Nach dem Corona-Ausbruch beim Fleischbetrieb Tönnies sind bereits 1029 Angestellte positiv auf Corona getestet worden. Der Landrat lässt den Betrieb sowie Schulen und Kitas schließen. Alle News zum Virus-Ausbruch bei Tönnies lesen Sie hier.
Das Wichtigste in Kürze: Nach einem Corona-Ausbruch beim Fleischbetrieb Tönnies in Rheda-Wiedenbrück haben sich Hunderte Angestellte infiziert. Als Folge müssen Schulen und Kitas wieder schließen, der betroffene Betrieb stellt die Produktion vorerst ein. Über den Ursprung gibt es verschiedene Theorien. Derweil befeuert der Ausbruch einen alten Familienstreit erneut.
Nachbar-Stadt Verl richtet Quarantänezone ein – Gebiet abgeriegelt
22.23 Uhr: Nach mehr als 1000 positiven Corona-Tests bei Tönnies-Mitarbeitern hat die Stadt Verl (Landkreis Gütersloh) im Stadtteil Sürenheide eine Quarantänezone eingerichtet. Mehrere Mehrfamilienhäuser, in denen Werkvertragsarbeiter der Firma Tönnies untergebracht sind, wurden unter Quarantäne gestellt – auch wenn sie nicht zu den Tönnies-Beschäftigten gehören. Am Nachmittag wurde der gesamte Bereich abgeriegelt, wie die Stadt am Samstag mitteilte. In den betroffenen Häusern leben in drei Straßenzügen insgesamt knapp 670 Menschen.
„Uns ist bewusst, dass wir mit der generellen Quarantäne tief in das Leben der dort lebenden Menschen eingreifen, auch wenn sie ganz woanders arbeiten und außer der Nachbarschaft keine Berührungspunkte mit der Firma Tönnies haben“, erklärte Bürgermeister Michael Esken. „Aber wir müssen alles tun, um die weitere Verbreitung des Virus so weit wie möglich zu reduzieren. Dazu ist die strikte Einhaltung der Quarantäne unerlässlich“, betonte er.
Nach Angaben der Polizei Bielefeld wurde der Bereich zunächst durch Einsatzkräfte abgeriegelt. Gleichzeitig hätten Mitarbeiter der Stadt damit begonnen, Bauzäune aufzustellen.
Nach Angaben der Stadt wurden allein am Zollhausweg, einem der drei Straßenzüge, 78 Bewohner positiv auf das Coronavirus getestet. Am Sonntag will das Kreisgesundheitsamt bei allen Bewohnern der Zone, bei denen noch kein Test durchgeführt wurde, einen Rachenabstrich nehmen.
Ein Straßenzug komplett abgeriegelt
Das Deutsche Rote Kreuz stellt für die ersten beiden Tage Lunchpakete und Getränke zur Verfügung. „Für Familien mit kleinen Kindern werden, falls erforderlich, auch Hygieneartikel wie zum Beispiel Windeln bereitgestellt.“ Für die weiteren Tage wird ein Versorgungszentrum mit Lebensmitteln und Hygieneartikeln für den täglichen Bedarf innerhalb des Quarantänebereichs eingerichtet. Auch für die Tönnies-Mitarbeiter werde eine Verpflegung bereitgehalten. „Das ist zwar Aufgabe der Firma Tönnies, die das auch zugesagt hat. Aber falls das nicht reibungslos laufen sollte, können wir einspringen.“
Der Zollhausweg wurde komplett abgesperrt, damit sich die Menschen innerhalb des Quarantänebereichs auch draußen bewegen können. Um die Familien mit Kindern werde sich das Jugendamt kümmern. In den betreffenden Häusern leben nach Angaben der Stadt 60 Kinder und Jugendliche, 20 von ihnen sind jünger als drei Jahre.
