ARD-Deutschland Trend – Zufriedenheit mit Kanzler Scholz auf Rekordtief
7. Dezember 2023Die Deutschen blicken kritisch wie nie auf die Arbeit der Ampelkoalition. Das Ansehen des Kanzlers sinkt im ARD-DeutschlandTrend auf ein Rekordtief. Könnte es eine unionsgeführte Regierung besser?
Genau vor zwei Jahren wurde der Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP unterzeichnet. Doch zu diesem Jubiläum gehen die Deutschen hart wie nie mit der Arbeit der Ampelregierung ins Gericht: 17 Prozent sind aktuell zufrieden mit der Arbeit des Kabinetts, 82 Prozent sind weniger oder gar nicht zufrieden. Eine ähnlich schlechte Bewertung der Regierungsarbeit im Bund liegt mehr als 13 Jahre zurück, 2010 erzielt von Schwarz-Gelb.
Nur 20 Prozent sind mit Scholz zufrieden
Gleichzeitig hat das Ansehen von Kanzler Olaf Scholz deutlich gelitten: Aktuell sind nur 20 Prozent mit der Arbeit des SPD-Politikers zufrieden, das ist der niedrigste Wert für einen Kanzler im seit 1997 bestehenden ARD-DeutschlandTrend.
Bei der Frage, ob Scholz umsichtig handelt, sind die Deutschen gespalten: 48 Prozent (-16) sagen ja, 46 Prozent sagen nein. Nur 27 Prozent (-20) finden, dass er dem Amt des Bundeskanzlers gewachsen ist – zwei Drittel (68 Prozent) finden das nicht.
23 Prozent (-14) sehen in Scholz einen guten Krisenmanager für Deutschland -71 Prozent sehen das nicht. Und nur noch 12 Prozent (-15) meinen, dass der Kanzler überzeugend kommuniziert – 84 Prozent meinen das nicht. All diese Werte sind eingebrochen, seit der ARD-Deutschlandtrend diese im April 2022 zuletzt abgefragt hatte – wenige Wochen nach der Zeitenwende-Rede von Scholz.
Arbeit der Ampel-Spitzen wird meist kritisch gesehen
Nicht nur die Arbeit des Kanzlers wird aktuell von den Bürgerinnen und Bürgern kritisch gesehen, auch die vieler führender Politikerinnen und Politiker der Ampel. Einzig Boris Pistorius (SPD) wird von jedem Zweiten (52 Prozent; -2) wohlwollend bewertet.
Alle anderen abgefragten Mitglieder der Ampel-Regierung werden mehrheitlich kritisch gesehen: Mit der Arbeit von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sind aktuell 38 Prozent (+3) zufrieden. Der Grünen-Wirtschaftsminister Robert Habeck überzeugt 30 Prozent (+1) und mit der Arbeit von FDP-Finanzminister Christian Lindner sind derzeit 27 Prozent (-2) zufrieden. SPD-Innenministerin Nancy Faeser überzeugt derzeit 17 Prozent (-4) der Wahlberechtigten und mit FDP-Verkehrsminister Volker Wissing sind derzeit nur 13 Prozent (-2) zufrieden.
Oppositionsführer Friedrich Merz hingegen legt im Bevölkerungsurteil weiter zu. Mit 32 Prozent (+3) liegt der CDU-Politiker hinter Boris Pistorius und Annalena Baerbock an dritter Stelle der abgefragten Politiker in diesem Monat.
FDP in Sonntagsfrage bei 4 Prozent
Diese grundsätzliche Unzufriedenheit mit der Bundesregierung spiegelt sich auch in der Sonntagsfrage wider: Wenn schon am Sonntag Bundestagswahl wäre, käme die SPD auf 14 Prozent (-2 im Vgl. zum November 2023). Die Union würde gegenüber dem Vormonat zwei Prozentpunkte gewinnen und wäre mit 32 Prozent stärkste Kraft. Es ist der höchste Wert der Union seit März 2021. Die Grünen lägen bei 15 Prozent (+1), die FDP läge unverändert bei 4 Prozent und damit unterhalb der Mandatsschwelle.
Die AfD würde einen Prozentpunkt einbüßen, läge mit 21 Prozent aber weiterhin an zweiter Stelle. Die Linke läge bei 3 Prozent (-2) und damit unterhalb der Mandatsschwelle. Auf alle anderen Parteien würden momentan 11 Prozent entfallen, darunter die Freien Wähler mit 3 Prozent.
Könnte es die Union besser?
Beim kritischen Blick auf die Regierung stellt sich die Frage: Würde eine CDU/CSU-geführte Bundesregierung die anstehenden Aufgaben und Probleme in Deutschland besser lösen als die jetzige Bundesregierung?
Jeder zweite Wahlberechtigte (52 Prozent; -1 im Vgl. zum August 2023) erwartet davon keine große Veränderung: Die Regierungsarbeit sei dann „ähnlich gut“ bzw. „ähnlich schlecht“. Fast jeder Vierte (24 Prozent; +5) traut einer unionsgeführten Bundesregierung eine bessere Lösung aktueller Probleme zu. 17 Prozent (-4) rechnen mit schlechteren Ergebnissen einer unionsgeführten Regierung. Unions-Anhänger sind mittlerweile mehrheitlich überzeugt, dass unter Führung der Union die Probleme angepackt werden würden (60 Prozent). Bei den Anhängern anderer Parteien herrscht diesbezüglich weiterhin Skepsis.
Seitdem das Bundesverfassungsgericht Mitte November die Übertragung von Corona-Mitteln in den Klima- und Transformationsfonds für verfassungswidrig erklärte, ringen die Ampelpolitiker um eine Lösung der Haushaltskrise. Dieses Urteil zwingt die Bundesregierung zu einem Nachtragshaushalt für 2023, die Verabschiedung des regulären Haushalts für 2024 wurde verschoben.
