Freies Reisen mit Impfzertifikat?
13. Januar 202118:02:12
Europaweit frei reisen – wenn es nach dem griechischen Ministerpräsidenten Mitsotakis geht, sollte das nach einer Impfung gegen das Coronavirus möglich sein. Aus dem EU-Parlament bekommt er dafür Unterstützung.
Von Stephan Ueberbach, ARD-Studio Brüssel
Die Hotels sind leer, Restaurants und Museen ebenfalls. Auch für den Tourismus ist die Corona-Pandemie eine Katastrophe. Gerade in Griechenland, wo die Branche ein wichtiger Wirtschaftszweig ist. Vor allem die Reisebeschränkungen und die Quarantäneregeln schrecken viele Urlauber ab. Ein europäisches Impfzertifikat könnte das ändern, glaubt der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis. Wer nachweislich gegen Corona geimpft ist, soll wieder frei reisen können – und zwar europaweit.
Dieser Vorschlag aus Athen findet in Brüssel zum Beispiel bei Manfred Weber, dem Fraktionschef der Christdemokraten im Europaparlament, Unterstützung – jedenfalls dann, wenn alle die Möglichkeit zu einer Impfung haben. „Wir begrenzen heute die Rechte unserer Bürgerinnen und Bürger sehr intensiv. Und es ist doch klar: Wer sich impfen lässt, und damit sich selbst und andere schützt, dessen Rechte kann man dann einfach nicht länger einschränken.“
Grenzpendler könnten davon profitieren
Wie sein Parteifreund Mitsotakis setzt auch Weber auf eine einheitliche Regelung für die gesamte Europäische Union, zum einen, um eine Fragmentierung der Reisefreiheit zu verhindern, und zum anderen, damit nicht jedes Land mit eigenen Vorschriften kommt. Die deutschen Sozialdemokraten im Europaparlament sehen das ganz ähnlich. Neue Reiseregeln müssten EU-weit abgestimmt sein, sagt Jens Geier, der Chef der Europa-SPD. Er verweist dabei vor allem auf die schwierige Lage der Grenzpendler.
Es gebe eine ganze Menge Menschen die in einem Land wohnten und in einem anderen arbeiteten. Eine Situation wie im vergangenen Frühling müsse künftig vermieden werden, betont Geier. „Wir können keine Situation zulassen, wo es, so wie das im letzten Frühjahr reflexartig passiert ist, Kontrollen gibt und Menschen, die auf der anderen Seite der Grenze eine Arbeit zu verrichten haben, nicht über die Grenze kommen, weil sie nicht geimpft sind. Also, das kann nicht funktionieren.“
Sonderregeln oder nicht?
Aber soll es überhaupt Sonderregeln für Menschen geben, die sich gegen Corona impfen lassen? Und wenn ja, welche sollen das sein? Keine einfache Frage, findet der FDP-Europa-Abgeordnete und Mediziner Andreas Glück. Es dürfe durch Impfzertifikate nicht zu einer Teilung der Gesellschaft kommen. Andererseits seien auch die Einschränkungen persönlicher Freiheiten nicht zu rechtfertigen, wenn keine Gefahr einer Infektion mehr bestehe. „Warum also sollte die Großmutter im Altenheim keinen Besuch bekommen dürfen, wenn sie schon unter dem Schutz einer Impfung steht?“, gibt Glück zu bedenken.
Schwierige Entscheidung für die EU
Ganz klar: auf die EU kommen schwierige Diskussionen und Entscheidungen zu. Schließlich können Privilegien für Geimpfte wie ein Impfzwang durch die Hintertür wirken, und das wollen viele Politiker möglichst vermeiden – auch in Deutschland. Mit dem „Impfzertifikat“ wie es der griechische Ministerpräsident Mitsotakis vorschlägt, müssen sich jetzt die Staats- und Regierungschefs der EU beschäftigen. Schon nächste Woche gibt es dazu die Gelegenheit. Ratspräsident Charles Michel hat für Donnerstag einen weiteren Corona-Sondergipfel angesetzt – als Videokonferenz – eben weil das Reisen in Pandemie-Zeiten so kompliziert ist.