Auch die weiteren Unterkünfte von Tönnies-Mitarbeitern im Stadtgebiet sollen in unregelmäßigen Abständen kontrolliert werden, um die Einhaltung der Quarantäneanordnungen zu überprüfen. Bei Verstößen könne ein Bereitschaftsdienst unverzüglich ordnungsrechtliche Bescheide veranlassen.
Statement von Clemens Tönnies und Konzernvize Andreas Ruff im Protokoll
17.59 Uhr: Auf Nachfrage eines Reporters macht Tönnies noch einmal klar: „Ich werde das Unternehmen aus dieser Krise führen und mache mich nicht aus dem Staub. Eines ist klar: So werden wir nicht weitermachen. Wir werden diese Branche verändern.“
17.58 Uhr: Zum Abschluss sagt Tönnies: „Ich stehe in der Verantwortung und stehe dafür in vorderster Front. Ich werde alles dafür tun, dass wir wieder auf die normale Schiene kommen.“
„Es geht hier nicht mehr um Tönnies“
17.54: Uhr: Clemens Tönnies betont zum Abschluss, dass der Datenschutz hinter dem Kampf gegen die Pandemie anstehen müsse. Er verweist auch darauf, dass einige Dienstleister sich beim Versuch, an alle Namen zu kommen, quergestellt hätten. „Es geht hier nicht mehr um Tönnies. Es geht um die Menschen und den Kreis. Wir stellen alles hinten an. Es geht darum, jetzt den Virus aus dem Betrieb zu bekommen.“
17.44 Uhr: Nun spricht Konzern-Vize Andreas Ruff. Auch er entschuldigt sich zunächst bei allen Betroffenen. Er geht näher auf das Datenproblem ein. „Wir mussten Namen und Datensätze von 6000 Mitarbeitern in kürzester Zeit ermitteln. Wir haben Freitagfrüh die ersten Datensätze übermittelt. Wir haben die herausgegeben, obwohl wir es eigentlich nicht dürften. Am Freitagnachmittag haben wir weitere Updates übermittelt. Am Abend kam die Behörde und wir haben sachlich miteinander gesprochen. Sie haben erklärt, dass ein Teil der Daten so für sie nicht zu verarbeiten ist. Wir haben deshalb dann gemeinsam in der Personalabteilung gesessen.“ Heute seien bis 16.00 Uhr alle Daten bei den Behörden abgeliefert worden, auch solche, die erst in der vergangenen Nacht von den Behörden angeblich neu gefordert wurden. „Aus meiner Sicht war das gestern Abend eine sehr produktive Zusammenkunft. Wenn wir in manchen Bereichen zu langsam waren, dann tut es mir leid. Aber ich betone noch einmal: Das waren Daten, die wir eigentlich nicht hätten haben dürfen.“
17.42 Uhr: Zum Thema der fehlenden Adressen verweist Tönnies auf Datenschutzprobleme. Das Werkvertragsrecht würde dem Unternehmen eigentlich nicht erlauben, die Adressen der betroffenen Mitarbeiter abzufragen. Man dürfe eigentlich nur Name, Geschlecht, Geburtsdatum abfragen. „Mehr an Daten dürfen wir eigentlich nicht haben.“ Die Bitte, die Adressen zu beschaffen, sei vor einigen Wochen vom Krisenstab an die Firma herangetragen worden. Der Leiter des Krisenstabs und der Landrat hatten in einer Pressekonferenz zuvor beklagt, dass das Unternehmen nicht in ausreichendem Maße dafür gesorgt habe, die Adressen zu liefern.
