Maskenproduktion und fragwürdige Finanzgeschäfte
31. Juli 2020Ein junges Unternehmen aus Bentwisch bei Rostock hat viel vor. Es geht um die Firma Adcada und eines ihrer neuen Geschäftsfelder: die Produktion von Mund-Nase-Schutzmasken. Eigentlich ein gutes Geschäft in Corona-Zeiten.
Die Firma will in Bentwisch Schutzmasken im großen Stil produzieren.
Das Produktionsziel: zwölf Millionen Atemschutzmasken pro Monat. Bis Anfang Juli wurden nur circa zwei Millionen hergestellt. Die vier aus China Mitte Mai eingeflogenen Produktionsmaschinen mussten zum Teil repariert werden.
16 Firmen unter dem Adcada-Dach
Produktion und Vertrieb der Masken sollen unter der im April 2020 gegründeten Adcada.healthcare GmbH laufen – eine von momentan insgesamt 16 Firmen unter dem Dach von Adcada. Die meisten davon haben ihren Sitz in Deutschland, drei in Liechtenstein und eine in Südafrika.
Maskenproduktion mit Maschinen aus China
Am 9. Juli befragt ein Reporter des NDR Ostseestudios Rostock den Geschäftsführer der Adcada Healthcare GmbH, Benjamin Kühn, in der Produktionshalle nach dem Stand der Produktion. Dieser antwortet: „Wir waren noch nicht am Anfang bei 100 Prozent, weil es einige technische Einstellungsprobleme mit den Maschinen gab, die jetzt behoben worden sind oder noch behoben werden. Wir sind schon dabei, täglich zu produzieren und wir erwarten, dass wir in etwa ein bis zwei Wochen dann bei 100-prozentigen Produktionsauslastung sind.“ Eine Aktualisierung dieser Aussage war auf Anfrage des NDR Ende Juli dem Unternehmen nicht möglich.
Adcada will also rund um die Uhr produzieren, vorausgesetzt alle Maschinen laufen wieder und alle Genehmigungen sind durch. Denn noch fehlen laut Landesamt für Gesundheit und Soziales Mecklenburg-Vorpommern (LAGuS) notwendige Unterlagen, damit das Unternehmen die Masken als Medizinprodukt offiziell herstellen und verkaufen darf. Welche Unterlagen dies konkret sind, darüber gibt die Sprecherin des LAGuS aus Datenschutzgründen keine Auskunft.
Finanzgeschäfte von Adcada in der Kritik
Was öffentlich ist: Das Unternehmen wirbt mit Anlageprodukten, Anleihen, sogenannten Bonds. Anleger könnten Geld in die Produktion von Atemschutzmasken investieren und für ihre Beteiligung mit hohen Renditen rechnen. Darüber, wie viele Anleger zurzeit Adcada-Wertpapiere halten, hat uns das Unternehmen auf Nachfrage keine Auskunft gegeben. Einige der Finanzgeschäfte stehen in der Kritik: So warnt Stiftung Warentest vor der Werbung für Finanzprodukte von Adcada. Diese erwecke einen soliden Eindruck, aber für Anleger sei das Geschäft riskant.
Kritik gibt es auch international – und zwar von der Finanzmarktaufsicht Liechtenstein (FMA). Dem Wertpapier Adcada.healthcare Bond würden sogenannte Prospekte fehlen. Die allerdings seien von der Europäischen Union vorgeschrieben. FMA-Sprecher Markus Müller sagt dazu im Interview mit dem NDR Nordmagazin: „Der Prospekt ist die Grundlage für die Anleger, um zu entscheiden, ob sie in ein Produkt investieren wollen oder nicht. (…) Die FMA warnt vor den Produkten adcada.healthcare Anleihe, adcada.money Hypozins und adcada.money Festzins. Es besteht der Verdacht auf Verstöße gegen das Prospektrecht. Die FMA hat Adcada deshalb untersagt, diese Anleihen öffentlich in Liechtenstein anzubieten.“
Adcada im Visier der BaFin
In Deutschland hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ähnliche Mängel festgestellt. Dazu nachgefragt bei Adcada kam am 13. Juli schriftlich Antwort von einem Anwalt des Unternehmens: „(…) gegen entsprechende Anordnungen der BaFin betreffend den Adcada.healthcare Bond setzt sich Adcada gerichtlich in vollem Umfang zur Wehr. Der Adcada.healthcare Bond stellt nach Ansicht von Adcada ein der Prospektpflicht von vornherein nicht unterfallendes, nicht öffentliches ‚Private Placement‘ dar (…)“. Der Bond fällt also nach Ansicht des Unternehmen Adcada nicht unter die Prospektpflicht. Die Auseinandersetzung wird derzeit am Verwaltungsgericht Frankfurt am Main ausgetragen.
Staatsanwaltschaft Rostock ermittelt
Außerdem ermittelt aktuell die Rostocker Staatsanwaltschaft gegen die Geschäftsführung der Adcada GmbH wegen des Vorwurfs des Kapitalanlagebetrugs und des unerlaubten Betreibens von Bankgeschäften. Mit Ergebnissen zu diesen Sachverhalten ist laut eines Sprechers der Staatsanwaltschaft möglicherweise im Herbst zu rechnen.