Corona-Krise: Viel mehr Arbeitslose im Norden
3. Juni 2020Die Corona-Krise hat im Mai deutlich auf den Arbeitsmarkt in Deutschland durchgeschlagen. Die Zahl der Arbeitslosen ist im vergangenen Monat im Vergleich zum April um 169.000 auf 2.813.000 Menschen gestiegen. Die Arbeitslosenquote kletterte um 0,3 Punkte auf 6,1 Prozent, wie die Bundesagentur für Arbeit (BA) in Nürnberg mitteilte.
Im Vergleich zum Mai 2019 sind jetzt fast 580.000 Menschen mehr arbeitslos.
Auch in den norddeutschen Bundesländern Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern sowie den Hansestädten Hamburg und Bremen haben sich die Arbeitslosenzahlen im vergangenen Monat weiter negativ entwickelt. Auch die Zahl der wegen der Folgen der Corona-Krise in Kurzarbeit beschäftigten Menschen bleibt hierzulande hoch.
Hamburg: Stärkster Anstieg im Norden
Den stärksten Anstieg der Arbeitslosenzahlen in Norddeutschland im Vergleich zu den Zahlen von April verzeichnet Hamburg: In der Hansestadt ging die Quote um 0,6 Punkte hoch auf 7,9 Prozent. In Zahlen ausgedrückt: Gut 84.400 Menschen waren Ende Mai in Hamburg arbeitslos gemeldet, vor einem Monat waren es 77.500 gewesen – und damit so viel wie seit zehn Jahren nicht mehr. Im Vergleich zum Mai 2019 stieg die Zahl der Arbeitslosen sogar um mehr als 30 Prozent.
Von der Arbeitslosigkeit betroffen sind in Hamburg laut Arbeitsagenturchef Sönke Fock alle Gruppen des Arbeitsmarktes. Ein besonders starker Anstieg von knapp 54 Prozent zum Vorjahresmonat wurde in der Gruppe der unter 25-Jährigen verzeichnet. Auch die Zahl der arbeitslos gemeldeten Ausländer stieg im Vergleich zum Mai 2019 um mehr als 33 Prozent.
Handel, Gastronomie, Hotellerie, Friseure und andere Dienstleister setzten die ersten Lockerungen der Corona-Maßnahmen um, sagte Fock: „Kurzarbeit wird in den Betrieben zurückgefahren, Beschäftigung wird konkreter fühlbar, und der innerstädtische Berufsverkehr nimmt ebenfalls wieder Fahrt auf.“ Wann die aus den vergangenen Jahren gewohnte hohe Dynamik des Hamburger Arbeitsmarktes wieder erreicht werde, sei derzeit aber noch nicht absehbar.
Seit Beginn der Krise erfolgten Kurzarbeit-Anmeldungen für insgesamt fast 349.000 Beschäftigte. „Wir wissen aber aus Erfahrung, dass die tatsächlich realisierte und von uns abgerechnete Kurzarbeit geringer ausfallen dürfte, weil zahlreiche Unternehmen Kurzarbeit pauschal für alle Mitarbeiter in vollem Umfang angezeigt haben, um eine maximale Flexibilität des Personaleinsatzes in der aktuell schwierigen Auftragslage zu haben“, sagte Fock. Der Rückgang bei den gemeldeten freien Stellen auf unter 10.000 sei auf die besondere Situation in der Krise zurückzuführen, da Unternehmen, die Kurzarbeit angemeldet haben, grundsätzlich kein zusätzliches Personal einstellen dürften.
Schleswig-Holstein: „Talsohle noch nicht durchschritten“
In Schleswig-Holstein waren Ende Mai 97.200 Menschen arbeitslos gemeldet – das waren 5,4 Prozent mehr als vor einem Monat und 23,8 Prozent mehr als vor einem Jahr, wie die Agentur für Arbeit mitteilte. Die Arbeitslosenquote liegt nun bei 6,2 Prozent (Mai 2019: 5,0 Prozent). „In Schleswig-Holstein sind auch im Mai die Spuren, die die Corona-Pandemie auf dem Arbeitsmarkt hinterlässt, deutlich sichtbar“, sagte die BA-Regionalchefin Margit Haupt-Koopmann. Auch für die kommenden Monate erwartete sie einen weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit, da die Unternehmen im Norden deutlich weniger Personal nachfragten: „So sind insbesondere Stellenmeldungen aus der Zeitarbeit, dem Gastgewerbe und dem Gesundheits- und Sozialwesen massiv zurückgegangen.“
Schleswig-Holsteins Arbeitsminister Bernd Buchholz (FDP) erklärte, die Talsohle sei noch nicht durchschritten und die bisherigen Lockerungen der Corona-Maßnahmen könnten nur begrenzt wirken. Die Zahl der Arbeitslosen werde sich auch in den kommenden Monaten weiter erhöhen: „Ich erwarte von dem Konjunkturpaket der Bundesregierung wichtige Impulse für Schleswig-Holstein, damit wir bald wieder auf der Erfolgsspur sind.“
Im nördlichsten Bundesland haben inzwischen 28.700 Betriebe für 328.800 Beschäftigte Kurzarbeit angezeigt. Nach Angaben der Arbeitsagentur sind das 36,1 Prozent aller Betriebe mit mindestens einem sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Haupt-Koopmann wertete diese Entwicklung jedoch als positives Signal: „Die Anzeigen sind für mich ein Zeichen dafür, dass die Betriebe – trotz der tiefgreifenden Krise – Arbeitsplätze sichern und ihre Fachkräfte halten wollen.“ 67,7 Millionen Euro sind demnach in Schleswig-Holstein bisher für Kurzarbeit ausgegeben worden.
