Auftrag auf den Weg gebracht – IBM soll deutschen Impfpass entwickeln
9. März 2021Stand: 09.03.2021 13:21 Uhr
Das Bundesgesundheitsministerium will zügig einen digitalen Impfnachweis entwickeln lassen. Dabei soll der US-Konzern IBM die Federführung haben. Der Pass soll über eine Smartphone-App Daten speichern.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hatte bereits vor Wochen einen digitalen Impfpass angekündigt. Auch Bundesaußenminister Heiko Maas hatte sich für ein digitales Dokument ausgesprochen. Nun nimmt ein digitaler Nachweis, der das gelbe Impfheft ergänzen und ersetzen kann, Gestalt an.
Gegenüber tagesschau.de hat das Bundesgesundheitsministerium bestätigt, dass mehrere Unternehmen unter der Führung des US-Unternehmens IBM mit der Entwicklung einer Impfpass-App beauftragt werden sollen. Dazu gehören auch der IT-Spezialist Bechtle aus Neckarsulm und Ubirch aus Köln, das auf Datensicherheit mithilfe der Blockchain-Technologie spezialisiert ist. Die Deutsche Telekom, die zusammen mit SAP die Corona-Warn-App entwickelt hatte, kommt damit diesmal nicht zum Zug. Um die App möglichst noch vor den Sommerferien auf den Weg zu bringen, hatte Minister Spahn ein Dringlichkeitsverfahren auf den Weg gebracht.
Erlöse aus Impfzertifikaten
Für IBM und die beteiligten Unternehmen geht es um potenzielle Millionenerlöse. Jedes Zertifikat, das via App erstellt wird, bedeutet eine Gebühr, die die Hersteller kassieren. Das Nachrichtenportal „Business Insider“ schätzt, dass bei einer Impfquote von 80 Prozent der Bevölkerung in diesem Jahr Erlöse von rund 32,5 Millionen Euro erzielt werden könnten.
Laut der öffentlichen Ausschreibung sollen die Unternehmen eine Anwendung bereitstellen, die Impfungen per Smartphone sicher dokumentieren kann. Dabei sollen Impfzeitpunkt, Impfstoff und der Name des Geimpften gespeichert werden. Der digitale Impfnachweis auch eine Prüfungsfunktion enthalten und in die Daten von Arztpraxen und Impfzentren integriert werden. Laut der Ausschreibung soll die Anwendung binnen zwei Monaten einsatzbereit sein.
Nachweis datenschutzkonform
Nutzer sollen über den digitalen Impfnachweis einen Code erstellen können, der laut Ausschreibung eine „datenschutzkonforme Prüfung des COVID-19 Impfstatus durch Dritte ermöglicht“. Dies soll etwa über einen QR-Code geschehen, der durch die Anwendung erzeugt wird.
Auf einen digitalen Impfnachweis hatten sich die EU-Mitgliedsstaaten bereits auf einem Gipfel im Januar verständigt. Dort wurden Leitlinien beschlossen, die den Einsatz des Nachweises aber nur für medizinische Zwecke vorsahen. Laut Bundesgesundheitsministerium ist der digitale Nachweis nicht verpflichtend, der traditionelle gelbe Impfpass werde weiterhin gültig bleiben.
Spielräume für private Unternehmen
Inwieweit der digitale Impfnachweis für Erleichterungen für geimpfte Bundesbürger etwa bei Reisen sorgen kann, ist indes offen. Der Ethikrat hat Sonderrechte für Geimpfte für Deutschland von staatlicher Seite bislang abgelehnt. Das Gremium sieht aber Entscheidungsspielräume für private Anbieter etwa bei Veranstaltungen oder Flugreisen oder auch Restaurantbetreiber. Als erster großer deutscher Reiseveranstalter hatte Alltours angekündigt, ab Ende Oktober Urlaub in seinen Allsun-Hotels auf Mallorca, den Kanaren und in Griechenland nur noch mit Corona-Impfung zu ermöglichen.
Innerhalb der EU gehen die Staaten unterschiedlich mit der Thematik um. Spanien, Griechenland oder Portugal hatten sich dafür ausgesprochen, geimpften Bürgern bei einem entsprechenden Nachweis das freie Reisen zu ermöglichen. Schweden und Dänemark wollen einen digitalen Impfpass bis zum Frühsommer einführen, haben aber noch nicht erklärt, wie dieser eingesetzt werden soll.
WHO skeptisch
Bedenken gegen eine digitalen Impfpass, wie ihn die EU nun plant, gibt es auch von der Weltgesundheitsorganisation WHO. Auch ein Impfstoff könne die Ansteckung anderer Menschen nicht unbedingt verhindern, hatte vor wenigen Tagen etwa Hans Kluge, WHO-Regionaldirektor für Europa, gesagt. Die WHO gebe keine Empfehlung für einen Impfnachweis in der geplanten Form.