Tönnies: „Wir sind die Ursache dieses Themas und stehen in voller Verantwortung“
17.37 Uhr: „Wir haben geglaubt, alles richtig zu machen“, sagt Tönnies. Er bedankt sich beim Landrat und beim Krisenstab für die „hevorragende Arbeit“. „Ich kann mich als Unternehmer, dem es in erster Linie um die Menschen geht, nur entschuldigen. Wir sind die Ursache dieses Themas und stehen in voller Verantwortung. Ich als Unternehmer und das Unternehmen insgesamt“, so Tönnies weiter. Im Mai sei die Krise im Betrieb noch hervorragend gemanagt worden mit wenigen Infizierten. „Wenn der Leiter des Krisenstabs sagt, das Vertrauen sei bei Null, dann trifft mich das besonders hart.“ Er habe sich bisher nicht geäußert, da er zuvor im Krankenhaus gewesen sei.
17.35 Uhr: Tönnies tritt ans Mikro: „Es ist mir wichtig, dass wir heute als Firmenvertreter, Familienvertreter, als Verantwortliche uns ihnen stellen. Sie sehen mich hier als Familienunternehmer, der in den letzten 50 Jahren einen tollen Konzern mit aufbauen konnte, der jetzt vor der existenziellsten Krise dieses Unternehmens steht.“
Tönnies kündigt kurzfristig Statement an
17.19 Uhr: Die Firma Tönnies hat kurzfristig für 17.30 Uhr zu einem Pressestatement vor ihrem Verwaltungsgebäude in Rheda-Wiedenbrück eingeladen. Die Unternehmensführung um Clemens Tönnies will sich zur aktuellen Situation äußern. Der Landkreis Gütersloh hat die Veranstaltung unter Auflagen genehmigt. FOCUS Online berichtet im Live-Ticker.
Kreis: Schlachtbetrieb Tönnies für 14 Tage geschlossen
15.19 Uhr: Der Fleischbetrieb Tönnies in Rheda-Wiedenbrück ist für 14 Tage geschlossen. Das habe der Kreis verfügt, wie der Leiter des Krisenstabes, Thomas Kuhlbusch, am Samstag in Gütersloh mitteilte.
Kreis Gütersloh: Vertrauen in die Familie Tönnies „gleich Null“
14.53 Uhr: Das Verhältnis zwischen dem Kreis Gütersloh und der Firma Tönnies ist offenkundig zerrüttet. „Das Vertrauen, das wir in die Firma Tönnies setzen, ist gleich Null. Das muss ich so deutlich sagen“, sagte der Leiter des Krisenstabes, Thomas Kuhlbusch, am Samstag. Der Fachbereisleiter Gesundheit beim Kreis berichtete, dass Tönnies bis Freitag Listen der Beschäftigten geliefert habe, in denen bei 30 Prozent die Adressen gefehlt hätten. Bei Anfragen habe die Firma immer zögerlich reagiert.
Landrat greift durch: Wir haben uns Zugriff auf Personalakten verschafft
14.40 Uhr: Der Kreis Gütersloh und der Arbeitsschutz haben sich in der Nacht zum Samstag Zugriff auf die Personalakten der Firma Tönnies verschafft. „Das Unternehmen hatte es nicht geschafft, uns alle Adressen zu liefern“, sagte Landrat Sven-Georg Adenauer (CDU) am Samstag bei einer Pressekonferenz in Gütersloh. Daraufhin seien die Behörden am Freitagabend in die Konzern-Zentrale gegangen. Jetzt liegen 1300 Adressen von Wohnungen allein für den Kreis Gütersloh vor, wie der CDU-Politiker sagte.
Zahl der positiven Tests steigt auf mehr als 1000
14.08 Uhr: Nach dem Corona-Ausbruch beim Fleischproduzenten Tönnies sind mittlerweile 1029 Mitarbeiter positiv auf das Virus getestet worden. Dies teilte der Landrat des Kreises Gütersloh, Sven-Georg Adenauer, am Samstag in Gütersloh mit. Insgesamt 3127 Befunde lägen mittlerweile vor. Adenauer betonte: „Wir haben keinen signifikanten Eintrag von Corona-Fällen in die allgemeine Bevölkerung.“ Die Corona-Reihenuntersuchungen auf dem Gelände der Fleischfabrik im nordrhein-westfälischen Rheda-Wiedenbrück wurden am Samstag fortgesetzt. Seit Freitag unterstützen Bundeswehrsoldaten die Maßnahmen.
