“ liveblog “ Ukraine Tag 637 Do 23.11.2023 ++ Tote Zivilisten bei Angriffen im Süden und Osten ++
23. November 2023Im Süden und Osten der Ukraine sind bei russischen Angriffen nach Angaben des Präsidialamts sechs Menschen getötet worden. Der Ex-Behördenchef der ukrainischen Regierungskommunikation ist wegen Korruptionsverdacht in Haft.
- Ukraine meldet Angriffe im Süden und Osten
- Kiew: Ex-Chef der Regierungskommunikation inhaftiert
- Selenskyj: „Flugabwehrschirm wird von Monat zu Monat stärker
17:28 Uhr
Trotz Streit mit EU wegen Ukraine: Ungarn erhält 900 Mio. Euro Vorschuss
Ungarn erhält trotz des anhaltenden Streits mit der EU-Kommission 900 Millionen Euro an Vorfinanzierung aus EU-Hilfsgeldern im Rahmen des europäischen Corona-Wiederaufbaufonds. Wie die EU-Kommission mitteilte, stimmte die Behörde einer Aufstockung des ungarischen Hilfsplans auf 10,4 Milliarden Euro zu, dieser enthält nun zusätzliche Hilfsmaßnahmen aufgrund der Energiekrise infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine.
Einer Sprecherin der Brüsseler Behörde zufolge ist der nun gewährte Vorschuss von 900 Millionen Euro an keine Bedingungen geknüpft, das Geld werde von Ungarn wie von anderen EU-Mitgliedsstaaten dringend benötigt, um die Folgen der Energiekrise abzumildern. Im Gegensatz dazu seien die restlichen Zahlungen an Ungarn weiterhin an Fortschritte bei der Rechtsstaatlichkeit gebunden. Zudem würden Vorschüsse auf künftige Auszahlungen angerechnet und könnten auch wieder zurückgefordert werden, falls Ungarn gar kein Geld gewährt wird.
Der ungarischen Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban wird vorgeworfen, weitere EU-Militärhilfe an die Ukraine zu blockieren – um im Gegenzug EU-Geld zu erhalten, das die EU im Streit um die Rechtsstaatlichkeit im Land eingefroren hat.
Russland: Geldstrafe für Google wegen „Falschinformationen“
Ein russisches Gericht hat eine Geldstrafe von vier Millionen Rubel gegen den Google-Mutterkonzern Alphabet verhängt, weil das Unternehmen gefälschte Informationen über die „spezielle Militäroperation“ Russlands in der Ukraine nicht gelöscht habe. Das berichtete die Nachrichtenagentur RIA. Russland hatte sich bereits mehrfach mit ausländischen Technologiekonzernen angelegt im Streit über Inhalte, Daten und Zensur.
Ukraine: Sechs Tote bei russischem Beschuss
Bei russischem Beschuss in der Ukraine sind nach ukrainischen Regierungsangaben mindestens sechs Menschen getötet worden. Ein Angriff mit Streumunition in einem Vorort der südukrainischen Stadt Cherson habe am Donnerstag drei Menschen das Leben gekostet, teilte Innenminister Ihor Klymenko mit. Fünf Personen seien in dem Vorort Tschornobajiwka verletzt worden. Bei dem Angriff seien mehr als 60 Wohngebäude und Infrastruktureinrichtungen beschädigt worden.
Andere Teile der Region Cherson wurden nach Angaben des ukrainischen Präsidialamts acht Mal von Russland in der Nacht mit Artillerie angegriffen. Ein 42-jähriger Mann sei in seinem Wohnhaus getötet und ein weiterer verletzt worden. In der ostukrainischen Region Donezk seien zwei Menschen durch russischen Beschuss ums Leben gekommen. Eine unabhängige Überprüfung der Angaben war nicht möglich.
