist das eine besondere Herausforderung.
Israels Armee meldet Tötung Dutzender Terroristen in Gaza
Die israelische Armee hat nach eigenen Angaben bei einem weiteren Bodeneinsatz gegen die islamistische Hamas im Gazastreifen „Dutzende Terroristen“ getötet. Es habe am Vortag zahlreiche Versuche gegeben, die israelischen Truppen aus Tunnelschächten und militärischen Einrichtungen im nördlichen Gazastreifen anzugreifen, teilte die Armee am Samstagmorgen mit. Die Soldaten hätten Terroristen getötet, Waffen der Hamas gefunden und Tunnelschächte freigelegt, die für Terrorzwecke genutzt würden.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Stellen der palästinensischen und der israelischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Islamistische Banner auf Großdemonstration in Essen
Etwa 3.000 Menschen haben in Essen an einer Großdemonstration zum Gaza-Krieg teilgenommen, bei der zahlreiche islamistische Banner gezeigt wurden. Zu sehen waren bei dem Protestzug am Freitagabend etwa offene Forderungen nach der Errichtung eines Kalifats.
Die Polizei teilte auf Anfrage mit, ihr seien keine Straftaten bekannt geworden. Eingegangene Hinweise wie Bildmaterial würden nun auf ihre strafrechtliche Relevanz geprüft, sagte eine Sprecherin. Angemeldet worden war die Demonstration laut Polizei von einer Privatperson. Medienberichte, wonach eine islamistische Organisation hinter der Kundgebung stand, konnte die Sprecherin zunächst nicht bestätigen. Die Demonstration sei „sehr laut und sehr emotional, aber friedlich“ verlaufen, hatte ein Polizeisprecher gesagt.
Schilder und Fotos bei der Kundgebung „Gaza unter Beschuss – gemeinsam gegen das Unrecht“ in Essen.
Guterres fordert erneut humanitäre Feuerpause in Nahost
UN-Generalsekretär António Guterres hat seine Forderung nach einer humanitären Feuerpause im Gazastreifen bekräftigt. Seit Beginn der israelischen Vergeltungsangriffe für die Überraschungsattacken der Hamas vom 7. Oktober würden Zivilisten in dem Küstengebiet „belagert, Hilfen verwehrt, getötet und aus ihren Häusern gebombt“, hieß es in einer Stellungnahme von Guterres.
Der UN-Generalsekretär mahnte eine Achtung des humanitären Völkerrechts an. Dazu gehöre der Schutz von Zivilisten und ziviler Infrastruktur. Zivilisten dürften nicht als menschliche Schutzschilde missbraucht werden. Guterres forderte auch eine Lieferung humanitärer Hilfsgüter in den Gazastreifen in einem Umfang, der „dieser dramatischen Situation Rechnung trägt“.
Was wird aus der Israel-Hilfe der USA?
Kaum ist das Chaos um die Wahl des neuen Vorsitzenden des Repräsentantenhauses vorbei, steht das nächste Hin und Her im US-Kongress bevor. Jetzt geht es um Hilfspakete für Israel und die Ukraine.
Washington: „Konsequente Feuerpause“ für Geiselfreilassung
Nach Angaben Washingtons wäre für eine Freilassung der von der Hamas verschleppten Geiseln eine „konsequente Pause“ der Kämpfe zwischen Israel und der Hamas erforderlich. Ein hochrangiger Beamter des Weißen Hauses sagte vor Journalisten, derzeit würden „ernsthafte Gespräche“ über das Thema geführt und betonte gleichzeitig, dass es bisher keine Vereinbarung für eine solche Pause gebe.
Er hoffe, bald gute Nachrichten verkünden zu können, fuhr der Beamte fort, der nicht namentlich genannt werden wollte – „aber leider können wir das nicht garantieren“, ergänzte er. Niemand kenne die genaue Zahl der verschleppten Geiseln, es seien jedoch „weit mehr als 100, vielleicht mehr als 200“.
Bericht: USA erwarten Intensivierung von Israels Bodenoperation
Die US-Regierung rechnet einem Medienbericht zufolge in den nächsten Tagen mit einer neuen Phase in Israels Feldzug gegen die radikalislamische Hamas im Gazastreifen. Der US-Sender CNN berichtete unter Berufung auf einen ranghohen Regierungsbeamten in Washington, die Regierung von US-Präsident Joe Biden rechne mit einer Reduzierung der Luftangriffe und einem stärkeren „taktischen Fokus auf die Bodenkampagne“. Dabei dürfte es dem zitierten Beamten zufolge darum gehen, das riesige Netz unterirdischer Tunnelkomplexe zu räumen, von denen aus die Hamas operiere.
