Auswertung von Net Check: Bundesnotbremse gescheitert? Frühwarnsystem zeigt, was Maßnahmen bislang bringen
1. Mai 2021Seit einer Woche gilt die Bundesnotbremse in Deutschland, sie soll die Pandemie eindämmen und die Kontakte weiter beschränken. Datenexperten analysieren, wie wirksam die damit vereinbarten Maßnahmen sind.
Am Freitag, dem 23. April, wurde deutschlandweit die sogenannte „Bundesnotbremse“ verhängt. Diese sieht gleiche Maßnahmen für alle Bundesländer vor, sobald die Inzidenz von 100 überschritten wird. Darin enthalten sind unter anderem Beschränkungen der Kontakte sowie Regelungen zu Geschäftsöffnungen, Freizeit- und Sportmöglichkeiten. Auch Ausgangssperren gelten nach der Bundesnotbremse in den Landkreisen mit erhöhter Inzidenz.
„Im Zeitraum zwischen 22 Uhr und 5 Uhr soll nur derjenige das Haus verlassen, der einen guten Grund hat – also etwa zur Arbeit geht, medizinische Hilfe braucht oder den Hund ausführen muss. Bis 24 Uhr wird es weiterhin möglich sein, alleine draußen zu joggen oder spazieren zu gehen“, heißt es vom Bundesgesundheitsministerium.
Bislang kein Effekt der Bundesnotbremse
Das Fazit der Experten ist bislang ernüchternd: „Für die gegenwärtige Bundesnotbremse beobachten wir bis dato einen ausbleibenden Effekt“, erklärt Net Check.
Vor Beginn der Maßnahme am 24. April 2021 habe es eine leichte Erhöhung des Kontaktindex gegeben. „Danach hat es auch keine Verringerung gegeben und die Daten deuten bis jetzt auf eine weiter zunehmende Kontaktsituation“, erklären die Experten weiter.
Die Bundesnotbremse müsse daher zumindest für die ersten Tage und im Blick auf die Gesamtlage in Deutschland „als gescheitert gelten“.
„Es kann aber durchaus sein, dass es in einzelnen Kreisen mit zuletzt hohen Inzidenzen eine Anpassung des Kontaktverhaltens gegeben hat. Wir sehen aber in unserer regionalen Analyse bisher dafür keine Anzeichen“.
Derzeit wird vor allem über die Ausgangssperre ab 22 Uhr diskutiert. Net Check hat sich die Daten dahingehend genauer angesehen und den Anteil der Zeit berechnet, die die Menschen zwischen 22 Uhr und 5 Uhr zuhause verbringen. Das Ergebnis: „Es zeigt sich, dass die Maßnahme in diesem Fall ohne Wirkung geblieben ist. Hamburg hatte eine Ausgangssperre seit Ostern, diese machte sich aber, wenn überhaupt, nur sehr kurzfristig am Wochenende nach Ostern bemerkbar. Seitdem geht der Zuhause-Anteil wieder zurück.“ Ebenso zeigten die Werte für andere Großstädte, die seit dem 24. April oder früher der Ausgangssperre unterliegen, keine Wirkung.
Ausgangssperre hat keine große Wirkung
Die Daten-Experten schlussfolgern daher, „dass eine Maßnahme, die schlecht kontrolliert werden kann, und auch nur halbherzig und ohne hohe Zustimmung der Bevölkerung umgesetzt wurde, keine große Wirkung hat“.
Auch Erfahrungen in anderen Ländern hätten gezeigt, wenn eine Ausgangssperre Erfolg haben soll, sollte sie bereits frühzeitig, ab 18 oder 20 Uhr, einsetzen. „Die Ausgangssperre ist damit eine Maßnahme für den äußersten Notfall, der in Deutschland durch die weiter abnehmenden Fallzahlen momentan nicht gegeben ist“, bilanzieren die Analysten von Net Check.
Eine gute Nachricht gibt es dennoch: Die Zahl auf den Intensivstationen sowie die der Neuinfektionen sinkt leicht. Die Experten vermuten hier in den Fallzahlen bereits die Wirkung der Impfungen. Ihre Prognose: „Wir erwarten eine weitere Entspannung der Lage in den nächsten Wochen trotz der leicht zunehmenden Kontaktzahl.“