Niedersachsen: Quote steigt auf 6,0 Prozent
Die Lage auf dem niedersächsischen Arbeitsmarkt hat sich im Mai noch einmal deutlich verschärft. Mit knapp 261.600 Menschen waren noch einmal sechs Prozent mehr Menschen ohne Job als im April. Wie die BA-Regionaldirektion berichtete, stieg die Quote um 0,3 Punkte auf 6,0 Prozent. Normalerweise nimmt die Beschäftigung nach den Wintermonaten im Frühling wieder zu – in diesem Jahr aber bewirkten die Schließungen und Produktionsausfälle wegen der Corona-Beschränkungen das Gegenteil.
Zwar nahm die Arbeitslosigkeit nicht mehr so stark zu wie noch von März auf April. Im Vergleich zum Vorjahr wird die Entwicklung aber deutlich: Über ein Fünftel mehr Menschen waren im abgelaufenen Monat arbeitslos gemeldet als im Mai 2019. „Der pandemiebedingte Einbruch der Wirtschaft schlägt auf den Arbeitsmarkt durch“, sagte BA-Regionalchefin Bärbel Höltzen-Schoh in Hannover. Es gebe aber wieder mehr offene Stellen. Die Kurzarbeit in Niedersachsen bleibt hoch: Seit der Zuspitzung der Virus-Krise im März wurde für insgesamt knapp 1,1 Millionen Menschen in landesweit fast 78.000 Betrieben verringerte Arbeitszeit angezeigt.
Im kleinsten Bundesland Bremen stieg die Zahl der Erwerbslosen um 5,2 Prozent auf insgesamt knapp 41.900. Die Arbeitslosenquote erhöhte sich um 0,4 Punkte auf 11,4 Prozent.
Mecklenburg-Vorpommern: 2.600 Arbeitslose mehr als vor einem Monat
Auch auf dem Arbeitsmarkt in Mecklenburg-Vorpommern ist der Negativtrend unübersehbar. Die Zahl der Arbeitslosen im Nordosten stieg im Mai im Vergleich zum April deutlich um 2.600 auf 67.600. Das sind 11.200 mehr als vor einem Jahr. Das entspricht einer Steigerung von fast 20 Prozent, wie die BA-Regionaldirektion Nord berichtete. Die Erwerbslosenquote in MV liegt nun bei 8,2 Prozent.
Besonders stark seien Jugendliche von der Arbeitslosigkeit betroffen: In dieser Altersgruppe liege die Steigerung bei 6,7 Prozent im Vormonats- und bei 34,8 Prozent im Vorjahresvergleich – und damit deutlich über den Werten für alle Arbeitslosen. Rund zwei Drittel dieser jungen Menschen verfügten über keinen Berufsabschluss. „Um insbesondere ihnen eine berufliche Perspektive zu eröffnen, werden wir alles tun, um ihnen die Chance auf einen erfolgreichen Berufsabschluss zu eröffnen“, betonte Margit Haupt-Koopmann.
Seit Beginn der Corona-Krise im März haben in Mecklenburg-Vorpommern insgesamt 18.400 Betriebe für 172.800 Beschäftigte Kurzarbeit angezeigt. Hier sind es 39,3 Prozent aller Betriebe des Landes mit mindestens einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigen.
Auch in MV bewegt sich die Personalnachfrage den Angaben zufolge auf einem deutlich niedrigeren Niveau als im Vorjahreszeitraum. Insgesamt seien den Agenturen und Jobcentern seit Jahresbeginn 17.400 sozialversicherungspflichtige Stellen zur Besetzung gemeldet worden – ein Rückgang um 25,1 Prozent.
Mai 2020 | April 2020 | Mai 2019 | ||||
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Niedersachsen | 261.600 | 6,0 | 246.800 | 5,7% | 215.600 | 5,0 % |
Schleswig- Holstein |
97.200 | 6,2 | 92.200 | 5,8% | 78.500 | 5,0 % |
Mecklenburg- Vorpommern |
67.600 | 8,2 | 64.900 | 7,9% | 56.400 | 6,9 % |
Hamburg | 84.400 | 7,9 | 77.500 | 7,3% | 64.700 | 6,1 % |
Bund | 2.813.000 | 6,1 | 2.644.000 | 5,8% | 2.236.000 | 4,9 % |
NDR: Stand: 03.06.2020 11:06 Uhr