Da weiterhin humanitäre Hilfe in den Gazastreifen fließe, erwarte die US-Regierung in Bezug auf die bisher massiven Luftangriffe der Israelis „eine Verringerung dessen, was wir gesehen haben“, heißt es weiter in dem Bericht.
Washington: Hamas wollte verwundete Terroristen auf Ausreiseliste setzen
Die Hamas soll nach US-Angaben versucht haben, einige verwundete Terroristen auf eine Liste mit Personen mit Ausreiseerlaubnis aus dem Gazastreifen zu setzen. Das Manöver der extremistischen Gruppe habe mit dazu geführt, dass sich diese Woche die Evakuierung Hunderter ausländischer Staatsbürger und Dutzender schwer verletzter Palästinenser aus dem abgeriegelten Küstengebiet verzögert habe, teilte ein ranghohes Mitglied der Regierung von US-Präsident Joe Biden mit.
Die Hamas hatte zugestimmt, im Gazastreifen festsitzende Ausländer ziehen zu lassen, sofern einige verletzte Palästinenser ebenfalls das Gebiet über den Grenzübergang Rafah in Richtung Ägypten verlassen dürften, um sich medizinisch behandeln zu lassen. Doch als ägyptische Beamte die Ausreiseliste überprüft hätten, seien ihnen mehrere verletzte Palästinenser aufgefallen, bei denen es sich um mutmaßliche Anhänger der militant-islamistischen Gruppe gehandelt habe, so der Regierungsbeamte.
FDP und Grüne stellen Zusammenarbeit mit Ditib infrage
FDP und Grüne stellen vor dem Hintergrund des Nahost-Krieges die staatliche Zusammenarbeit mit dem Islamverband Ditib infrage. Da sich der größte Islamverband in Deutschland mit Blick auf den Terrorangriff der Hamas auf Israel zum wiederholten Mal nicht klar und eindeutig positioniert habe, „kann es ein ‚weiter so‘ in der Zusammenarbeit einfach nicht geben“, sagte die innenpolitische Sprecherin der Grünen, Lamya Kaddor, den Zeitungen der Mediengruppe Bayern. „Da darf es keine Bedenken und Abwägungen geben“, erklärte Kaddor, „schon gar nicht von muslimischen Organisationen, die umgekehrt immer wieder von anderen deutlich Solidarität und Beistand im Kampf gegen Islamfeindlichkeit einfordern.“
Die religionspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Sandra Bubendorfer-Licht, sagte der Mediengruppe Bayern: „Wir erwarten eine klare und unmissverständliche Positionierung und Kommunikation der Ditib nach innen sowie nach außen, dass jegliche antisemitische Tendenzen oder Äußerungen, die das Existenzrecht Israels infrage stellen, nicht geduldet werden.“ Die Ditib habe sich bisher weder von der anti-israelischen Rhetorik des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, noch von antisemitischen Aussagen des Präsidenten der türkischen Religionsbehörde distanziert, kritisierte Bubendorfer-Licht.
Ditib ist eng mit der Religionsbehörde verbunden. Der Islamverband habe in vielen Bundesländern Einfluss auf den Islamunterricht, fügte die FDP-Politikerin hinzu. Die Länder sollten diese Vereinbarungen überprüfen: „Wer Terror nicht klar benennt, kann kein Ansprechpartner in der deutschen Bildungspolitik sein.“
UN-Hilfswerk beklagt Mangel an Wasser und Nahrung
Das UN-Hilfswerk für Palästinaflüchtlinge (UNRWA) beklagt einen akuten Mangel an Wasser und Nahrungsmitteln für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen. „Maja! Maja“ (Wasser), sei inzwischen der Ruf, der auf Straßen im abgeriegelten Küstengebiet zu hören sei, sagte der per Videokonferenz zugeschaltete UNRWA-Leiter für Gaza, Thomas White, in einem Briefing für Diplomaten der 193 UN-Mitgliedsstaaten.
