Corona-Pandemie Ärzteverband für berufsbezogene Impfpflicht

Corona-Pandemie Ärzteverband für berufsbezogene Impfpflicht

6. November 2021 Aus Von mvp-web
Stand: 06.11.2021 11:08 Uhr

Der Marburger Bund hat sich für eine berufsbezogene Impfpflicht ausgesprochen. Sie solle für Personen gelten, die in medizinischen Einrichtungen, Alten- und Pflegeheimen sowie Schulen und Kindertagesstätten tätig sind.

Der Ärzteverband Marburger Bund hat sich bei seiner Hauptversammlung für eine berufsbezogene Impfpflicht in Deutschland ausgesprochen. Die Pflicht zur Schutzimpfung gegen das Coronavirus soll demnach für Personen gelten, die in medizinischen Einrichtungen, Alten- und Pflegeheimen sowie Schulen und Kindertagesstätten tätig sind.

Nach Angaben des Verbandes hätten Ärztevertreter die Sorge geäußert, dass ohne berufsbezogene Impfpflicht viele besonders vulnerable Personengruppen erheblich gefährdet sein könnten – unter anderem im Hinblick auf steigende Infektionszahlen vor allem bei Kindern, zunehmende Impfdurchbrüche und teils zu niedrige Impfquoten der Beschäftigten. Die Einführung einer Impfpflicht solle in Anlehnung an die bereits bestehende Masern-Impfpflicht geschehen.

„Verpflichtung des Personals, Betreute zu schützen“

Diese Impfpflicht durchzusetzen sei zwar schwer, so die Vorsitzende des Marburger Bunds, Susannne Johna, im BR. „Auf der anderen Seite haben wir beispielweise für dieses Personal ja eine Masern-Impfpflicht, die wir ja nicht bei jeder einzelnen Person verfolgen wollen. Sondern wir sagen: Es ist eine Verpflichtung des Personals, die Patienten, die Betreuten zu schützen.“ Dazu gehöre auch, gegen Covid-19 geimpft zu sein. Arbeitgeber müssten das überprüfen.

Corona-Regeln Hausärztechef für Impfpflicht beim Pflegepersonal

Den Ausschluss der Impfpflicht hält Hausärztechef Weigeldt für den „größten Fehler in der Corona-Politik“.

Ethikratsmitglied für Impfpflicht für Pflegepersonal

Zuvor hatte bereits Ethikratsmitglied Wolfram Henn eine bundesweite Impfpflicht für Pflegepersonal gefordert. „Es ist völlig inakzeptabel und unprofessionell, wenn Personen, die tagtäglich mit vulnerablen Gruppen arbeiten, nicht geimpft sind“, sagte er der „Rheinischen Post“. Auch eine Testpflicht, wie sie die Gesundheitsminister von Bund und Ländern am Freitag beschlossen haben, ersetze die Impfpflicht nicht, sondern könne diese nur ergänzen.

Warnungen davor, dass mit einer Impfpflicht weiterer Druck auf das Pflegepersonal ausgeübt werde und Beschäftigte der Branche den Rücken kehren könnten, wies der Humangenetiker zurück. „Hier wird eine Drohkulisse aufgebaut, von der wir wissen, dass sie nicht zutrifft. In Frankreich und Italien etwa gibt es bereits eine Impfpflicht für Pflegebeschäftigte, und dort ist das Gesundheitswesen auch nicht zusammengebrochen.“

ARD-DeutschlandTrend Mehrheit der Deutschen befürwortet die Impfpflicht

Vor allem die Sorge um nicht geimpfte Kinder und ältere Menschen ist groß.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) will, dass sich der Deutsche Ethikrat nochmal mit diesem Thema befasst. Er würde das Gremium darum bitten, sich mit dieser Frage „grundlegend zu beschäftigen“, sagte Söder den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Rechtswissenschaftler: Impfpflicht ist überfällig

Der Rechtswissenschaftler Christian Pestalozza bezeichnete eine allgemeine Impfpflicht als überfällig. Der Verfassungsrechtler, der Mitglied der Ethik-Kommission des Landes Berlin ist, sieht alle grundrechtlichen Voraussetzungen erfüllt, wie er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland sagte: „Die Maßnahme verfolgt ein legitimes Ziel, ist geeignet, erforderlich und zumutbar.“

Pestalozza plädierte für eine bundeseinheitliche gesetzliche Regelung im Infektionsschutzgesetz, um einzelne Länder nicht „in Entscheidungsnot“ zu bringen. „Wer impfpflichtig ist, muss ebenfalls auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes klar sein“, sagte er. Hier sei der neue Bundestag gefordert. Der Umstand, dass eine Corona-Impfung nicht hundertprozentig vor der Infektion schützt, sei kein Grund für rechtliche Bedenken, so Pestalozza. Er habe keinen Zweifel daran, dass das bei möglichen Klagen auch Gerichte wie das Bundesverfassungsgericht so sehen.