Knallharte 2G-Regel, Finanzeinbußen: Das droht Impfverweigerern in den Bundesländern
14. September 2021Mit dem Herbst steigen erfahrungsgemäß auch die Corona-Inzidenzen wieder. Ein pauschaler Lockdown ist für die meisten Politiker jedoch keine Option mehr. Schließlich sollen Geimpfte so viel Freiheit wie möglich behalten. Doch auf welche Regeln müssen sich die Pandemie-treibenden Ungeimpften einstellen?
Die Gründe, warum sich Menschen in Deutschland nicht gegen Corona impfen lassen möchten, sind vielfältig – und zukünftig auch mit einigen Nachteilen verbunden. Denn in Anbetracht des zunehmenden Infektionsgeschehens planen einige Bundesländer, eine 2G-Regel einzuführen.
Diese besagt, dass nur geimpfte und genesene Personen bestimmte Einrichtungen und Veranstaltungen besuchen dürfen. Ungeimpfte, die im bisherigen 3G-Modell unter Vorlage eines negativen Corona-Tests noch Zutritt zu Geschäften, Restaurants und Museen erhielten, würden dann ausgeschlossen.
Welche Bundesländer eine derartige 2G-Option planen, hat FOCUS Online für Sie in Erfahrung gebracht.
Hamburg führte 2G-Regel schon Ende August ein
Das 2G-Modell ist in Hamburg bereits seit Ende August in Teilen gelebte Praxis. Zwar haben gastronomische Betriebe, Veranstalter und kulturelle Einrichtungen die Wahl, ob sie ungeimpften Personen Zutritt zu ihrer Lokalität gewähren oder nicht.
Im Falle der 2G-Option entfallen jedoch diverse Corona-Beschränkungen wie Abstandsregeln, außerdem können die Dienstleister dann mehr Besucher willkommen heißen. Entscheiden sie sich für das 3G-Modell, sind zwar auch nicht-geimpfte Personen willkommen – allerdings greifen dann die Einschränkungen wieder.
Für eine freiwillige 2G-Option hat sich an diesem Dienstag auch Hamburgs Nachbarbundesland Niedersachsen entschieden. Wie Regierungschef Stephan Weil (SPD) im Landtag in Hannover ankündigte, dürfen künftig etwa Gastronomen sowie Betriebe in Bereichen wie Kultur und Sport auf eigenen Wunsch hin nur Geimpfte und Genesene einlassen. Besucher, die lediglich einen Coronatest vorlegen, müssten draußen bleiben.
Im Gegenzug wird die Masken- und Abstandspflicht ausgesetzt. In den Clubs und Diskotheken des Landes greife die 2G-Regelung schon. Da sie „durchweg guten Erfolg“ zeige, solle sie weiter ausgeweitet werden, sagte Weil.
Baden-Württemberg optiert auch für freiwillige 2G-Regel
Bereits einen Tag zuvor hatte sich auch Baden-Württemberg darauf geeinigt, ab bestimmten Warnstufen die 2G-Regel einzuführen und ungeimpfte Personen aus gewissen Bereichen des öffentlichen Lebens auszuschließen.
„Ein Blick auf die Zahlen zeigt, dass die Infektionen derzeit fast ausschließlich unter den nicht-geimpften Menschen stattfinden“, sagte Landesgesundheitsminister Manne Lucha. Rund 90 Prozent der Menschen, die derzeit mit schweren Corona-Verläufen auf den Intensivstationen behandelt würden, seien ungeimpft.
„Deshalb müssen die Maßnahmen bei und nicht zuletzt zum Schutz jener Personengruppe ansetzen, die maßgeblich zum Infektionsgeschehen und der Belastung des Gesundheitssystems beiträgt“, erklärte er die geplanten Einschränkungen für Nicht-Geimpfte.
Sachsen: Wenn Schwellenwert überschritten wird, kommt 2G-Modell
Ein ähnliches Bild zeichnet sich auch in Sachsen. „Sachsen verfolgt ein abgestuftes Vorgehen“, teilt das Sozialministerium Sachsen auf Anfrage von FOCUS Online mit. Bereits jetzt gelte ab einer 7-Tage-Inzidenz von 35 für eine Vielzahl von Angeboten und Einrichtungen die 3G-Regel, die einen Geimpften-, Genesenen- oder negativen Testnachweis erfordere. Erhöht sich das Infektionsgeschehen, kommt es zu Einschränkungen für nicht-geimpfte Personen.
„Mit Erreichen der Überlastungsstufe, also des Schwellenwerts von 1.300 mit Covid-19-Patienten belegten Krankenhausbetten auf Normalstation beziehungsweise 420 Betten auf Intensivstation, haben für das gleiche Spektrum von Einrichtungen und Angeboten nur noch Geimpfte und Genese Zugang“, teilt das Sozialministerium mit.
Für Personengruppen, die wegen fehlender Impfempfehlungen nicht gegen Corona geimpft werden dürfen, würden jedoch Ausnahmen bestehen.
Rheinland-Pfalz ist der Hardliner unter den Bundesländern
Als regelrechter Hardliner unter den Bundesländern gilt hingegen Rheinland-Pfalz. Dort gilt nicht nur eine sogenannte 2G-Plus-Regelung, die Ungeimpften ab gewissen Warnstufen den Zugang zu Einrichtungen wie Geschäften oder Restaurants untersagt.
Auch Entschädigungszahlungen für nicht-geimpfte Personen, die wegen einer Corona-Infektion in Quarantäne müssen und ihrem Beruf nicht nachgehen können, wird es ab dem 1. Oktober nicht mehr geben. Schließlich hätten die Betroffenen einer häuslichen Isolation durch eine Impfung vorbeugen können, argumentiert die Regierung um Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD).
Alle Länder ziehen an – nur Schleswig-Holstein lässt locker
Schleswig-Holstein fährt bei der Pandemie-Bekämpfung hingegen eine ganz andere Strategie: Anstatt die Stellschrauben für nicht-geimpfte Personen enger zu drehen, lockert das Küstenland sie. Das lässt eine neue Verordnung erahnen, die derzeit ausgearbeitet wird und am 20. September in Kraft tritt.
„Einschränkungen werden dann grundsätzlich in den Bereichen aufgehoben, in denen die 3G-Regelung gilt. Das bedeutet, dass auch Ungeimpfte mittels Test an Angeboten in Innenräumen weiter teilnehmen können“, erklärt Marius Livschütz, Pressesprecher des Gesundheitsministeriums von Schleswig-Holstein, im Gespräch mit FOCUS Online. „Kern der geplanten Verordnung ab 20. September ist, dass Vorgaben zur Einhaltung des Abstandsgebots, die Erhebung der Kontaktdaten in Innenbereichen größtenteils und in zahlreichen Bereichen auch die Maskenpflicht für vollständig Geimpfte, Genesene und negativ Getestete (3G) entfallen.“
Dank der weit fortgeschrittenen Impfkampagne, des stabilen Infektionsgeschehens und der geringen Auslastung der Intensivkapazitäten sei ein derartiger Paradigmenwechsel möglich. Sollte sich die Corona-Lage verschärfen, sei ein Übergang zu einer 2G-Regelung mit 3G-Option vorgesehen.
Im Falle einer Abflachung des Infektionsgeschehens könnten Maßnahmen hingegen komplett entfallen. „Beiden Anpassungsmöglichkeiten in beide Richtungen geht eine Prüfung der jeweils aktuellen Situation voraus“, sagt Livschütz.