UNRWA unterstütze rund 90 Bäckereien im Gazastreifen, die rund 1,7 Millionen Menschen mit Brot zu versorgen versuchten. Im Schnitt lebe eine Person in dem Küstengebiet von zwei Stücken Fladenbrot aus Mehl, das die Vereinten Nationen vor Ort gelagert hätten, sagte White. Doch nun suchten die Menschen nicht nur nach Brot, sondern auch nach Wasser.
Lynn Hastings, die UN-Koordinatorin für humanitäre Hilfe in den besetzten Palästinensergebieten, sagte, aktuell funktioniere nur eine von drei Wasserzuleitungen aus Israel. „Viele greifen auf brackiges oder salzhaltiges Grundwasser zurück, wenn überhaupt.“
Israel meldet Abwehr von Angriffen aus dem Libanon
Die israelische Armee hat nach eigenen Angaben Terroristen aus dem Libanon abgewehrt. Wie die Armee in der Nacht zum Samstag auf Telegram bekanntgab, habe eine „Terrorzelle“ am Vortag versucht, Panzerabwehrraketen auf das Gebiet des Kibbuz Yiftah im Norden Israels abzuschießen. Ein Panzer der israelischen Armee habe die Terrorzelle getroffen. Zudem habe sich ein Terrorist aus dem Libanon dem Grenzgebiet in der Nähe der Gemeinde Schelomi genähert und sei von einem israelischen Kampfflugzeug getötet worden.
Hamas meldet 20 Tote nach Angriff auf Notunterkunft
Bei einem Angriff auf eine als Notunterkunft dienende Schule im nördlichen Gazastreifen sollen nach Angaben der Hamas 20 Menschen getötet worden sein. Weitere seien bei dem „gezielten“ Angriff verletzt worden, erklärte das von der radikalislamischen Palästinenserorganisation kontrollierte Gesundheitsministerium am Samstagmorgen.
Die getroffene Schule war zuvor in eine Notunterkunft für Vertriebene im Gebiet al-Saftawi im Norden des Gazastreifens umgewandelt worden, hieß es in der Erklärung weiter. Demnach trafen von Panzern abgeschossene Mörsergranaten die Schule, welche laut Hamas „gezielt“ ins Visier genommen wurde. 20 „Märtyrer“ und dutzende Verletzte seien daraufhin ins al-Schifa-Krankenhaus in Gaza eingeliefert worden, erklärte die Palästinenserorganisation.
Zuvor hatte das von der Hamas kontrollierte Gesundheitsministerium bereits einen Angriff auf mehrere Krankenwagen in Gaza gemeldet. Dabei sollen 15 Menschen ums Leben gekommen sein. Die israelische Armee bestätigte den Angriff am Eingang des Al-Schifa-Krankenhauses in Gaza. Sie sprach jedoch von nur einem Krankenwagen und erklärte, das Fahrzeug sei von einer „Terrorzelle der Hamas“ genutzt worden. Ein Journalist der Nachrichtenagentur AFP berichtete von mehreren Toten und Verletzten neben einem beschädigten Krankenwagen.
Konfliktparteien als QuelleAngaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Stellen der palästinensischen und der israelischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Honduras beordert Botschafter in Israel zurück
Honduras hat seinen Botschafter in Israel für Konsultationen zurückgerufen. Präsidentin Xiomara Castro habe die Entscheidung im Lichte der „gravierenden humanitären Situation“ getroffen, die die „palästinensische Zivilbevölkerung im Gazastreifen erleidet“, schrieb Honduras‘ Außenminister Eduardo Enrique auf der Online-Plattform X.
In einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur AP sagte Enrique, die Regierung habe entschieden, den Botschafter abzuziehen, bis die Situation in Nahost klarer sei. Die Beziehungen zu Israel blieben jedoch stabil, honduranische Diplomaten und Mitglieder der Belegschaft würden in der Botschaft belassen, betonte der Außenminister.
Mit der Führung in Honduras hat eine weitere linke Regierung in Lateinamerika mit diplomatischen Schritten auf die Folgen der Ausweitung von Israels Militäroffensive gegen die Hamas reagiert. Boliviens Regierung brach diese Woche ihre diplomatischen Beziehungen zu Israel ab und warf dem Land „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ im Gazastreifen vor. Chile und Kolumbien riefen ihre Botschafter in Israel zudem aus Protest gegen dessen militärisches Vorgehen in Gaza für Konsultationen zurück.