Steuerverschwendung in MV: Sechs Fälle im Schwarzbuch

Steuerverschwendung in MV: Sechs Fälle im Schwarzbuch

9. November 2021 Aus Von mvp-web
Stand: 09.11.2021 13:21 Uhr

Der Bund der Steuerzahler hat am Dienstag sein neues Schwarzbuch vorgestellt. Darin prangert er bundesweit 100 Fälle von Steuerverschwendung an. Mecklenburg-Vorpommern ist in diesem Jahr mit sechs Fällen vertreten – einem mehr als 2020.

30 Millionen Euro für das Rostocker Ostseestadion, eine Klimaschutz-Stiftung mit Risiken und eine überflüssige Fahrradbrücke für die Landeshauptstadt: Der Bund der Steuerzahler (BdSt) hat am Dienstag sein 49. Schwarzbuch veröffentlicht. In 100 Fällen wird darin erneut gezeigt, wo und wie Bund, Länder und Kommunen zuletzt Steuergeld verschwendet haben oder hohe Ausgaben im Gespräch sind. Mecklenburg-Vorpommern ist mit sechs Fällen vertreten. Im Jahr 2020 waren es fünf.

Bemühungen um russischen Impfstoff Sputnik V

Die Landesregierung plante im Fühling im Alleingang den Kauf von eine Million Dosen des russischen Impfstoffs Sputnik V.

Kritisiert wird unter anderem der Alleingang der MV-Landesregierung im Frühjahr 2021 im Hinblick auf den russischen Impfstoff Sputnik V. Das Land wollte eine Million Dosen kaufen – trotz Problemen mit dem ähnlich wirkenden Impfstoff AstraZeneca und fehlender Zulassung in Deutschland. Das Land beauftragte sogar eine Kanzlei für die Verhandlungen mit dem russischen Vertragspartner.

Im August dann die Kehrtwende: Virologen zufolge sind genügend andere Impfstoffe verhanden. Das Land begräbt den Impfstoff-Deal. Laut Steuerzahlerbund kostete allein die Beratung der Kanzlei den Steuerzahler bis zu diesem Zeitpunkt bereits mindestens 20.000 Euro.

30-Millionen-Euro-Deal um das Rostocker Ostseestadion?

Gerügt wird auch der F.C. Hansa Rostock. Für die Schulden, die dieser über Jahre angehäuft hat, sollen dem BdSt zufolge nun die Steuerzahler aufkommen: Insgesamt 30 Millionen Euro sollen die Hansestadt Rostock und das Land MV in Kauf und Sanierung des Ostseestadions investieren. Der Steuerzahlerbund fordert, dass der Verein mehr Anstrengungen unternehmen sollte, private Investoren zu finden.

Möglicher Stadionkauf: Noch viele offene Fragen

Die angeprangerte Summe will nach Recherchen von NDR 1 Radio MV aktuell niemand in der Stadtverwaltung, bei den Bürgerschafts-Fraktionen oder auch im Verein bestätigen. Nach Angaben des Stadtsprechers ist der Verein an die Stadt herangetreten, um über die wirtschaftliche Zukunft zu beraten. Würde die Stadt das Stadion kaufen, wäre der Verein Mieter. Jetzt ist zunächst die Bürgerschaft am Zug: Alle Fraktionen haben vor einem möglichen Kauf noch sehr viele Fragen. Konsens besteht offenbar darüber, dass die Verwaltung die Folgen eines Stadionkaufs und denkbare Vertragsinhalte prüfen soll. Beauftragt werden könnte das auf der Bürgerschaftssitzung im Dezember. Aus dem Sportministerium hieß es auf Nachfrage, das Land könne unter bestimmten Voraussetzungen bei den Sanierungskosten helfen.