Mehrere Kleinbusse mit ausländischen Kennzeichen brachten am Vormittag zumeist Männer zum Werk. Nicht alle trugen dabei Schutzmasken, berichtete eine dpa-Reporterin. Auch Fahrzeuge der Uniklinik Bonn und der Bezirksregierung Detmold kamen zum Schlachtereibetrieb. Mitarbeitende trugen Masken und Kühlboxen auf das Gelände. Auch Einsatzkräfte der Polizei waren vor Ort.
Corona-Ausbruch in Fleischfabrik: Polizei auf Großeinsatz vorbereitet
13.43 Uhr: Nach dem massenhaften Corona-Ausbruch in einer Großschlachterei in Rheda-Wiedenbrück hat sich die NRW-Polizei auf einen Großeinsatz eingestellt. Bei der Polizei Bielefeld wurde eine sogenannte BAO, eine Besondere Aufbauorganisation gebildet, die mögliche Einsätze landesweit koordiniert.
Der Kreis Gütersloh hatte nach Angaben vom Freitag ein Hilfeersuchen an die Polizei gerichtet. „Sie soll die Ordnungsbehörden der Kommunen bei der Quarantäneüberprüfung unterstützen“, hieß es in einer Mitteilung.
Beamte einer Einsatzhundertschaft aus Dortmund verteilten sich am Samstag im Gebiet des Kreises Gütersloh. Nach Angaben einer Sprecherin der Polizei Bielefeld sollen sie bei Anforderung durch die Ordnungsbehörden unterstützend tätig werden, „beispielsweise wenn Kontrollen durchgeführt werden“. Dies war nach ihren Angaben bis zum Mittag noch nicht der Fall. „Wir werden als Polizei nicht eigeninitiativ tätig“, sagte die Sprecherin.
Das Land will die Quarantäneanordnung für die Mitarbeiter konsequent durchsetzen. Es werde dazu alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen, hatte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) am Freitagabend in Düsseldorf gesagt. „Wir müssen sicherstellen, dass in dieser Situation jeder sich an die Regeln hält.“ Einen Corona-Ausbruch habe es „in dieser Größe“ in NRW bisher nicht gegeben.
Der Kreis hatte am Freitag verfügt, dass alle rund 6500 Mitarbeiter des Fleischproduzenten Tönnies am Standort Rheda-Wiedenbrück mitsamt allen Haushaltsangehörigen in Quarantäne müssen. Das betreffe auch die Verwaltung, das Management und die Konzernspitze, teilte der Kreis Gütersloh am Freitagabend mit. Für einige Mitarbeiter galt allerdings eine sogenannte Arbeitsquarantäne. Das heißt, dass sie sich zwischen Arbeits- und Wohnort bewegen dürfen – ausschließlich. Das gilt nach Angaben eines Konzernsprechers auch für den Gesellschafter Clemens Tönnies.
Die Kreisverwaltung will einen weitreichenden Lockdown verhindern. „Leider müssen wir feststellen, dass die für das Personal in den Produktionsbereichen am 16. Juni erlassenen Quarantänen nicht von allen eingehalten wurden“, hatte Landrat Sven-Georg Adenauer erklärt und eine deutliche Verstärkung der Überprüfungen angekündigt.
Weitere 40 Soldaten zur Unterstützung am Tönnies-Werk
13.10 Uhr: Die Bundeswehr hat ihren Einsatz am Werk des Schlachtereibetriebs Tönnies in Rheda-Wiedenbück ausgebaut. „Wir haben noch 40 weitere Soldaten hinzu geholt“, sagte Bundeswehrsprecher Uwe Kort am Samstag. „20 davon helfen bei der Dokumentation und 20 helfen bei der Kontaktpersonennachverfolgung.“ Die Kräfte seien mit zehn Fahrzeugen der Bundeswehr unterwegs und würden gemeinsam mit medizinischem Personal und Mitarbeitern des Kreises Gütersloh Unterkünfte abfahren und dort Menschen testen. Laut Kort sprechen die Soldaten osteuropäische Sprachen, um sich mit den Arbeitern verständigen zu können.
