MV: Innenminister feuert Chef des Verfassungsschutzes
13. Januar 202115:25:42
Das Agieren des Landesverfassungsschutzes bei der Aufklärung des Amri-Terroranschlags von Berlin sorgte bundesweit für Kritik. Noch im Dezember stellte sich Innenminister Renz schützend vor die Behörde. Nun muss ihr Leiter gehen.
Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Torsten Renz (CDU) hat den langjährigen Chef des Verfassungsschutzes, Reinhard Müller, in den Ruhestand geschickt. Als Grund nannte Renz auf einer überraschend einberufenen Pressekonferenz am Mittwochnachmittag in Schwerin das beschädigte Vertrauen in die Arbeit des Verfassungsschutzes. Renz kündigte einen „Neuanfang“ im Verfassungsschutz an, der – anders als in anderen Ländern – keine eigenständige Behörde, sondern eine Abteilung im Ministerium ist.
Vorwurf: Wichtige Informationen im Fall Amri zurückgehalten
Sechs Wochen nach seiner Amtsübernahme setzt der neue Innenminister damit ein Signal. Müller muss nach mehr als elf Jahren an der Spitze des Verfassungsschutzes gehen. Er stand zuvor massiv in der Kritik. Es ging um den Umgang des Verfassungsschutzes mit Informationen eines V-Manns zum Umfeld des Attentäters vom Breitscheidplatz in Berlin, Anis Amri. Müller und der Verfassungsschutzabteilung wurde vorgeworfen, möglicherweise wichtige Hinweise nicht weitergeben zu gaben. Sein als brüsk empfundener Auftritt im Untersuchungsausschuss des Bundestages zum Anschlag sorgte bei der Opposition für Empörung. Auch der Umgang mit einer sogenannten Deko-Waffe und einer Schrotflinte brachte zusätzliche Irritationen und löste Zweifel an einer professionellen Arbeit des Verfassungsschutzes aus.
Expertenkommission soll Behörde durchleuchten
Renz sagte am Mittwoch, die Kritik sei berechtigt. Müller sei aber ein engagierter Verteidiger der Verfassung. Er habe in seiner Amtszeit viele Erfolge erzielt – unter anderem beim NPD-Verbotsverfahren. Für den angekündigten Neuanfang beim Verfassungsschutz hat Renz eine vierköpfige Expertenkommission eingesetzt. Unter der Leitung des Hamburger Verfassungsschutzchefs Torsten Voß sollen die Abläufe und Strukturen in der rund 100 Mitarbeiter zählenden Abteilung durchleuchtet werden. Renz sagte, die Kommission solle im Februar mit ihrer Arbeit beginnen. Er erwarte Mitte Mai einen Abschlussbericht. Es gehe auch um eine Verbesserung der parlamentarischen Kontrolle.
Der frühere Vize-Chef des Landeskriminalamtes übernimmt
Renz folgt mit der Kommission dem Beispiel seines Vorgängers Lorenz Caffier (CDU). Der setzte nach Rechtsextremismus-Vorwürfen gegen das Spezialeinsatzkommando der Polizei ebenfalls eine hochkarätige Expertenkommission ein, die Verbesserungen vorschlug. Müllers Nachfolger als neuer Verfassungsschutz-Chef ist der Referatsleiter im Ministerium, Thomas Krense. Der 54-jährige Schweriner ist erfahrener Kriminalpolizist und leitete bisher die Fachaufsicht über das Landeskriminalamt.