Merkel-Warnung in interner Runde: Inzidenz „noch drei Mal so hoch wie vor zwölf Monaten“
21. Juni 202110.52 Uhr: Kanzlerin Angela Merkel hat trotz der einstelligen Werte bei den Corona-Inzidenzen vor Übermut gewarnt. Man sei bei einer erfreulichen Inzidenz unter zehn, sagte Merkel am Montag nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur aus Teilnehmerkreisen bei einer gemeinsamen Klausur der Spitzen von CDU und CSU zum Wahlprogramm der Union in Berlin.
Dies sei aber immer noch drei Mal so hoch wie vor zwölf Monaten. Man müsse „das richtige Maß an Freiheit und Vorsicht finden“, wurde sie zitiert. Es dürfe nicht vergessen werden: „Maske tragen ist immer noch das Einfachste.“ Die Pandemie werde erst zu Ende sein, wenn die ganze Welt geimpft sei. „Wir müssen an den Rest der Welt auch denken“, sagte Merkel demnach.
Trotz sinkender Corona-Zahlen in Deutschland gibt es verstärkt Sorgen wegen der ansteckenderen Delta-Variante des Coronavirus. Erstmals seit zehn Monaten hatten die Gesundheitsämter zuletzt weniger als 500 Neuinfektionen binnen eines Tages an das Robert Koch-Institut (RKI) gemeldet. So registrierte das RKI 346 neue Fälle, wie aus Zahlen vom Montagmorgen hervorgeht. Die Sieben-Tage-Inzidenz gab das RKI mit bundesweit 8,6 an (Vortag: 8,8; Vorwoche: 16,6; Vormonat: 67,3).
Leopoldina: Schulen langfristig offen halten
10.01 Uhr: Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina empfiehlt, Deutschlands Schulen und Kindergärten in der Pandemie offen zu halten und so Präsenzunterricht für alle Schüler zu ermöglichen. Dies sei die effektivste Art des Lernens, hieß es in einer am Montag veröffentlichten Stellungnahme. Die Öffnungen sollten aber von „geeigneten Schutzmaßnahmen“ begleitet werden. Darüber hinaus sprachen sich die Wissenschaftler dafür aus, den digitalen Ausbau an den Bildungseinrichtungen zu beschleunigen.
Es gebe die klare Perspektive, dass der Schulbetrieb im neuen Schuljahr mit allen Aspekten wieder aufgenommen werden könne, hieß es zuletzt von der Kultusministerkonferenz der Länder (KMK). Der Präsenzunterricht sei durch andere Varianten des Lernens nicht zu ersetzen. Die Ministerinnen und Minister hatten bei ihrer Videokonferenz bereits vergangene Woche vereinbart, dass alle Schulen nach den Sommerferien „dauerhaft im Regelbetrieb (…) mit allen Schulfächern und Unterrichtsstunden“ besucht werden sollen. Regelbetrieb bedeute, dass Unterricht in der Schule ohne weitere Einschränkungen erteilt und das schulische Leben wieder ermöglicht werde, heißt es in einem Beschluss.
Die Forscher der Leopoldina legten während der Pandemie mehrere Stellungnahmen zum Umgang mit dem Virus an den Schulen vor. In der jetzt veröffentlichten regen sie auch an, Programme zur Förderung eines gesunden Lebensstils an den Schulen zu unterstützen. Außerdem sollten die Schüler und Schülerinnen gezielt bei ihrer psychosozialen Entwicklung gefördert werden.
Studie: Distanzunterricht unergiebig
08.32 Uhr: Eine Studie hat dem Distanzunterricht während der Corona-Krise unterdessen ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. Forscher der Frankfurter Goethe-Universität haben sich dafür Daten aus aller Welt angesehen – das Ergebnis ist ernüchternd: „Die durchschnittliche Kompetenzentwicklung während der Schulschließungen im Frühjahr 2020 ist als Stagnation mit Tendenz zu Kompetenzeinbußen zu bezeichnen und liegt damit im Bereich der Effekte von Sommerferien“, erklärte Prof. Andreas Frey, der an der Goethe-Universität Pädagogische Psychologie lehrt, einer der Autoren der Studie.
Für die Studie hatten Forscherinnen und Forscher in einem systematischen Review mit wissenschaftlichen Datenbanken weltweit jene Studien identifiziert, die über die Auswirkungen der coronabedingten Schulschließungen auf die Leistungen und Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern berichteten. „Wir haben nur forschungsmethodisch hochwertige Publikationen berücksichtigt, die eindeutige Rückschlüsse auf die Wirkung coronabedingter Schulschließungen auf den Kompetenzerwerb von Schülerinnen und Schülern erlauben und geeignete Tests zur Leistungs- oder Kompetenzmessung einsetzten“, erklärte Frey.
Besonders stark seien Kompetenzeinbußen bei Kindern und Jugendlichen aus sozial schwachen Elternhäusern. „Hiermit sind die bisherigen Vermutungen durch empirische Evidenz belegt: Die Schere zwischen Arm und Reich hat sich während der ersten coronabedingten Schulschließungen noch weiter geöffnet“, schlussfolgerte Frey. Allerdings gebe es auch erste Anhaltspunkte dafür, dass die Effekte der späteren Schulschließungen ab Winter nicht zwangsläufig ebenso drastisch ausfallen müssen: Inzwischen habe sich die Online-Lehre vielerorts verbessert.
Bouffier schließt Rückkehr zu Kontaktbeschränkungen wegen Delta-Variante nicht aus
06.24 Uhr: Wegen der sich auch in Deutschland ausbreitenden ansteckenderen Delta-Variante des Coronavirus schließt Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) eine Rückkehr zu Kontaktbeschränkungen nicht aus. Ob es zu einer vierten Welle komme, hänge entscheidend von der Wirksamkeit der Impfstoffe gegen die Delta-Variante und der Höhe der Impfquote in der Bevölkerung ab, sagte Bouffier dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
Er rechne damit, dass die zuerst in Indien entdeckte Delta-Variante in einem Monat auch in Deutschland die vorherrschende Virusvariante sei, sagte der hessische Regierungschef. Dann stelle sich die Frage: „Wie wirkt welches Vakzin auf sie?“ Davon hänge ab, „ob wir eine vierte Welle bekommen und wieder zu Kontaktbeschränkungen zurückkehren. Ausschließen können wir das nicht.“
Im Unterschied zum vergangenen Jahr gebe es jetzt eine fortschreitende Impfquote und ausreichend Testmöglichkeiten. Einiges sei aber unklar. „Zur Stunde kann niemand beantworten, wann Auffrischungsimpfungen nötig sind – nach acht Monaten oder zwölf?“ Bund und Länder setzten darauf, dass Wissenschaftler diese Frage im August beantworten könnten. Dann wollen die Ministerpräsidenten mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wieder über die Pandemielage und weitere Maßnahmen beraten.