Konfliktparteien als QuelleAngaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Blockade an Polens Grenzübergängen zur Ukraine weitet sich aus
Polnische Landwirte haben sich den Protesten von Transportunternehmern angeschlossen und einen weiteren Grenzübergang zum Nachbarland Ukraine blockiert. Heute begannen die Bauern mit der Blockade des Grenzübergangs Medyka für den Güterverkehr, wie die Nachrichtenagentur PAP berichtete. Autos, Busse sowie Lastwagen mit Lieferungen von humanitärer Hilfe von Waffen für die Ukraine würden weiter durchgelassen, sagte ein Vertreter der Landwirte dem Sender TVN24. Die Bauern fordern unter anderem staatliche Subventionen für den Kauf von Mais und die Beibehaltung von Liquiditätskrediten. Damit sind alle großen Grenzübergänge zwischen Polen und der Ukraine für den Güterverkehr weitgehend gesperrt.
Gazprom kündigt Kürzung der Investitionen um ein Fünftel an
Der russische Energiekonzern Gazprom hat angekündigt, seine Investitionen im kommenden Jahr um ein Fünftel zu kürzen. 2024 wolle Gazprom insgesamt knapp 1,6 Billionen Rubel (aktuell 16,3 Milliarden Euro) etwa für Förderanlagen oder eine Erweiterung des russischen Gasleitungsnetzes ausgeben, teilte der Konzern mit. Das wären 20 Prozent weniger als in diesem Jahr – in dem Gazprom die geplanten Investitionen bereits um 14,5 Prozent gekürzt hatte.
Der Gewinn von Gazprom ist in den ersten neun Monaten dieses Jahres stark geschrumpft, er fiel um 44 Prozent im Vorjahresvergleich auf umgerechnet 4,6 Milliarden Euro. Gazprom belieferte bislang vor allem die europäischen Länder. Der Markt ist für den Konzern im Zuge westlicher Sanktionen und der Bestrebungen Europas, auf russisches Gas zu verzichten, jedoch weitgehend verloren gegangen.
Ukraine meldet Energieknappheit angesichts sinkender Temperaturen
Die Ukraine ist infolge sinkender Temperaturen nicht mehr in der Lage, genug Energie für den steigenden Bedarf der Menschen im Land zu produzieren. „Der Stromverbrauch nimmt weiter zu, und es gibt ein Defizit im Energiesystem“, erklärte der Netzbetreiber Ukrenergo in den sozialen Medien. Ukrenergo habe bereits Energieversorger in den Nachbarländern Rumänien, der Slowakei und Polen um Unterstützung gebeten.
Im vergangenen Winter hatte Russland die Energieinfrastruktur der Ukraine massiv beschossen. Laut Ukrenergo sind nach wie vor in mehreren Wärmekraftwerken Reparaturen im Gange. Der angesichts des Winters steigende Energieverbrauch stelle eine zusätzliche Belastung für die Produktionsanlagen dar, die gewartet und repariert werden müssten.
Frontex schickt 50 Beamte an finnische Grenze
Die EU-Grenzschutzagentur Frontex schickt 50 Beamte an Finnlands Grenze zu Russland. 50 Grenzschutzbeamte und anderes Personal sowie Ausrüstung wie Patrouillenfahrzeuge sollen die finnischen Grenzschutzmaßnahmen verstärken, wie Frontex mitteilte. Sie sollen demnach voraussichtlich ab der kommenden Woche vor Ort sein.
In den vergangenen Monaten hatten die finnischen Behörden an der Ostgrenze zu Russland einen Anstieg der Zahl von Migranten aus dem Nahen Osten und Afrika – vor allem aus dem Irak, dem Jemen und aus Somalia – registriert. Die Regierung in Helsinki wirft Russland vor, Migranten ohne Papiere über die Grenze zu schleusen, um das seit April zur NATO gehörende Finnland zu destabilisieren.
