„Korrupt“ – Grünen-Kandidatin beklebt Wahlplakate
2. September 2021Die Greifswalder Grünen-Bundestagskandidatin Katharina Horn hat eingeräumt, Wahlplakate des CDU-Landtagswahl-Spitzenkandidaten Michael Sack und der FDP mit „Korrupt“-Aufklebern beklebt zu haben. Der Grünen-Landesvorsitzende Ole Krüger sieht die Grenze zur Unfairness „klar überschritten“. Parteiinterne Konsequenzen hat Horn aber offenbar nicht zu fürchten. „Unbegreiflich“, „unakzeptabel“, heißt es von CDU und FDP.
Horn räumte am Donnerstag ein, in zehn Fällen Plakate überklebt zu haben. Die Polizei hatte die 23-Jährige auf frischer Tat ertappt. Eine Polizeistreife hatte am vergangenen Freitag in der Nähe des Volksstadions in Greifswald beobachtet, wie Horn auf den Schultern eines 21-jährigen Mannes aus Greifswald saß und Wahlplakate beklebte. Als sie die beiden Beamten bemerkt hatten, seien sie geflohen, so die Polizei. Nach kurzer Zeit wurden Horn und ihr Bekannter gestellt. In ihrem Rucksack seien weitere hunderte Aufkleber gefunden worden, so die Polizei weiter. Insgesamt sind sechs Wahlplakate Sacks und vier von der FDP mit dem Aufkleber „korrupt“ von der Polizei in Greifswald sichergestellt worden.
Horn: „Habe mich hinreißen lassen“
Horn sitzt seit 2018 in der Greifswalder Bürgerschaft, ist Sprecherin der Grünen Jugend in Mecklenburg-Vorpommern und steht auf Platz zwei der Landesliste für die Bundestagswahl. Sie tritt im selben Wahlkreis wie Philipp Amthor von der CDU an. Auf ihrer Webseite schrieb sie: „Ich habe mich vor dem Hintergrund der Wahlauseinandersetzung, der Debatten um Maskendeals und Korruptionsvorwürfe leider dazu hinreißen lassen, ein paar Plakate der CDU mit Stickern zu bekleben.“ Ihr droht eine Anzeige wegen Sachbeschädigung. Dabei handelt es sich um eine Straftat. Es drohen eine Geldstrafe oder bis zu zwei Jahre Haft. Zudem kommt eine Anzeige wegen einer politisch-motivierten Straftat in Betracht. Nach Angaben des Landeskriminalamtes (LKA) sind mit Stand 1. September in diesem Wahlkampf im Nordosten 483 Sachbeschädigungen an Wahlplakaten aktenkundig. In 149 Fällen traf es die AfD, in 105 Fällen die SPD und in 42 Fällen die CDU.
Grünen-Landeschef verurteilt Aktion
Grünen-Landeschef Ole Krüger verurteilte die Aktion gegenüber NDR MV LIVE: „Das Bekleben, Beschriften oder Umgestalten von Wahlplakaten ist nicht die Art und Weise, wie wir als Bündnis 90/Die Grünen den politischen Diskurs führen. Das ist etwas, das Weike Bandlow und ich in unserer Funktion als Landesvorsitzende heute im direkten Telefonat mit Katharina deutlich gemacht haben.“ Das Gespräch sei sehr konstruktiv und offen verlaufen. „Katharina hat einen Fehler gemacht. Sie hat eingestanden, das sie übers Ziel hinaus geschossen hat.“ Horn habe sich bereits am Vormittag telefonisch bei Sack entschuldigt, dieser habe die Entschuldigung angenommen.
Offenbar keine parteiinternen Konsequenzen
Parteiinterne Konsequenzen für die um ein Bundestagsmandat kandidierende Horn hat diese offenbar nicht zu befürchten. Ob sie in den Bundestag komme, „entscheiden die Bürgerinnen und Bürger mit ihrer Stimme. Katharina hat jetzt noch vier Wochen Zeit, um von sich und ihrer Politik zu überzeugen und ich bin sicher, dass ihr das gelingen wird“, so Krüger. Warum Horn die Plakate Sacks und nicht die des sich im Zuge der Augustus-Intelligence-Affäre Korruptionsvorwürfen ausgesetzt sehenden Philipp Amthors beklebt hat, konnte Krüger nicht beantworten.
Bandlow: Von Korruptions-Fällen der CDU „stark getroffen“
Die Grünen-Co-Landesvorsitzende Weike Bandlow zeigte ein gewisses Verständnis für Horns Beweggründe. „Die zahlreichen Korruptions-Fälle, mit der die CDU das Vertrauen in die Politik massiv beschädigt hat, haben unsere Kandidatin stark getroffen“, so Bandlow in einer Pressemitteilung. Gleichwohl entspreche die Beschädigung von Wahlplakaten nicht „der Art und Weise, wie wir uns mit den politischen Mitbewerbern auseinandersetzen.“ In Zukunft werde Horn wieder die regulären Möglichkeiten der politischen Auseinandersetzung nutzen, wie etwa Podiumsdiskussionen, so Bandlow.
Amthor: „Ein unglaublicher Vorgang“, „absurdes Demokratieverständnis“
Horns Wahlkreis-Konkurrent von der CDU, Philipp Amthor, übte bei NDR MV LIVE scharfe Kritik: „Das ist ein unglaublicher Vorgang. Ich konnte das gar nicht fassen.“ Die Fälle von Wahlplakatbeschädigungen seien leider keine Seltenheit. „Dass aber eine Kandidatin solch ein Verständnis an den Tag legt und dass das dann von manchem Politiker noch als kleiner Studentenstreich abgetan wird, finde ich völlig unangemessen.“ Dies offenbare ein „absurdes Demokratie- und Eigentumsverständnis.“ Ob Horn für ein Bundestagsmandat geeigent sei, „müssen die Grünen für sich entscheiden.“
FDP stellt Horns Eignung als Bundestagsabgeordnete infrage
„Wir erleben, dass es immer mehr wird, dass unsere Plakate zerstört oder beschädigt werden. Und wenn ein politischer Mitbewerber das tut – eine Kandidatin für den Deutschen Bundestag – dann hat das eine besondere Qualität“, sagte Gerd-Martin Rappen von der CDU Greifswald NDR MV LIVE. „Das ist für uns unbegreiflich.“ Für David Wulff von der Greifswalder FDP geht der Vorfall weit über das Thema Sachbeschädigung hinaus. „Wir sind hier im Bereich eines politischen Wahlkampfes, der bei Weitem den Fairplay-Ground verlassen hat.“ Die Kandidatin müsse sich selbst fragen, ob sie ernsthaft in den Bundestag einziehen wolle. Die Plakataktion sei eine politisch motivierte Straftat und entlarve die Grünen endgültig als demokratieunfähig oder -unwillig, konstatierte AfD-Landeschef Leif-Erik Holm, der ebenfalls in Vorpommern für den Bundestag kandidiert. Er forderte Horn auf, ihre Kandidatur zurückzuziehen.