Kritik an Corona-Beschlüssen: „Ideenlos“, „chaotisch“, „Schock“
23. März 2021Die Tourismusbranche in Mecklenburg-Vorpommern wartet weiter vergeblich auf eine Öffnungsperspektive, den „kontaktarmen Urlaub“ wird es über Ostern nicht geben. Die Reaktionen auf die jüngsten Bund-Länder-Beschlüsse fallen entsprechend ernüchtert aus. Die Dehoga spricht von „maximaler Enttäuschung“, Usedomer Hoteliers sind fassungslos.
Die Erwartungen waren groß, nun ist die Enttäuschung da. Die Hoffnung auf einen „kontaktarmen Urlaub“ im eigenen Bundesland ist geplatzt. Der Vorschlag Mecklenburg-Vorpommerns, Schleswig-Holsteins, Niedersachsens, Sachsen-Anhalts und von Rheinland-Pfalz, den Bürgern Urlaub im eigenen Land zu ermöglichen, wurde bei den Bund-Länder-Beratungen nach intensiver Diskussion abgelehnt. Dazu sollte der Aufenthalt in Ferienwohnungen, Ferienhäusern, Appartements, Wohnwagen und Wohnmobilen wieder erlaubt werden, sofern diese über eigene Sanitäreinrichtungen verfügen und auch das Essen in Eigenregie organisiert werden kann. Immerhin: Es soll zusätzliche Hilfen für Gastronomie und Tourismus geben.
Weiter keine klare Perspektive für Gastgewerbe
Die Tourismusbranche hat enttäuscht auf die Ergebnisse reagiert. Sie falle von einer Enttäuschung in die nächste, bringe die größten Opfer und verliere zusehends Perspektiven, Personal und zum Teil die Existenz, erklärte der Geschäftsführer des Landestourismusverbandes, Tobias Woitendorf. Lars Schwarz, Arbeitgeberpräsident in MV und Dehoga-Präsident fand mit Blick auf den nächtlichen Gipfel klare Worte: Er sprach von „maximaler Enttäuschung über die ideenlosen und chaotischen Beschlüsse“. Es fehle eine klare Perspektive für die Branche und konkrete Festlegungen, was mit „ergänzenden Hilfsinstrumenten“ für Gastronomie und Tourismus gemeint sein könnte.
Hotelier auf Usedom: „Ein richtiger Schock“
Auch bei den Hoteliers auf der Insel Usedom trübt sich die Stimmung weiter ein. Während ihre Häuser weiterhin für Touristen geschlossen bleiben müssen, dürfen Urlauber aus Deutschland nach Mallorca reisen. „Das war für uns alle ein richtiger Schock“, sagt Anja Raffelt-Schäfer, die Geschäftsführerin des Hotels „Hanse-Kogge“ im Ostseebad Koserow: „Wir waren ja wirklich die ganze Zeit so fair, haben uns an alle Regeln gehalten.“ Und dann komme die Information, dass Touristen aus Deutschland auf Mallorca Urlaub machen könnten, aber an der Ostsee nicht.
„Wir sind startklar für ein sicheres Reisen ab Ostern“, sagte die Vorsitzende vom Tourismusverband Insel Usedom, Nadine Riethdorf. Die Lage der Branche sei angespannt, ohne baldige Öffnungen von Hotels werde es für manche brenzlig: „Die Unterstützungsleistungen sind ja auch nur unzureichend.“ Weder habe sein Unternehmen Klarheit darüber, wie die Lage wirtschaftlich überstanden werden könne, noch wüssten die Angestellten, wann es wieder losgehen könne, sagte der Geschäftsführer des Hotels „Zur Post“ im Seebad Bansin, Sebastian Ader.“Unser Hygienekonzept umfasst 30 Seiten, wir haben uns sehr viele Gedanken gemacht“, so Ader weiter. Auch das Robert Koch-Institut habe die Infektionsgefahr in Hotels als niedrig eingestuft, darum fühle er sich als Bauernopfer. Zudem sei die „Novemberhilfe“ erst vor einer Woche eingetroffen.
Unternehmer: „Was bedeutet „Zwangsschließung“ am Gründonnerstag?
Auch aus Reihen der Unternehmerschaft in Mecklenburg-Vorpommern gab es scharfe Kritik. „Wann werden die Regierungen endlich strategisch und vorausschauend agieren?“, fragte der Geschäftsführer des Unternehmerdachverbandes VUMV, Sven Müller, am Dienstag in Schwerin. Die Beschlüsse der jüngsten Ministerpräsidentenkonferenz würden mehr Fragen aufwerfen als Antworten geben. Es sei nicht klar, was die „Zwangsschließung“ am Gründonnerstag für die Betriebe bedeute und wer für Umsatzausfälle aufkomme. Vom Lockdown schon besonders betroffene Branchen wie Tourismus, Gaststätten und Veranstaltungen, tappten bei den zugesagten zusätzlichen Hilfen im Dunkeln, beklagte Müller.
Linke: „Lage wird zunehmend unerträglich“
Auch die Landtagsopposition sparte nicht mit klaren Worten an der Corona-Politik der Bundesregierung. „Für die Männer, Frauen, Jugendlichen und Kinder wird die Lage zunehmend unerträglich“, sagte die Linken-Fraktionsvorsitzende Simone Oldenburg. Die Bundesregierung habe seit Pandemie-Ausbruch in drei maßgeblichen Feldern kläglich versagt – von der Beschaffung der Masken über die Bestellung von zu wenig Impfstoff bis hin zur Unfähigkeit, ausreichend Tests zur Verfügung zu stellen. Der Landesregierung warf Oldenburg vor, dass das Impfen zu zögerlich umgesetzt werde.
Die FDP kritisierte das weiterhin geringe Impftempo und eine unzureichende Vorbereitung der Corona-Schnelltests, was zum Ansteigen der Infektionszahlen beigetragen habe. „Die Ergebnisse der MPK werfen Mecklenburg-Vorpommern zurück in einen strengen Lockdown und machen die zaghaften Öffnungsversuche zunichte“, so der FDP-Landesvorsitzende René Domke.