Radikaler Schritt der Regierung: Mallorca macht Party-Lokale dicht: Selbst lange Strohhalme sind jetzt verboten

15. Juli 2020 Aus Von mvp-web

Party-Schluss an Mallorcas Ballermann: Die Regierung der Balearen-Inseln stoppt den Sauftourismus und macht alle Lokale in den beiden großen Feierstraßen zu. Das „asoziale“ Verhalten der Touristen gefährde die Gesundheit aller, schimpft eine Verantwortliche des Hotelierverbandes.

Paukenschlag an der Playa de Palma: Wegen der Party-Exzesse deutscher Urlauber will die Balearen-Regierung per Dekret sämtliche Lokale an der „Bierstraße” genannten Calle Miquel Pellisa sowie an der „Schinkenstraße” (Calle del Pare Bartomeu Salvá) für mindestens zwei Monate schließen lassen.

Dazu gehören unter anderem Traditionsgaststätten wie das „Deutsche Eck”, die Kölsch-Kneipe „Et Dömsche” oder die Bar „Las Palmeras”.

Weg von Meter-Trinkhalmen und Stehtischen

Gleichermaßen soll mit der Straße „Punta Ballena” in Magaluf verfahren werden, in der sich vor allem britische Jugendliche abends vergnügen und in der es am vergangenen Wochenende ebenso zu Trinkgelagen ohne Einhaltung der Corona-Schutzmaßnahmen kam.

„Dieses asoziale und unverantwortliche Verhalten gefährdet die Gesundheit aller Menschen“, sagte die stellvertretende Präsidentin des Hotelierverbandes von Mallorca (FEHM), María José Aguiló, und verurteilte die illegalen Partys „aufs Schärfste“.

Die Hoteliers kennen die wirtschaftlichen Folgen des langen Corona-Lockdowns in Spanien nur zu gut – und wollen unter keinen Umständen, dass sich das wiederholt.

Stehtische mit Barhockern verboten

Die Entscheidung hat der „Govern” am Mittwochnachmittag im Rahmen einer Pressekonferenz bekanntgegeben. Einher geht die Schließung mit weiteren Verbotsmaßnahmen in diesen und in angrenzenden Party-Zonen.

Unter anderem sind lange Strohhalme in Zukunft nicht mehr gestattet, weil sie nach Meinung der Regierung das gemeinsame Trinken aus einem Glas fördern, was in Zeiten von Corona nicht empfehlenswert sei.

Auch Stehtische mit Barhockern will man nicht mehr sehen, vielmehr setze man in Zukunft auf niedrige Tische zum Sitzen – der Sicherheitsabstand sei so leichter einzuhalten.

Bis zu 600.000 Euro Strafe drohen

Bereits am kommenden Wochenende wollen die Behörden die Umsetzung dieser Maßnahmen mit einem Spezialaufgebot der Polizei kontrollieren und bei Verstößen hohe Bußgelder ausstellen. Barbetreiber, die sich nicht an die Regeln halten, werden mit bis zu 600.000 Euro zur Kasse gebeten.

Die Balearen-Regierung hatte in den vergangenen Tagen die Party-Exzesse an den Feiermeilen der Deutschen und der Briten heftig kritisiert. So etwas wolle man auf Mallorca nicht mehr sehen, insbesondere nicht in Corona-Zeiten.

Auch der deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagt, Mallorca dürfe „kein zweites Ischgl” werden, in Anspielung an die hohen Corona-Infektionszahlen in dem österreichischen Skiort im Winter.

Zahlreiche deutsche Medien sprangen direkt auf das Thema an, zumal kurz davor die strenge Maskenpflicht , die seit diesem Montag gilt, verkündet worden war. Für Ministerpräsidentin Francina Armengol waren die Bilder von betrunkenen und grölenden Jugendlichen an der Playa de Palma einmal mehr ein Argument dafür, dass nur mit einer strengen Maskenpflicht einer weiteren Ausbreitung des Coronavirus beizukommen sei.

