Sommerpause im Landtag: Viel Abschied zum Ende

Sommerpause im Landtag: Viel Abschied zum Ende

11. Juni 2021 Aus Von mvp-web
Stand: 11.06.2021 13:49 Uhr

Es sollte eine schöne Geste sein: Bevor der Landtag am Morgen zum wahrscheinlich letzten Mal vor Wahl in den parlamentarischen Alltag aus Debatte und Beratung startete, nahm sich Landtagspräsidentin Birgit Hesse (SPD) Zeit für die, die beim nächsten Mal nicht mehr dabei sind – weil sie nicht mehr kandidieren. Allerdings unterlief Hesse ein peinlicher Fehler.

von Stefan Ludmann, NDR 1 Radio MV Aktuell

Die CDU-Fraktion staunte nicht schlecht, als sie den Namem ihres Abgeordneten-Kollegen Holger Kliewe hörte. Landtagspräsidentin Hesse hatte gerade oben vom Pult verkündet, dass er beim nächsten Mal nicht mehr dabei ist und ihn neben vielen anderen quasi in den parlamentarischen Ruhestand geschickt. Die Sache hat nur einen Haken: Holger Kliewe denkt nicht an Ruhestand, er kandidiert wieder, er will seinen Wahlkreis auf Rügen direkt gewinnen und er steht auf der Kandidaten-Liste der Landes-CDU. Hesse bat um Entschuldigung nachdem ihr Landtagsdirektor Armin Tebben (SPD) hektisch eine Korrektur einflüsterte.

Abgeordnete packen Sachen

Es sind genau 19 von 71 Abgeordneten, die nicht wieder antreten. Die packen heute oder in den nächsten Tagen ihre Sachen. Jörg Heydorn, Sozialexperte der SPD, räumt sein Büro ebenso leer wie der CDU-Abgeordnete Egbert Liskow. Auch Mignon Schwencke von der Linksfraktion ist nicht mehr dabei, keine neue Runde im Landtag peilt auch Gunter Jess von der AfD an.

Emotionale Momente auf den Fluren

Es wehte also ein Hauch von Abschied durch die Flure. Und zwei, die wurden ganz besonders geherzt, weil sie solange dabei sind. Peter Ritter von der Linken und Lorenz Caffier. Der Ex-Innenminister von der CDU, startete seine Parlamentskarriere 1990, der 66-Jährige kennt alle und alles, sieben Wahlperioden hat er hinter sich. Ein „Urgestein“ nannte ihn Hesse in ihrer Würdigung, schlitzohrig und herzlich sei er. Nur einer ist genauso lange dabei wie Caffier. Agrarminister Till Backhaus (SPD), der dankte Caffier für die gemeinsame Zeit im Parlament. Sentimental – wie Backhaus auch sein kann – gab es in der Debatte um den Waldzustand ein Sonder-Lob für das Engagement des künftigen Parlaments-Veteranen im Kampf gegen Waldbrände: „Lorenz, auch Dir, noch mal vielen Dank für die Unterstützung.“

Vergessen sind politische Scharmützel

Vergessen sind heute die Kämpfe und Streitereien der vergangenen Jahre. Caffiers großer politischer Widersacher, Peter Ritter von der Linken, hat das Vierteljahrhundert auch schon längst voll, Ritter kam vier Jahre später, im Jahr 1994. Er sei ein absoluter Insider, ein leidenschaftlicher Streiter, lobte Hesse. Immer wieder lieferte sich Ritter mit Caffier parlamentarische Scharmützel – zur Arbeit des Verfassungsschutzes, zu rechtsextremen Polizisten oder für besseren Datenschutz. Seinen Kontrahenten Caffier, den hat der 62-Jährige in all den Jahren schätzen gelernt. Beide sind Sachsen, beide sind längst beim „Du“.

Appell für die Demokratie

Ritters Weggang sehen viele als Verlust. Der Bund der Kriminalbeamten zum Beispiel, der weint ihm auf Twitter mehr als eine Träne nach. Gestern, bei seiner letzten Rede, appellierte Ritter an CDU, SPD und seine Linke. Sie dürften es nicht zulassen, dass demokratiefeindliche Positionen mehrheitsfähig werden. Und einen kleinen Coup landete Caffier zum Schluss: Ausgerechnet in der Aktuellen Stunde, in der die SPD-Fraktion der Ministerpräsidentin den Wahlkampf-Teppich ausrollte – es ging mal wieder um gute Löhne – stellte sich Caffier ins Rampenlicht und die anderen in den Schatten.

Caffier lobt Bürgerinnen und Bürger

Nach der Rede Schwesigs und dem Abschluss-Beitrag des SPD-Abgeordneten Jochen Schulte nutzte er die übrige Redezeit seiner Fraktion. Mit dem Rückblick auf die Anfänge und die vergangenen 31 Jahre sagte Caffier, er habe den Eindruck, Politik werde zu theoretisch und behandele nicht mehr die Dinge, die die Menschen bewegten. Die Bürgerinnen und Bürger seien es nämlich, die den Wandel gemeistert hätten. „Viele Errungenschaften, mit denen sich die Politik gerne schmückt, sind vielmehr das Verdienst der Frauen und Männer im Land.“ Am Ende hörte es sich so an, als müsste Caffier eine Träne verdrücken.