Corona: Wie sicher und wirksam sind die Impfstoffe?

24. Januar 2021 Aus Von mvp-web

Im Kampf gegen die Corona-Pandemie sind weltweit mehr als 183 Impfstoffe in der Entwicklung. Zwei Impfstoffe stehen kurz vor der Zulassung. Wie sicher sind die Impfungen?

Um die Corona-Pandemie zu stoppen, müssten mehr als 60 Prozent der Menschen geimpft werden. Dann wäre eine sogenannte Herdenimmunität erreicht und das Virus würde nicht mehr genug neue Wirte finden, um sich weiter auszubreiten. Entwickelt werden verschiedene Arten von Impfstoffen:

  • mRNA-Impfstoffe, zum Beispiel von Biontech/Pfizer und Moderna
  • Vektorimpfstoffe, etwa von AstraZeneca/Universität Oxford oder der russische Impfstoff Sputnik V

Zur Anwendung kommen voraussichtlich zuerst die mRNA-Impfstoffe der Hersteller Biontech/Pfizer und Moderna.

Warum war die Impfstoff-Entwicklung so schnell möglich?

Die Impfstoff-Entwicklung dauert in der Regel mehrere Jahre. Beim Coronavirus war dies innerhalb weniger Monate möglich. Die Gründe:

  • Normalerweise werden Impfstoff-Kandidaten in fünf klinischen Phasen nacheinander auf ihre Sicherheit und Wirksamkeit überprüft. Beim Coronavirus wurden einige Studienphasen zeitgleich durchgeführt.
  • Der Aufbau von Produktionskapazitäten für Impfstoffe ist für die Hersteller mit einem hohen wirtschaftlichen Risiko verbunden – falls sich der Impfstoff im Laufe der Studien als nicht sicher oder nicht wirksam erweist. Beim Coronavirus haben sich Staaten an den Kosten für die Impfstoffentwicklung beteiligt und dadurch das Risiko für die Hersteller gesenkt.
  • Die Entwicklung von mRNA-Impfstoffen war bereits vor dem Auftreten des neuartigen Coronavirus Sars-CoV-2 weit fortgeschritten. Sie mussten nicht von Grund auf neu entwickelt, sondern nur an den neuen Erreger angepasst werden.

Mögliche Nebenwirkungen der mRNA-Impfstoffe

Der gemeinsam von den Firmen Biontech und Pfizer entwickelte Impfstoff wurde bereits an mehr als 44.000 Studien-Teilnehmern getestet, von denen eine Hälfte den Impfstoff bekommen hat, die andere Hälfte ein Placebo. Dabei traten lediglich Nebenwirkungen auf, die auch von anderen Impfstoffen bekannt sind: Schwellungen an der Einstichstelle, Kopfschmerzen oder Gliederschmerzen. Sie können zwar kurzfristig unangenehm sein, zeigen aber auch an, dass das Immunsystem auf den Impfstoff reagiert und sich gegen den echten Erreger wappnet.

Wie mRNA-Impfstoffe das Immunsystem aktivieren

Der Impfstoff besteht aus einer sogenannten messenger-Ribonukleinsäure, kurz mRNA oder Boten-RNA. mRNA-Impfstoffe bestehen nicht aus Virus-Bestandteilen wie etwa der Grippeimpfstoff, sondern lediglich aus der genetischen Information für ein oder mehrere Proteine an der Oberfläche der Viren.

Nach der Impfung produzieren einige Körperzellen in ihren Proteinfabriken (Ribosomen) ein Antigen, das die Immunantwort auslöst. Im Fall von SARS-CoV-2 enthält die mRNA die genetische Information für einen Teil des nur bei SARS-CoV-2 auftretenden Spike-Proteins der Virushülle. Für den Transport zu den Zielzellen wird das mRNA-Molekül mit Lipidstoffen umhüllt. Die so entstandenen Lipidnanopartikel (LNP) sind nach der Injektion stabil und können zusammen mit der mRNA in Zellen eindringen.

Das von den Zellen mit Hilfe der mRNA gebildete Antigen wird Immunzellen präsentiert und löst die Immunantwort aus. Während bei vielen herkömmlichen Impfstoffen das Antigen selbst injiziert wird, liefert ein mRNA-Impfstoff nur die genetische Information und der Körper bildet das Antigen selbst.

Experten halten Risiken der mRNA-Impfstoffe für gering

Die von Skeptikern mitunter geäußerte Sorge, die mRNA könnte das menschliche Erbgut verändern, ist laut Experten unbegründet: Das Genom des Menschen befindet sich in Form von Desoxyribonukleinsäure (DNA) im Zellkern. Die mRNA kommt mit diesem nicht in Kontakt. Zudem wäre eine Integration von RNA in DNA auch aufgrund der unterschiedlichen chemischen Struktur nicht möglich.

Vektorimpfstoffe auf Basis von Adenoviren

Vektorimpfstoffe wie von AstraZeneca/Universität Oxford oder der russische Impfstoff Sputnik V bestehen aus für den Menschen harmlosen Erregern wie den sogenannten Adenoviren. In das Erbmaterial des Virus wird ein Genabschnitt des Coronavirus integriert, der das spezifische Spike-Protein produziert. Nach der Impfung ruft der harmlose Erreger mit dem Spike-Protein eine ähnliche Immunantwort des Körpers hervor wie eine echte Corona-Infektion.

Schutz durch Vektorimpfstoffe ist umstritten

Anders als bei den mRNA-Impfstoffen, die beide in den klinischen Studien eine Erfolgsquote von über 95 Prozent aufwiesen, ist die tatsächliche Schutzwirkung des Vektorimpfstoffes noch unklar. In ersten Meldungen ging der Hersteller von einer Erfolgsquote von rund 70 Prozent aus.

Doch Experten kritisieren die aus den durchgeführten Studien gezogen Schlüsse: Die Ergebnisse von zwei sehr unterschiedlichen Untersuchungen seien vermengt wurden. Demnach waren Schutzwirkungen von 62 Prozent mit der vollen Dosierung und von etwa 90 Prozent mit einer versehentlich halbierten Dosierung bei der ersten Impfung erreicht worden. Hier waren aber nur jüngere Menschen bis 55 Jahren geimpft worden

Eine mögliche Erklärung für das paradoxe Ergebnis ist, dass das Immunsystem nach der ersten vollen Dosis auch Antikörper gegen Adenoviren gebildet und dadurch die Wirkung der zweiten Dosis abgeschwächt haben könnte.

Große Hoffnungen in die Wirksamkeit

Wenn sich die hohe Schutzwirkung aus den klinischen Studien bestätigt, könnte die Impfung die Sterblichkeit und die Zahl der schweren Krankheitsverläufe von Covid-19 deutlich senken und auch die Infektionskette unterbrechen. Experten rechnen derzeit mit der Zulassung und den ersten Impfungen noch im Laufe des Dezembers 2020.