Bereits am Freitag waren insgesamt 25 Soldaten in Rheda-Wiedenbrück eingetroffen. Sprecher Uwe Kort schließt nicht aus, dass weitere Soldaten angefordert werden könnten.
Der Kreis Gütersloh hatte die Bundeswehr zuvor um Hilfe bei einem Reihentest auf Corona-Infektionen bei dem Schlachtbetrieb gebeten. Am Mittwoch war bekannt geworden, dass es unter den Mitarbeitern des größten deutschen Schlachtbetriebs von Tönnies bei Rheda-Wiedenbrück zu einem Ausbruch mit einer Vielzahl von Corona-Infizierten gekommen ist. Bereits im Mai war es bei auf einem Schlachthof von Westfleisch im Kreis Coesfeld zu einem Corona-Ausbruch gekommen.
Altmaier: Missstände in Fleischindustrie angehen
10.52 Uhr: Nach Coronavirus-Ausbrüchen in Schlachtbetrieben hat Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier zugesichert, dass gegen Missstände in der Fleischindustrie vorgegangen werden soll. „Die Versorgung mit Lebensmitteln ist ein hohes Gut und ich möchte, dass das Vertrauen an Lebensmitteln und an Fleisch „made in Germany“ erhalten bleibt“, sagte der CDU-Politiker dem Deutschlandfunk. Das bedeute, „dass wir auch dafür sorgen, dass Verantwortliche zur Rechenschaft gezogen werden und dass die Missstände abgestellt werden, indem man entsprechende Veränderungen trifft“.
Altmaier hob nach Angaben des Deutschlandfunks hervor, dies gelte nicht nur für Werkverträge mit osteuropäischen Arbeitnehmern, sondern auch für die Unterbringung und die Arbeitsbedingungen vor Ort. Bei den Werkverträgen hatte die Bundesregierung bereits vor rund einem Monat Konsequenzen angekündigt: Das Schlachten und Verarbeiten von Fleisch soll ab 1. Januar 2021 nur noch mit Arbeitnehmern des eigenen Betriebes zulässig sein. „Ich halte es für richtig, dass wir diese Missstände angehen, wir werden sie angehen“, sagte Altmaier.
„Falschaussagen zum Kantinen-Video“: Robert Tönnies schreibt Brandbrief an Onkel
20.28 Uhr: Der Coronavirus-Ausbruch beim Fleisch-Riesen Tönnies in Rheda-Wiedenbrück lässt den schwelenden Streit an der Unternehmensspitze eskalieren. Konzernintern belebte die Krise einen langanhaltenden Zwist in der Führung nur noch zusätzlich: Robert Tönnies, Mitinhaber des Schlachtbetriebs, forderte den Rücktritt seines Onkels Clemens Tönnies aus der Geschäftsleitung. Beide halten je 50 Prozent der Anteile des Fleisch-Giganten, der allein für 20 Prozent der deutschen Fleischversorgung sorgt.
Jetzt verschickte Robert Tönnies einen Brandbrief, der der „Bild“-Zeitung vorliegt. Darin erhebt der 42-Jährige erneut schwere Vorwürfe gegen seinen Onkel und fordert dessen sofortigen Rücktritt, um der Firmen einen Neuanfang zu ermöglichen. Der Sohn des verstorbenen Konzerngründers Bernd Tönnies schreibt in dem Brief an Clemens Tönnies: „Ich habe den Rücktritt der Geschäftsführung gefordert, da ich hinsichtlich der Ereignisse und dem Krisenmanagement in unserem Unternehmen zutiefst erschüttert bin.“
Besonders brisant wird es, wenn Tönnies davon spricht, dass „Falschaussagen zum Kantinen-Video die Glaubwürdigkeit unseres Unternehmens endgültig zerstören“. Auch eine „Blockadehaltung bei Werkverträgen und offensichtliche Fehler bei der Betriebsführung“ wirft der Mitbesitzer seinem Partner vor.
