Verunreinigungen als Thrombose-Ursache?„Zu viel Fremdstoffe im Impfstoff“: Forscher fordern Nachbessern bei Astrazeneca

Verunreinigungen als Thrombose-Ursache?„Zu viel Fremdstoffe im Impfstoff“: Forscher fordern Nachbessern bei Astrazeneca

28. Mai 2021 Aus Von mvp-web

Forscher der Uniklinik Ulm haben im Astrazeneca-Impfstoff zahlreiche Proteine gefunden, die dort nicht hingehören. Ob sie etwas mit den Hirnvenenthrombosen einiger Impflinge zu tun haben, kann Studienleiter Stefan Kochanek nicht sagen. Er sieht in der Verunreinigung ein anderes Problem.

Als nach der Impfung mit dem Astrazeneca-Vakzin bei etlichen Menschen Sinusvenenthrombosen zusammen mit Blutplättchenabbau beobachtet wurden, gab es verschiedene Erklärungsversuche aus der Wissenschaft. Für Stefan Kochanek, der am Univerisitätsklinikum Ulm die Abteilung Gentherapie leitet, waren viele Aussagen nicht nachvollziehbar. Der Experte für Vektorviren als Transportmittel von genetischem Material für verschiedene Therapien sagte im Gespräch mit FOCUS Online: „Also etwa, dass der Virusvektor selbst mit den Blutplättchen interagiert, schien uns nicht sehr wahrscheinlich zu sein und das konnten wir im Experiment dann auch nicht beobachten.“

Der Wissenschaftler und sein Team nahmen sich dann den Astrazeneca-Impfstoff direkt vor und fanden darin viele menschliche Proteine, die sie dort nicht erwartet hatten. „In einem Impfstoff möchte man – soweit möglich – nichts drin haben, was eventuell Nebenwirkungen haben könnte.“

Astrazeneca: Proteinansammlung stammt aus dem Herstellungsprozess

Die als Verunreinigung geltenden Eiweiße sind im Herstellungsprozess des Astrazeneca-Impfstoffs „Vaxzevria“ entstanden beziehungsweise nicht richtig entfernt worden.

Dazu muss man wissen: Vaxzevria ist ein vektorbasierter Impfstoff. Dabei wird ein DNA-Bruchstück von Sars-CoV-2 mit einem Träger (Vektor) in Körperzellen bugsiert und regt dort die Bildung des Spike-Proteins des Coronavirus an. Der Vektor löst sich danach rasch auf. Das Immunsystem bildet in der Folge Antikörper und T-Zellen gegen das Spike-Protein. Beim nächsten Kontakt mit Sars-CoV-2 stehen die körpereigenen Abwehrkräfte bereit.

Beim Astrazeneca-Impfstoff dient ein für den Menschen harmloses Schimpansen-Adenovirus als Vektor. Diese Trägerviren werden auf menschlichen Zellen gezüchtet – in diesem Fall sind es sogenannte HEK-293-Zellen. Etwa 10.000 bis 100.000 Viren können laut Stefan Kochanek auf einer einzigen menschlichen Zelle heranwachsen. „Die Zellen werden dann ‚geerntet‘, die Viren freigesetzt und dann in Filtrationsschritten und weiteren Trennverfahren wie Chromatographie von den Zellproteinen befreit“ erklärt den Genmediziner. Es soll möglichst nur das „saubere“ Virus in den Impfstoff gelangen.

In den von ihnen untersuchten Proben aus drei unterschiedlichen Chargen des Astrazeneca-Impfstoffs fanden die Ulmer Wissenschaftler jedoch größere Mengen an Protein aus der menschlichen Produktionszelle. „Wir haben mit einer Silberfärbung, das ist eine gängige einfache Methode der Proteindarstellung, unser laboreigenes gereinigtes Adenovirus mit den Astrazeneca-Proben verglichen. Dort waren nicht nur die zu erwartenden Viruseiweiße drin, sondern viel mehr.“

Links das gereinigte Vergleichsvirus, rechts die drei Astrazeneca-Proben mit den Verunreinigungen

Krutzke et al., 2021 Abbildung 1 Links das gereinigte Vergleichsvirus, rechts die drei Astrazeneca-Proben mit den Verunreinigungen

Die Messung des Proteingehalts in den Vaxzevria-Impfstoffen bestätigte den optischen Eindruck. Statt der zu erwartenden 12,5 Mikrogramm pro Impfdosis lag er in einer Charge bei 32 Mikrogramm. Stefan Kochanek sagt: „Für uns waren diese vielen Proteine in den unterschiedlichen Chargen völlig unerwartet. Teilweise war mehr Eiweiß aus der Zelle enthalten als Impfstoff. Und das konnte nur aus dem Produktionsprozess stammen.“

 

Krutzke et al., 2021 Abbildung 2Die Anteile Virusprotein (grün) und menschliches Protein (blau) in den drei Untersuchten Chargen

Für Kochanek spricht alles dafür, dass hier die Aufreinigung, also die Abtrennung des Impfvirus von zellulären Eiweißen, nicht gut funktioniert hat. Von Schlamperei will er nicht sprechen. Völlig vermeiden ließen sich solche Verunreinigungen einem biologischen Präparat nicht. „Aber es gibt Methoden zu prüfen, ob und wie viele Zellkomponenten noch vorhanden sind. Dies wird üblicherweise nach der Aufreinigung mit geeigneten Testverfahren untersucht.“

Hitzeschockproteine könnten ein Risiko darstellen

Insgesamt hat die Chargenprüfung mehr als 1000 Eiweiße entdeckt. Die meisten davon hält Stefan Kochanek für unbedeutend und ungefährlich für Impfkandidaten. Anders sieht es möglicherweise mit den Hitzeschockproteinen (HSPs) aus. Sie sind in jeder Zelle in großer Zahl vorhanden und helfen bei der Faltung von Eiweißen. „Wenn Hitzeschockproteine sich außerhalb von Zellen befinden, wie hier im Impfstoff, dann können sie Immunantworten beeinflussen.“ Sie sollen auch Entzündungsreaktionen verstärken können. Und gerade diese HSPs waren in verblüffend großen Mengen in den Astrazeneca-Chargen vorhanden.