Mit Blick auf das kommende Jahr ist fast die Hälfte der Wahlberechtigten (47 Prozent) der Ansicht, dass der Bund am ehesten mit Einsparungen bei Ausgaben, Vorhaben und Investitionen reagieren sollte. 35 Prozent würden am ehesten die Aussetzung der Schuldenbremse durch die Feststellung einer erneuten Notlage unterstützen. Nur 8 Prozent würden die Anhebung von Steuern und Abgaben befürworten. Während eine Aussetzung der Schuldenbremse unter Parteianhängern von SPD (59 Prozent) und Grünen (55 Prozent) Zuspruch findet, favorisieren Anhänger von CDU/CSU (58 Prozent) und AfD (69 Prozent) einen Sparkurs.
Auf die Frage, bei welcher der derzeit diskutierten Möglichkeiten der Bund am ehesten sparen sollte, sprechen sich 64 Prozent für Einsparungen beim Bürgergeld aus. Auch gegenüber Kürzungen bei Militärhilfen für die Ukraine zeigt sich eine Mehrheit der Befragten (54 Prozent) offen.
Einsparungen bei der Klimatransformation der Wirtschaft befürworten nur vier von zehn Befragten (41 Prozent) und nur 27 Prozent sehen Einsparpotential bei der geplanten Kindergrundsicherung. Bei diesen zwei Möglichkeiten spricht sich jeweils eine Mehrheit gegen Einsparungen aus (55 Prozent und 69 Prozent).
Kaum Zutrauen in die Arbeit der UN-Klimakonferenz
Derzeit findet die 28. UN-Klimakonferenz, die COP28, statt. Vertreterinnen und Vertreter von mehr als 200 Staaten verhandeln in Dubai über Verbesserungen im Klimaschutz. Das Zutrauen der Deutschen in die Klimakonferenz ist dabei begrenzt: 86 Prozent sind eher nicht oder überhaupt nicht überzeugt, dass die internationale Staatengemeinschaft die Probleme, die aus dem Klimawandel resultieren, bewältigen kann. Nur einer von zehn Befragten (10 Prozent, -4 im Vgl. zu November 2021) traut der Staatengemeinschaft diese Aufgabe zu.
Und wie schnell soll es dabei in Deutschland gehen, damit das Land seine Klimaziele erreichen kann? Hier ergibt sich ein uneinheitliches Bild: Eine relative Mehrheit von 38 Prozent gibt an, dass ihnen die Veränderungen im Klimaschutz in Deutschland zu langsam gehen (+2 im Vgl. zu Juli 2023). Jeder Vierte (25 Prozent) ist der Ansicht, dass das Tempo der Veränderungen gerade richtig ist (+5). Für 28 Prozent geht das Veränderungstempo in Sachen Klimaschutz zu schnell (-5).
Mehrheit sieht beim Klimaschutz Industrie in der Pflicht
Mit Blick auf die persönlichen Einstellungen der Befragten zum Klimaschutz geben sieben von zehn Befragten (70 Prozent) an, dass der Klimawandel ohne Einschränkungen in unserem Lebensstil nicht gestoppt werden kann (-15 im Vgl. zu Mai 2019). 62 Prozent stimmen der Aussage zu, dass Deutschland schon viel gegen den Klimawandel tut und deshalb erst einmal andere Länder mehr tun sollten.
61 Prozent sind der Ansicht, dass beim Klimaschutz eher die Industrie als einzelne Konsumenten in der Pflicht sind (-7), 60 Prozent stimmen der Aussage zu, dass in der Debatte um die Klimapolitik zu viel Angst geschürt wird (+7).
Eine Minderheit von 36 Prozent ist der Ansicht, dass die ökologischen Kosten für Produkte, Güter und Dienstleistungen stärker in den Preis einfließen sollten, etwa in Form einer CO2-Steuer (-6 im Vgl. zu November 2022). Eine Mehrheit von 58 Prozent spricht sich dagegen aus. Nur noch drei von zehn Befragten (30 Prozent) sind der Ansicht, dass wir auf Wirtschaftswachstum verzichten sollten, um den Klimawandel zu stoppen (-16 im Vgl. zu November 2022), fast zwei Drittel (64 Prozent) stimmen dieser Aussage nicht zu.
Grundgesamtheit: Wahlberechtigte in Deutschland
Erhebungsmethode: Zufallsbasierte Telefon- und Online-Befragung (davon 60 Prozent Festnetz, 40 Prozent Mobilfunk)
Erhebungszeitraum: 04. – 06. Dezember 2023
Fallzahl: 1.364 Befragte (813 Telefoninterviews und 551 Online-Interviews)
Gewichtung: nach soziodemographischen Merkmalen und Rückerinnerung Wahlverhalten
Schwankungsbreite: 2 Prozentpunkte bei einem Anteilswert von 10 Prozent
3 Prozentpunkte bei einem Anteilswert von 50 Prozent
Durchführendes Institut: infratest dimap
Die Ergebnisse sind auf ganze Prozentwerte gerundet, um falsche Erwartungen an die Präzision zu vermeiden. Denn für alle repräsentativen Befragungen müssen Schwankungsbreiten berücksichtigt werden. Diese betragen im Falle einer Erhebung mit 1000 Befragten bei großen Parteien rund drei Prozentpunkte, bei kleineren Parteien etwa einen Punkt. Hinzu kommt, dass der Rundungsfehler für kleine Parteien erheblich ist. Aus diesen Gründen wird keine Partei unter drei Prozent in der Sonntagsfrage ausgewiesen.