Robert Tönnies fordert weiter, dass neben Clemens Tönnies auch die Geschäftsführer Andres Ruff und Stefan Gros gehen sollen – und zwar sofort. Mit Max, dem 30-jährigen Sohn seines Onkels, hat er auch schon einen Nachfolger für Tönnies im Blick: „Clemens, Dir selbst würde ich raten, Deinen Platz für Max zu räumen. Nur mit neuen Gesichtern können wir glaubwürdig in die Zukunft gehen.“
Kreis: Alle Tönnies-Mitarbeiter in Rheda-Wiedenbrück unter Quarantäne
20.16 Uhr: Nach dem Corona-Ausbruch beim Fleischproduzenten Tönnies müssen sämtliche Mitarbeiter am Standort Rheda-Wiedenbrück in Quarantäne. Das betreffe auch die Verwaltung, das Management und die Konzernspitze, teilte der Kreis Gütersloh am Freitagabend mit.
Einige Mitarbeiter können den Angaben nach aber in sogenannte Arbeitsquarantäne. Das heißt, dass sie sich nur zwischen Arbeits- und Wohnort bewegen dürfen. Das gilt auch für Clemens Tönnies, Gesellschafter von Deutschlands größtem Schlachtbetrieb Tönnies, wie ein Konzernsprecher der Deutschen-Presse Agentur sagte.
Tönnies-Ausbruch: Laschet schließt lokalen Lockdown nicht mehr aus
18.30 Uhr: Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) schließt nach dem massiven Corona-Ausbruch beim Fleischproduzenten Tönnies mit Hunderten Infizierten einen regionalen Lockdown nicht mehr aus. Das Infektionsgeschehen könne noch lokalisiert werden. „Sollte sich dies ändern, kann auch ein flächendeckender Lockdown in der Region notwendig werden“, sagte Laschet am Freitagabend in Düsseldorf.
„Das größte, bisher nie dagewesene Infektionsgeschehen in Nordrhein-Westfalen“, sagte Laschet. Nach Auftreten des Virus in einem Tönnies-Werk sind im Kreis Gütersloh bereits das Schließen von Schulen und Kitas angeordnet worden. Einen Lockdown will der Kreis nach bisherigen Angaben aber mit diesen und weiteren Maßnahmen abwenden.
Der NRW-Ministerpräsident sieht ein großes Problem in der breiten Streuung der Wohnorte der Tönnies-Beschäftigten. Er sprach am Freitag in Düsseldorf von einer schwierigen Lage, weil die Mitarbeiter des Schlachtbetriebs neben dem Kreis Gütersloh auch in Warendorf, Soest, Bielefeld, Hamm und anderen Orten lebten. Diese Streuung berge eine enorme Pandemiegefahr.
Inzwischen 803 Infektionen nachgewiesen
17.55 Uhr: Im Zuge des Corona-Ausbruchs bei Deutschlands größtem Schlachtbetrieb Tönnies in Rheda-Wiedenbrück sind inzwischen 803 Infektionen registriert. Das teilte der Kreis Gütersloh am Abend mit (Stand 19. Juni, 0 Uhr). Am Vorabend hatte die Zahl bei 730 gelegen. Negativ fielen den Angaben zufolge bisher 463 Testergebnisse aus. Eingesammelt wurden insgesamt über 3500 Proben für den von Behörden angeordneten Reihentest, der am Freitag mit Hilfe der Bundeswehr fortgesetzt wurde.
Focus Online: Samstag, 20.06.2020, 22:34