Nord Stream 2: Schwesig besucht Sassnitz-Mukran
11. September 2020Mitten im Streit um den Weiterbau der Erdgas-Pipeline Nord Stream 2 hat Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) den Hafen Sassnitz-Mukran auf Rügen besucht.
Nach der Teilnahme an einer Mitarbeiterversammlung forderte Schwesig die Bundesregierung auf, sich zur Fertigstellung der Pipeline zu bekennen und US-amerikanische Sanktionsdrohungen zurückzuweisen. Unabhängig von der Debatte um die Vergiftung des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny müsse die grundsätzliche Frage beantwortet werden, „ob Deutschland zulassen kann, dass die USA aus wirtschaftlichem Interesse Unternehmen und Arbeitsplätze in Deutschland bedrohen.“
Hafen kein „Spielball der Weltpolitik“
Außerdem dürfe der kleine Hafen Sassnitz-Mukran nicht Spielball weltpolitischer Interessen werden. Der Hafen, seine Eigentümer und Mitarbeiter würden seit Wochen von US-Politikern unter Druck gesetzt, sich nicht am Weiterbau der Ostsee-Pipeline von Russland nach Deutschland zu beteiligen. Die US-Politiker wollten allein aus wirtschaftlichen Interessen die Pipeline verhindern, damit mehr sogenanntes Fracking-Gas aus den USA nach Europa verkauft werden kann, unterstellte Schwesig.
Energie-Expertin: Nord Stream 2 nicht notwendig
Die Energie-Expertin am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, Claudia Kemfert, hält Nord Stream 2 unterdessen aus deutscher Sicht nicht für unbedingt notwendig. Es gebe eine existierende Infrastruktur, die genutzt werden könne, sagte sie dem NDR Nordmagazin. Außerdem werde der Erdgas-Bedarf sinken, wenn die Klimaschutz-Ziele, die sich Europa gesetzt habe, ernst genommen werden. „Deshalb brauchen wir keine neue fossile Erdgas-Infrastruktur“, so die Professorin. Europa habe sich vorgenommen, aus vielen Ländern Gas zu beziehen, „so dass wir auch stärker auf die Diversifikation der Erdgas-Importe setzen sollten“. Ein Aus für Nord Stream 2 hätte unmittelbare Folgen für die beteiligten Unternehmen, weil sie Abschreibungen vornehmen müssten, räumte Kemfert ein. Es würde aber vor allem auch die russische Seite treffen, „weil man dort auf die Einnahmen aus dem Erdgasverkauf sehr stark angewiesen ist“.
Verlegeschiffe warten im Hafen
Der Streit um die Pipeline hatte sich in den vergangenen Tagen nach der Vergiftung des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny noch einmal verschärft. Im Hafen Sassnitz-Mukran wurden die Rohre für die Pipeline mit Beton ummantelt. Dort liegen noch immer mehr als 1.000 Rohre, mit denen die letzten 150 Kilometer des insgesamt 2.360 Kilometer langen Stranges vollendet werden sollen. Im Hafen ankern inzwischen zwei Wohnschiffe für Arbeiter der Verlegeschiffe, die derzeit jedoch noch nicht wieder im Einsatz sind.