AstraZeneca-Vakzin Spahn drückt aufs Impftempo
6. Februar 2021Stand: 06.02.2021 02:42 Uhr
Gesundheitsminister Spahn hat die Bundesländer dazu aufgerufen, die für die ersten drei Februarwochen angekündigten Dosen des Impfstoffs von AstraZeneca komplett zu verabreichen, ohne davon etwas für Zweitimpfungen zurückzuhalten.
Von Kai Küstner, ARD-Hauptstadtstudio
Tempo machen, wo es nur geht – so scheint das Motto von Jens Spahn zu lauten. Gerade jetzt, wo die heftige Kritik am schleppenden Impfstart nicht abflauen mag. In drei aufeinanderfolgenden Februarwochen erwartet Deutschland Lieferungen des jüngst zugelassenen britisch-schwedischen AstraZeneca-Wirkstoffs.
Diese Dosen sollen nun nach dem Willen des Gesundheitsministers komplett verabreicht, also nicht für die Zweitimpfung zurückgehalten und in den Kühlschrank gestellt werden. Womit Jens Spahn, zumindest was diese ersten AstraZeneca-Lieferungen angeht, dem britischen Beispiel beim Impfen folgt.
„Großbritannien verimpft sehr häufig nur eine Dosis, nicht zwei Dosen.“ Kanzlerin Merkel führte das im Interview mit ntv und RTL am Abend als eine von mehreren Erklärungen dafür an, dass die Briten so schnell mit dem Impfen sind.
1,7 Millionen Impfungen in den ersten drei Februarwochen
Spahns Empfehlung, den AstraZeneca-Wirkstoff nicht für Zweitimpfungen zurückzuhalten, findet sich in einem Schreiben des Ministers an die Länder, wie ein Regierungssprecher dem ARD-Hauptstadtstudio bestätigte und über das zuerst die Nachrichtenagentur dpa berichtete. Bewirken soll dies, dass in den ersten drei Februarwochen 1,7 Millionen Anspruchsberechtigte eine Erstimpfung erhalten.
Unumstritten ist allerdings auch die britische Strategie nicht, der Spahn nun zumindest in Teilen folgen will. Zwar bestätigt eine aktuelle Studie der Universität Oxford, dass eine einzige Impfung bis zu zwölf Wochen vor Corona schützt. Doch es gibt auch Kritik an der Verzögerungstaktik. Zu viel Zeit bis zur Zweitimpfung verstreichen zu lassen, sei nicht ohne Risiko.
Merkel verteidigt, von der Leyen entschuldigt sich
Aber auch in Deutschland ist die Sehnsucht nach einem höheren Impftempo groß. Der Vorwurf steht weiter im Raum, man hinke auch deshalb den USA, den Briten oder Israel hinterher, weil die EU zu spät und zu knauserig bestellt habe. Auch wenn die Kanzlerin ihn bei ntv und RTL noch einmal zu entkräften suchte: „Es ist einfach nicht erwiesen, dass wir am Anfang mehr bekommen hätten, wenn wir mehr bezahlt oder bestellt hätten.“
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen unterdessen hat erstmalig in dieser Frage Versäumnisse eingeräumt und erklärt, die EU habe unterschätzt, welche Komplikationen bei der Herstellung auftreten könnten. Wörtlich sagte sie der „Süddeutschen Zeitung“: „Natürlich. Ein Land kann ein Schnellboot sein. Und die EU ist mehr ein Tanker.“
Was Deutschland angeht, so soll das Land aber weiterhin nicht gänzlich dem britischen Beispiel folgen: Auf der Insel wird der AstraZeneca-Wirkstoff auch älteren Menschen verabreicht. Hierzulande ist er von der Impfkommission nur für Unter-65-Jährige empfohlen.