Viele Fragen in Sachen Impfstoffmangel
16. Dezember 2021Unglückliche Kommunikation, schlechte Organisation, Zweifel an den Zahlen: Mit Sorge und Kritik reagieren nicht nur Ärzte auf den vom Gesundheitsminister gemeldeten Mangel an Corona-Impfstoff. Lauterbach will heute Stellung nehmen.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) stellt sich heute bei seiner ersten Bundespressekonferenz den Fragen der Hauptstadtpresse. Ebenso wie sein Vorgänger Jens Spahn (CDU) wird Lauterbach gemeinsam mit dem Präsidenten des Robert Koch-Instituts, Lothar Wieler, vor die Medien treten.
Dabei dürfte es vor allem um den Mangel an Corona-Impfstoff in Deutschland gehen. Wie Lauterbach am Mittwochabend im ZDF sagte, sind die BioNTech-Impfdosen schon jetzt knapp bemessen. „Wir können in der nächsten Woche 1,2 Millionen Dosen BioNTech für ganz Deutschland ausliefern, in der Woche darauf 800.000 Dosen und dann noch einmal 1,2 Millionen Dosen.“ Das sei „viel weniger“ als das, was Ärzte jede Woche abriefen. „Das sind schon Reserven. Wir schütten hier alles aus“, sagte Lauterbach.
„Angst, nicht geboostert werden zu können“
Der Bundesvorsitzende des deutschen Hausärzteverbandes, Ulrich Weigeldt, zeigte sich „nicht begeistert“ von der Art, wie Lauterbach den drohenden Impfstoffmangel kommuniziere. „Die einen bekommen Angst, dass sie nicht mehr geboostert werden können, die anderen nehmen Abstand von der Impfung, weil sie das Gefühl haben, es bringt nichts, sich darum zu bemühen.“ Das helfe nicht, sagte Weigeldt der Funke Mediengruppe. „Die Botschaft muss sein, wir schaffen den Impfstoff ran.“
Lauterbach hatte bereits zuvor mitgeteilt, sein Ministerium wolle für nächstes Jahr zusätzlich 92 Millionen Dosen Impfstoff bestellen. Nach einer Inventur der Impfstoffbestände hatte er mitgeteilt, dass auch Anfang nächsten Jahres zu wenig Impfstoff vorhanden sei. CDU und CSU bezweifelten die Angaben des Ministers.
Ärztepräsident: Impfstoffbeschaffung endlich in Griff bekommen
Ärztepräsident Klaus Reinhardt forderte die Ampel-Koalition auf, die Impfstoffbeschaffung und -verteilung auf den neuen Krisenstab im Kanzleramt zu übertragen. Entscheidend sei nicht, was in den Bestellbüchern stehe, sondern was am Ende bei den Ärzten vor Ort ankomme, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Das reiche im Moment nicht aus, um kurzfristig alle, die es wollten, zu impfen. „Die Lage ist ernst“, sagte Reinhardt. Die neue Bundesregierung müsse gemeinsam mit dem Krisenstab unter General Carsten Breuer die Impfstoffbeschaffung und -verteilung endlich in den Griff bekommen.
Sozialverband will Risikogruppen vorziehen
Der Sozialverband VdK forderte angesichts des Impfstoffmangels, Risikogruppen bei der Auffrischungsimpfung dringend vorzuziehen. Noch immer warteten viele alte und andere gefährdete Menschen auf einen Termin für eine Impfauffrischung, sagte VdK-Präsidentin Verena Bentele der Funke Mediengruppe. Die Situation sei für Risikogruppen „lebensgefährlich“. Bentele forderte ein einheitliches, abgestimmtes Vorgehen von Bund und Ländern.