Streit um Impfstoff: CDU wirft Schwesig Falschaussagen vor

25. Januar 2021 Aus Von mvp-web
Stand: 25.01.2021 16:45 Uhr

Der Kurs in der Corona-Pandemie wird zur Belastungsprobe für die rot-schwarze Koalition in Mecklenburg-Vorpommern. SPD und CDU beharken sich in der Diskussion um Impfstoffe gegenseitig. Die Opposition mahnt zur Zurückhaltung.

von Stefan Ludmann, NDR 1 Radio MV


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Ist das nur ein Sturm im Wasserglas oder ein handfester Koalitionskrach? Acht Monate vor der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern klingt der Ton zwischen SPD und CDU unfreundlich bis ruppig. „Manus Märchenstunde“ – so kanzelte am Wochenende CDU-Generalsekretär Wolfgang Waldmüller die Kritik von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) ab. Führende SPD-Politiker verteidigten Schwesig dagegen und schalteten auf Gegenangriff.

Schwesig kritisiert EU-Kommissionspräsidentin, Merkel und Spahn

Auslöser des Streits waren Schwesigs Äußerungen im ZDF und der „Bild“-Zeitung. Die Regierungschefin beklagte vermeintliche Fehler bei Bestellung und Einkauf der Impfdosen. Selbst Trump habe das besser hinbekommen, meinte Schwesig mit Blick auf die Corona-Politik des ehemaligen US-Präsidenten. Da sollte man nicht um den heißen Brei herumreden, so die Ministerpräsidentin in der Talk-Show „Maybrit Illner“. Sie würde sich wünschen, „dass Frau von der Leyen, Frau Merkel und Herr Spahn sagen, dass ist nicht gut gelaufen“. Alle drei Genannten gehören der Union an. „Das, was jetzt das Allerwichtigste ist, genug Impfstoff zu besorgen, hat nicht geklappt“, beschied die aus Schwerin zugeschaltete Schwesig. Es sei den Menschen nicht zu erklären, dass andere Länder mehr Impfstoff hätten „und wir nicht“, schimpfte sie.

Klöckner: „Sie weiß alles besser“

Erst vor einer Woche hatte sich Schwesig während der Corona-Beratung der Länderchefs schlagzeilenträchtig mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) angelegt – es ging um das Für und Wider von Schulschließungen im Lockdown. Mit ihren neuerlichen Attacken – dieses Mal beim Impfstoff – löste sie ein Trommelfeuer bei der CDU aus: Bundeslandwirtschaftsminister Julia Klöckner (CDU) meinte giftig, es sei schon ein interessanter Sport von Frau Schwesig. „Sie weiß alles besser, sie kann alles besser, sie hat es schon immer gewusst – und Schuld ist nur der Bund“, schrieb Klöckner auf Twitter. Der Generalsekretär der Bundes-CDU, Paul Ziemiak, meinte, Schwesigs Äußerungen seien ein plumpes Wahlkampfmanöver, Verantwortung gehe anders. Der Gesundheitspolitiker und CDU-Hinterbänkler im Bundestag aus Westmecklenburg, Dietrich Monstadt, nannte Schwesig eine „lupenreine Populistin.“

Waldmüller moniert Schwesigs „Falschbehauptung“

In Schwerin erläuterte CDU-Landesgeneralsekretär Waldmüller seine Kritik an Schwesigs Aussagen. Die Schwierigkeiten beim Impfstoff seien die Folge von Produktionsengpässen bei den Herstellern und nicht – wie Schwesig behaupte – von zu niedrigen Bestellzahlen: „Die Vorhaltungen, die da gemacht wurden, kann man nicht so stehen lassen.“ Schwesigs Äußerungen seien „Falschbehauptung“. Wahrscheinlich spiele da schon der Wahlkampf eine Rolle. Schwesigs SPD sitze aber in Berlin am Kabinettstisch, der Kurs in der Pandemie sei der Kurs der Koalition, so Waldmüller, der auch CDU-Fraktionschef ist.

SPD attackiert CDU-Landesvorsitzenden Sack

Schwesigs Vertraute blieben am Montag dabei. Es gehe um eine sachliche Debatte, meinte SPD-Generalsekretär Julian Barlen. Schwesig setze sich für mehr Impfstoff ein. „Das muss doch unser gemeinsames Ziel sein, Wahlkampf wäre völlig fehl am Platz.“ Ähnliches formulierte auch SPD-Fraktionschef Thomas Krüger: „Zur Sache gehört, dass wir erwarten, dass die Bundesregierung Impfstoffe besorgt, damit wir hier die Menschen schützen können.“ Nach dem Appell zur Sachlichkeit feuerte Krüger noch eine Breitseite gegen den CDU-Landesvorsitzenden Michael Sack. Der Landrat des Kreises Vorpommern-Greifswald habe am vergangenen Freitag statt durchgehend am MV-Gipfel teilzunehmen, Journalisten eingeladen, um die Impfstrategie der Landesregierung zu kritisieren. Es sei „mehr als unschön“, auf einer Pressekonferenz die für den MV-Gipfel verabredete Vertraulichkeit zu brechen.

Oldenburg: „Wie Kinder auf dem Spielplatz“

Genervt reagierte die Opposition. Linksfraktionschefin Simone Oldenburg findet, der Streit schüre doch nur Misstrauen: „Wir brauchen Ruhe, Sicherheit und Verlässlichkeit, aber die beiden Koalitionspartner streiten sich wie Kinder auf dem Spielplatz.“ Es gehe nicht darum, wer Schuld an der Impfstoff-Knappheit habe. Jetzt müsse das Problem gelöst werden. Am Mittwoch spielt die Sache eine Rolle im Landtag. Die Linke will die Koalition mit einem Eilantrag zum Ende Streits auffordern – Pandemie-Bekämpfung eigene sich nicht als Wahlkampfthema. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Monstadt meinte, Schwesig wolle nur von eigenen Fehlern ablenken. Mittlerweile sei Mecklenburg-Vorpommern bei den Inzidenz-Zahlen im Bundesvergleich nur noch im Mittelfeld. Schwesig trage mit ihrem weichen Kurs Verantwortung für die „hochschnellenden Infektionsraten“.