Millionen für versteckte Medienförderung

In einem weiteren Fall geht es um die drei großen Tageszeitungen in MV: “Ostsee-Zeitung”, “Schweriner Volkszeitung” und “Nordkurier”. Das Land hatte 188.000 Digitalabos bei diesen für die Schulen in MV in Höhe von zwei Millionen Euro gekauft, um diese ab Sekundarstufe I zu verteilen. Sie sollten von August bis Ende Dezember 2020 gültig sein. Zu diesem Zeitpunkt besuchten aber nur knapp 87.500 Schülerinnen und Schüler landesweit die betreffenden Sekundarstufen. Außerdem gab es zu Beginn des Schuljahres 2020/21 noch kaum digitale Endgeräte.

Erst eine Kleine Anfrage der Opposition zeigte schließlich: Eigentlich ging es bei dem Projekt um die Unterstützung der Lokalzeitungen. Der Steuerzahlerbund bemängelt hier fehlende Sensibilität. Ein Jahr vor den Landtags- und Bundestagswahlen hätte sich das Land bei den Medien in Stellung gebracht.

100.000 Euro für Fischerhaus bei Neubrandenburg

Denkmalschutz oder Naturschutz? Diese Frage stellt sich beim Fischerhaus auf der Fischerinsel im Tollensesee südlich von Neubrandenburg. Das Problem ist hier der Denkmalschutz des Gebäudes: Neben dem Erhalt gehört zur Denkmalpflege auch die konkrete Nutzung, die Nutzung des Hauses lässt sich aber nicht mit dem Naturschutz der Insel vereinbaren. So wurde zunächst nichts an dem Gebäude gemacht. Erst als der Zerfall des Denkmals drohte, musste die Stadt als Eigentümerin notgedrungen rund 100.000 Euro, überwiegend aus Landesmitteln, für die Notsicherung des Dachstuhls ausgeben.

Wie es weitergeht, bleibt unklar. Die Stadt hatte den Naturschutzbehörden verschiedene Vorschläge zur Nutzung unterbreitet, die Insel darf aber weiter nicht betreten werden. Die Stadt wird also über die Notsicherung hinaus untätig bleiben. Denn: Wo keine Nutzung, da auch keine Sanierung. Ob die Sanierung des Hauses an dem wenig frequentierten Ort überhaupt sinnvoll ist, sei laut Steuerzahlerbund noch eine andere Frage.

Risiko für Steuerzahler bei Klimaschutz-Stiftung MV

In der Kritik steht außerdem die Gründung der Stiftung “Klima- und Umweltschutz MV”, deren größter Anteilseigner Gazprom, der Betreiber der Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2, ist. Der Steuerzahlerbund kritisiert hier: Die Gründung der Stiftung soll Unternehmen vor politischen Verwerfungen schützen. Im Risiko stünde dafür der Steuerzahler mit einem Teil des Stiftungskapitals. Dieses beläuft sich auf 200.000 Euro.

Das Verwaltungsgericht Schwerin hat einen Eilantrag der Deutschen Umwelthilfe gegen die Gründung der Stiftung abgelehnt.

Die Ostseepipeline Nord Stream 2 ist fertig und sollte noch dieses Jahr in Betrieb gehen. Doch das scheint unwahrscheinlich.

3,6 Millionen Euro für Fahrradbrücke in Schwerin

In der Landeshauptstadt Schwerin wurde im September eine umstrittene neue Fahrradbrücke eröffnet. Die Realisierung der Verbindung zwischen Dwang und Krösnitz war schwierig. Die Stadt schätzte die Baukosten 2016 auf 1,8 Millionen Euro. Die Kosten verdoppelten sich jedoch auf 3,6 Millionen Euro. Der Großteil stammt aus Fördermitteln. So schön die Streckenführung auch sei, so fragwürdig sei der tatsächliche Nutzen für Radfahrer, kritisiert der Bund der Steuerzahler. Es gebe schon einen Radweg um den See herum, der keine 1.000 Meter länger ist. Die Abkürzung spare keine fünf Minuten.