Das Image der Insel, so die seit 2015 regierende Sozialistin, werde nicht etwa durch eine Maskenpflicht verschlechtert, sondern vielmehr durch mögliche neue Corona-Ausbrüche und den Sauftourismus.

Staatskanzlei holt die „Bazooka” raus

Nun also holt man in der Staatskanzlei die „Bazooka” raus – und trifft damit weniger die Feiertempel wie den Bierkönig oder das Bamboleo, die die Saison ohnehin abgeschrieben hatten, sondern eben jene Lokale, die eigentlich für einen gesitteten Playa-Betrieb standen.

Michael Bohrmann vom „Deutschen Eck” war am Mittwoch zu keiner Stellungnahme bereit. Auch Juan Ferrer vom Verband Palma Beach, der unter anderem das „Chiringuito” und das „Bonito” an der Ecke der ersten Meereslinie zur „Bierstraße” betreibt, meinte: „Es ist noch zu früh, das Ganze zu bewerten. Ich bin solidarisch mit meinen Kollegen, ich denke, die Polizei sollte mehr kontrollieren, was auf der Straße passiert. Stattdessen werden immer gleich die Kneipiers verantwortlich gemacht.”

Die Balearen-Regierung macht mit diesem Schritt jedenfalls auch den letzten Zweiflern klar, dass die Gesundheit der Bevölkerung über allen anderen Interessen steht, selbst wenn es um den Tourismus, den Wirtschaftsmotor der Insel, geht. Damit macht sie sich natürlich nicht nur Freunde.

Mallorca-Stars fordern auf Demo Ende der Corona-Auflagen

Am Mittwoch kam es unterhalb von Palmas Kathedrale, im Parc de la Mar, sowie vor der Staatskanzlei der Ministerpräsidentin am Uferboulevard zu einer Demo mit 500 Personen, meist Betreiber von Pubs, Bars, Diskotheken und Kneipen, die ein Ende der Corona-Auflagen und eine Wiederbelebung des Nachtlebens forderten.

Die Demonstranten hielten sich an die Auflagen und trugen fast allesamt Atemschutzmasken. Unter ihnen waren auch Ballermann-Größen wie Mickie Krause oder Peter Wackel.

Sie haben es derzeit schwer – keine Party, keine Auftritte. Wackel schrieb unlängst einen offenen Brief an die Balearen-Regierung, in dem er sich gegen die verschärfte Maskenpflicht aussprach.

Darin heißt es unter anderem: „Wir leben hier vom Tourismus! Mir scheint aber, dass die Politik gerade alles unternimmt, um diesen Sektor auf den Balearen zu zerstören. Warum sonst werden solcher Art unsinnige Maßnahmen, wie die Maskenpflicht im Freien, ergriffen, anstatt Mittel und Wege zu finden, diese Sommersaison – so weit machbar – zu retten?”
Diese dürfte, nach der Ankündigung der Lokal-Schließungen am Mittwoch, wohl Wackels kleinste Sorge sein.

Mehr zum Thema Party-Eskalation auf Mallorca

  • Kein Abstand und keine Maske, dafür Bier und Sangria in Strömen: Nicht nur am Ballermann auf Mallorca feiern Deutsche gerade so, als ob Corona schon vorbei wäre. „Was wir jetzt erleben, ist eine abrupte Selbstbefreiung der Jugend, die durch den Lockdown in einen staatlich verordneten Vorruhestand geschickt wurde“, sagt Stephan Grünewald.
  • Einige Monate war während der Corona-Hochphase selbst am Ballermann nichts los. Doch das hat sich geändert. Auf Mallorca starten die Partys wieder. Mit zum Teil extremen Ausmaßen. Schauspielerin Jenny Jürgens, die auf Mallorca lebt, regt sich heftig auf.
  • Seit wenigen Tagen gelten auf Mallorca und anderen Balearen-Inseln verschärfte Vorgaben zum Tragen von Masken. Wer sich nun in Restaurants, Stränden oder auch nur am Pool eines Hotels bewegen will, muss sich an strenge Regeln halten. Hier eine Übersicht.
Mittwoch, 15.07.2020, 17:05

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