Novavax und andere Corona-Impfstoffe: Das unterscheidet sie
21. Dezember 2021Nach Biontech, Moderna, AstraZeneca und Johnson & Johnson ist jetzt der Corona-Impfstoff von Novavax in der EU zugelassen. Wie funktionieren die Vakzine und wie gut schützen sie vor Omikron?
Der Corona-Impfstoff Nuvaxovid des US-Herstellers Novavax hat am 20. Dezember die Zulassung durch die Europäische Arzneimittelbehörde EMA und die EU-Kommission erhalten. Die EU hat bereits einen Kaufvertrag über bis zu 100 Millionen Dosen des neuen Impfstoffs für dieses und nächstes Jahr abgeschlossen.
Welche Vorteile hat das Novavax-Vakzin?
Der Novavax-Impfstoff ist Studien zufolge mit einer Schutzwirkung von etwa 90 Prozent hochwirksam. Wie gut er allerdings bei der sehr ansteckenden Omikron-Variante schützt, ist noch unklar. Mit Novavax steht nun ein weiterer Typ von Corona-Impfstoffen zur Auswahl. Dies könnte interessant sein für Menschen, die Vorbehalte gegen die bereits zugelassenen mRNA- und Vektorimpfstoffe haben. Novavax ist ein sogenannter protein-basierter Impfstoff mit Virusantigen: Das Immunsystem bildet nach der Impfung Antikörper gegen das Protein und kann so eine Covid-19-Erkrankung abwehren. Zwei Dosen müssen im Abstand von drei Wochen verimpft werden, bislang wurden nur Fälle von milden Nebenwirkungen bekannt.
Ist Novavax ein Totimpfstoff?
Ob Novavax ein sogenannter Totimpfstoff ist, hängt von der Definition dieses Begriffs ab. So sind für das Bundesforschungsministerium diejenigen Vakzine Totimpfstoffe, die Bestandteile oder einzelne Moleküle des Erregers enthalten. Das trifft auf Novavax zu. Allerdings enthält es keine abgetöteten Virusbestandteile, die direkt aus dem Coronavirus gewonnen werden, sondern gentechnisch hergestellte Virus-Proteine. Nach einer engeren Definition zählt es daher nicht zu den Totimpfstoffen. Impfstoffe mit abgetöteten Krankheitserregern bzw. Bestandteilen der Erreger sind bereits seit Jahrzehnten erprobt und werden beispielsweise bei Impfungen gegen Polio, Tetanus, Diphterie oder Tollwut angewendet.
Novavax ergänzt die bisher zugelassenen mRNA-Impfstoffe von Biontech und Moderna sowie die Vektorimpfstoffe von AstraZeneca und Johnson & Johnson. Die neue Corona-Variante Omikron könnte die Hersteller vor neue Herausforderungen stellen. Möglicherweise müssen sie die Impfstoffe an die Mutante anpassen. Laut der Virologin Sandra Ciesek deuten erste Labortests darauf hin, dass die aktuellen Corona-Impfstoffe deutlich schwächer gegen die neue Omikron-Variante wirken.
Biontech und Moderna: Wie funktionieren die mRNA-Impfstoffe?
Die Impfstoffe von Biontech und Moderna werden gentechnisch hergestellt. Die mRNA (messenger Ribonukleinsäure) ist der „Bauplan“ für jedes einzelne Eiweiß des menschlichen Körpers. mRNA-Impfstoffe gegen Corona enthalten den „Bauplan“ für nur einen Teil des Virus: das Spike-Protein auf der Außenhülle. Dieses Protein ist nicht infektiös, überträgt die Krankheit also nicht.
Die im Impfstoff enthaltene mRNA baut der Körper in einigen Tagen ab, sie gelangt nicht in das menschliche Erbgut, die DNA. Die Muskelzellen um die Impfstelle vermehren das Spike-Protein. Das Immunsystem des Geimpften erkennt sie als Fremdkörper, aktiviert Abwehrzellen und bildet Antikörper gegen das Spike-Protein des Coronavirus sowie Abwehrzellen. Folgt später eine Infektion, erkennt der Körper das Spike-Protein wieder und bekämpft es.
Welcher Impfstoff für wen?
Sowohl das Präparat von Biontech als auch das von Moderna dürfen laut EU-Beschluss an Menschen ab zwölf Jahren verimpft werden. Allerdings empfiehlt die Stiko für alle Menschen unter 30 Jahre sowie für Schwangere nur Biontech, da in dieser Altersgruppe der Jüngeren die seltene Nebenwirkung von Herzmuskel- und Herzbeutelentzündungen nach einer Impfung mit Moderna häufiger beobachtet würde als nach der Biontech-Impfung. Der Kinderimpfstoff für Fünf- bis Elfjährige enthält den mRNA-Impfstoff von Biontech in geringerer Dosierung. Seit dem 13. Dezember wird er in den EU-Ländern ausgeliefert.