Ukrainisches Präsidialamt meldet Angriffe im Süden und Osten
Im Süden und Osten der Ukraine sind bei russischen Angriffen nach Angaben des Präsidialamts fünf Menschen getötet worden. Bei einem Angriff auf eine Ortschaft in der südukrainischen Region Cherson sind nach Angaben Kiews mindestens drei Menschen getötet worden. Die russische Armee habe bei dem Beschuss von Tschornobajiwka Streumunition eingesetzt, schrieb der Stabschef des ukrainischen Präsidialamtes, Andrij Jermak, im Onlinedienst Telegram. Nach Angaben von Innenminister Ihor Klymenko wurden bei dem Angriff auch fünf weitere Menschen verletzt. „Mehr als 60 Wohngebäude und Bauernhöfe wurden beschädigt“, erklärte er auf Telegram. Im Osten der Ukraine meldete der Gouverneur der Region Donezk, Ihor Moros, zwei weitere Todesopfer durch russische Angriffe in den vergangenen 24 Stunden.
Moskau: Korrespondent des Staatsfernsehens getötet
Im umkämpften Gebiet Saporischschja im Süden der Ukraine ist nach Angaben aus Moskau ein Militärkorrespondent des staatlichen russischen Fernsehens durch Beschuss ums Leben gekommen. Den Tod des Korrespondenten Boris Maksudow teilte zuerst der Chef des Außenausschusses im russischen Parlament, Leonid Sluzki, auf seinem Telegram-Kanal mit. Maksudow erlag demnach Splitterverletzungen, die er am Vortag während Dreharbeiten durch eine ukrainische Drohnenattacke erlitten hatte.
Kiew: Ex-Chef der Regierungskommunikation inhaftiert
In der Ukraine ist der bisherige Chef der Behörde für Regierungskommunikation, Jurij Schtschyhol, wegen des Verdachts auf Korruption entlassen und in Untersuchungshaft genommen worden. Ein Gericht habe die U-Haft für zwei Monate angeordnet, teilte der Pressedienst der Sonderstaatsanwaltschaft zur Bekämpfung von Korruption mit. Alternativ könne der Ex-Beamte auch eine Kaution über 25 Millionen Hrywna (625.000 Euro) zahlen.
Zuvor hatte Präsident Wolodymyr Selenskyj Schtschyhol schon als Mitglied der Militärführung entlassen, wie aus einem Präsidialerlass vom Mittwochabend hervorgeht. In das Gremium von Regierungsvertretern und Militärs, mit dem Selenskyj die Kriegsführung berät, wurde stattdessen Digitalisierungsminister Mychajlo Fedorow aufgenommen.
Schtschyhol leitete ein Amt, das für die geschützte Kommunikation und Datensicherheit von Regierungsbehörden zuständig ist. Die Sonderstaatsanwaltschaft zur Bekämpfung von Korruption wirft ihm und anderen Beamten vor, 2021 beim Kauf einer Software 62 Millionen Hrywna (1,57 Millionen Euro) Schmiergeld angenommen zu haben.
Selenskyj: „Flugabwehrschirm wird von Monat zu Monat stärker“
Die Ukraine begrüßt die Bildung einer „Koalition“ von 20 westlichen Staaten zur Verstärkung der Flugabwehr gegen Russland. „Ich danke allen Ländern, die sich an diesen Bemühungen beteiligen, damit unsere Städte und Dörfer besser vor russischen Angriffen geschützt werden können“, sagt Wolodymyr Selenskyj in seiner nächtlichen Videoansprache. „Nicht alles kann zu diesem Zeitpunkt bekannt gegeben werden, aber der ukrainische Flugabwehrschirm wird von Monat zu Monat stärker“.
Die Gruppe sei bei einem virtuellen Treffen der „Ramstein-Gruppe“ gebildet worden, die den militärischen Bedarf der Ukraine untersuche. Das deutsche Verteidigungsministerium hatte die Gründung der Gruppe, in der Deutschland und Frankreich eine führende Rolle spielen, in einem Beitrag auf X (ehemals Twitter) bekannt gegeben.