Merkel besucht Flutgebiete „Wir stehen an Ihrer Seite – Bund und Land“
18. Juli 2021Stand: 18.07.2021 15:28 Uhr
Kanzlerin Merkel hat sich in der Eifel ein Bild von der Flutkatastrophe gemacht. Sie sprach von „gespenstischen Bildern“. Zusammen mit Ministerpräsident Dreyer versprach sie schnelle Hilfen und mahnte mehr Klimaschutz an.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat bei ihrem Besuch in den vom Hochwasser schwer getroffenen Gebieten in Rheinland-Pfalz schnelle Hilfe angekündigt. „Wir stehen an Ihrer Seite – Bund und Land“, sagte sie in Adenau im rheinland-pfälzischen Kreis Ahrweiler. Sie sei gekommen, um sich ein reales Bild von den surrealen, „gespenstischen Bildern“ vor Ort zu machen, sagte Merkel.
Man sehe, mit „welcher Gewalt die Natur agieren kann“. Merkel versprach mehr Anstrengungen beim Klimaschutz. „Wir werden uns dieser Naturgewalt entgegenstemmen – kurzfristig, aber auch mittel- und langfristig.“ Es bedürfe einer Politik, „die die Natur und das Klima mehr in Betracht zieht, als wir das in den letzten Jahren gemacht haben“.
„Schritt für Schritt in Ordnung bringen“
Bund und Land würden nun gemeinsam handeln, „um die Welt Schritt für Schritt in Ordnung zu bringen in dieser wunderschönen Gegend“, sagte Merkel. Am Mittwoch werde das Kabinett in Berlin ein Programm für schnelle Hilfe verabschieden. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte hierfür bereits die Summe von 300 Millionen Euro genannt.
Die Kanzlerin versicherte, neben schneller Hilfe werde der Bund langfristig Unterstützung leisten. Sie werde Ende August wiederkommen – „damit wir das Langer-Atem-Haben deutlich machen“.
„Werden nicht ruhen, bis die Menschen gefunden werden“
Begleitet wurde die Kanzlerin unter anderem von der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD). Wie zuvor schon Merkel, bedankte auch sie sich ausdrücklich bei den Einsatzkräften und den Lokalpolitikern vor Ort.
Sie gehe von einem „Kraftakt auf lange, lange Zeit“ aus, bis der Wiederaufbau in den betroffenen Gebieten bewältigt ist. „Es wird lange dauern, bis die Leute wieder sagen können: Ich erkenne meine Heimat wieder“, sagte Dreyer. Vorrang habe nun die Suche nach den noch immer Vermissten. „Wir werden nicht ruhen, bis die Menschen, die vermisst werden, gefunden werden“, versprach sie.
Mindestens 157 Todesopfer
Bei der schwersten Hochwasserkatastrophe in Deutschland seit Jahrzehnten wurden viele Häuser zerstört. Brücken, Straßen und Bahnstrecken liegen in Trümmern. In vielen von der Flut schwer getroffenen Gebieten dauert die Suche nach Vermissten weiter an. Es wird damit gerechnet, dass die Zahl der Todesopfer weiter steigt.
Bisher kamen allein im rheinland-pfälzischen Kreis Ahrweiler nach Polizeiangaben mindestens 110 Menschen ums Leben, 670 wurden verletzt. In Nordrhein-Westfalen lag die Zahl der bestätigten Todesopfer bei 46. Bei den Überflutungen in Bayern starb mindestens ein Mensch.
Suche nach Angehörigen in Erftstadt
Auch in Erftstadt westlich von Köln suchen zahlreiche Menschen noch nach ihren Angehörigen. 34 Menschen wurden bei der „Personenauskunftsstelle“ der Stadt gemeldet, deren Aufenthaltsort ungewiss ist, sagte ein Sprecher des Rhein-Erft-Kreises. Noch am Samstag lag die Zahl der Gesuchten bei 59. „Es konnten zum Glück schon einige gefunden werden“, sagte der Sprecher.
Im Stadtteil Blessem wollen Fachleute die Stabilität des Untergrunds prüfen. Sie sollen nach Angaben der Stadt die Abbruchkanten eines Erdrutsches untersuchen. Die Lage sei unverändert angespannt. In Blessem war durch die Fluten ein riesiger Krater entstanden. Mindestens drei Wohnhäuser und ein Teil der Burg stürzten ein.
Einen Rückschlag gab es bei Euskirchen an der Steinbachtalsperre südwestlich von Bonn. Dort fließt das Wasser langsamer als erwartet ab. Deshalb sollten Experten die Lage des von einem Bruch bedrohten Staudamms neu bewerten, wie die Bezirksregierung Köln mitteilte. Eigentlich hatten die Behörden gehofft, Entwarnung geben zu können. Aus der Talsperre wird Wasser abgelassen, um Druck von dem Damm zu nehmen.