Überwiegend milde Nebenwirkungen bei mRNA-Impfstoffen
Zu den häufigsten Beschwerden nach einer Impfung mit Biontech gehören Schmerzen an der Einstichstelle, Abgeschlagenheit, Kopf- und Muskelschmerzen, Gelenkschmerzen und Schüttelfrost. Die Beschwerden sind meist gering ausgeprägt und treten eher bei jüngeren Menschen auf.
Vektor-Impfstoffe von AstraZeneca und Johnson & Johnson
Die Vektor-Impfstoffe von AstraZeneca und Johnson & Johnson beruhen auf einem anderen Prinzip als mRNA-Impfstoffe. Sie basieren aber auch auf Gentechnik. Das Verfahren hat sich bei Impfungen gegen verschiedene Krankheiten bewährt. Hier transportiert ein für den Menschen harmloses Virus, das sich nicht vermehren kann, das Spike-Protein des Coronavirus. Der Transportstoff, das Vektorvirus, wird im Körper in kurzer Zeit abgebaut. Das Spike-Protein löst den gleichen Prozess aus wie bei den mRNA-Impfstoffen und führt so zu einem Impfschutz.
Johnson & Johnson: Nur ab 60 Jahren empfohlen
Die Mittel von AstraZeneca und Johnson & Johnson dürfen laut EU-Beschluss nur bei Menschen ab 18 Jahren eingesetzt werden. Als Nebenwirkungen treten häufig Druckempfindlichkeit oder Schmerzen an der Einstichstelle, Kopfschmerzen und grippeähnliche Symptome auf. Die Stiko empfiehlt beide Vakzine nur Menschen ab 60 Jahren, da in wenigen Fällen bei Jüngeren Blutgerinnsel (Thrombosen) an unterschiedlichen Stellen auftraten. Die Impfungen mit AstraZeneca sind in Deutschland ausgelaufen. Beim Präparat von Johnson & Johnson erschien im Unterschied zu den anderen Impfstoffen nur eine Impfung für den vollen Impfschutz notwendig. Inzwischen empfiehlt die Stiko allerdings, sich bereits vier Wochen nach der Erstimpfung eine Auffrischung mit einem mRNA-Impfstoff abzuholen.
Körper baut Impfstoffe wieder ab
Vor der Zulassung der Impfstoffe haben die Behörden mehr als zwei Monate abgewartet, um mögliche Langzeitschäden abzuschätzen. Anders als ein Medikament kann sich ein Impfstoff nicht über Wochen im Körper anreichern, sondern wird schnell wieder abgebaut. Einmal verabreicht, zeigen sich rasch die Wirkung und eventuelle Nebenwirkungen.
Hohe Schutzwirkung vor schwerem Covid-19-Verlauf
Das RKI geht bislang von einer sehr guten Schutzwirkung aller Vakzine gegen schwere Covid-19-Erkrankungen aus. Der volle Impfschutz tritt etwa 14 Tage nach der zweiten Impfung ein. Menschen, die trotz Impfung erkranken, können mit einem weniger schweren Verlauf der Krankheit rechnen. Was die neue Omikron-Variante angeht, gibt es noch keine ausreichenden Erkenntnisse. Ebenfalls noch nicht vollständig geklärt ist, wie lange der Impfschutz anhält. Die Stiko empfiehlt daher allen Erwachsenen sechs Monate nach der Zweitimpfung eine Auffrischungs-Impfung.
Valneva: EU sichert sich Dosen des Totimpfstoffs
Insgesamt befinden sich laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) derzeit 128 Corona-Impfstoffe in Entwicklung. Derzeit prüft die EMA die Zulassung eines Totimpfstoffs des österreichisch-französischen Unternehmens Valneva. Die EU hat bereits einen Vorab-Kaufvertrag mit dem Hersteller geschlossen. Dieser geht davon aus, das Präparat etwa ab April 2022 ausliefern zu können.
Totimpfstoffe lassen sich relativ schnell in großen Mengen herstellen. Allerdings reicht die Wirkung der abgetöteten Erreger allein nicht aus. Ein Wirkverstärker muss beigemengt werden, der künstlich hergestellt wird. In der Regel senken sie die Verträglichkeit der Präparate.
Booster-Impfstoff von Bavarian Nordic nicht vor 2023
Einen universellen Booster-Impfstoff entwickelt derzeit die deutsch-dänische Biotech-Firma Bavarian Nordic. Der Impfstoff soll generell als Auffrischung nach einer ersten Immunisierung genutzt werden können. Mit einer Zulassung ist allerdings nicht vor 2023 zu rechnen.