Gericht kippt Teile des Corona-Warnstufensystems in MV
8. Januar 2022Das Oberverwaltungsgericht in Greifswald (OVG) hat das Corona-Warnstufensystem in Mecklenburg-Vorpommern in Teilen gekippt. Die Warnstufen bilden die Grundlage dafür, welche Corona-Regeln in den einzelnen Regionen des Bundeslandes gelten. Das Land will das Urteil nun prüfen.
Die Greifswalder Richter kritisieren, wie die Auslastung der Kapazitäten auf den Intensivstationen (ITS) bemessen wird. Die entsprechenden Regelungen seien außer Vollzug gesetzt, teilte das Gericht am Freitagabend mit. Das bedeutet, dass die Landesregierung an diesen Stellen gegebenenfalls nacharbeiten muss. Die Entscheidung richtet sich konkret gegen Teile der Neufassung der Corona-Landesverordnung. In der neuen Version werden zur Bestimmung der ITS-Auslastung nur noch die für Covid-19-Patienten vorgesehenen ITS-Betten als Maßstab herangezogen. In der vorherigen Fassung der Verordnung war noch die Gesamtzahl der Intensivbetten maßgeblich.
Kriterium ITS-Auslastung fehlerhaft festgelegt
Die Zahl der ITS-Betten für Covid-Patienten hat die Landesregierung landesweit mit 100 angegeben. Das kritisiert das Gericht: Diese Zahl sei nicht in der Landesverordnung geregelt, ebensowenig wie ein Verfahren zur Festlegung dieser Zahl. Somit sei das Gewichtungskriterium der ITS-Auslastung fehlerhaft festgelegt. Das Land habe damit seinen im Infektionsschutzgesetz festgelegten Gestaltungsspielraum überschritten.
Land will Urteil prüfen
Die Landesregierung teilte auf Anfrage von NDR 1 Radio MV mit, das Urteil zu prüfen und notwendige Änderungen vorzubereiten. Am Dienstag sei ohnehin eine Neufassung der Corona-Landesverordnung geplant. Dann könnten auch etwaige notwendig werdende Änderungen aufgrund des Urteils vorgenommen werden.
FDP-Fraktionschef Domke: „Mutet wie Willkür an“
Die FDP rief die rot-rote Regierungskoalition zu mehr Gründlichkeit auf. Diese müsse vor Schnelligkeit gehen, sagte der FDP-Fraktionschef im Landtag, René Domke. „Dass das OVG Greifswald erneut Teile einer Corona-Landesregelung aufhob, zeigt, dass hier nicht mit der notwendigen Sorgfalt gearbeitet wurde.“ Wenn Berechnungsgrundlagen wie die Auslastung der Kapazitäten auf den Intensivstationen (ITS) nicht nachvollziehbar und begründbar hergeleitet werden, „mutet es wie Willkür an“, so Domke weiter. „Daraus dann Werte zu entwickeln, die über nichts weniger entscheiden als über die zu treffenden Maßnahmen zum Gesundheitsschutz der Bevölkerung, dann ist das Regierungshandeln mehr als fragwürdig.“ Dadurch drohe Verunsicherung, „selbst bei denen, die bis jetzt alle Maßnahmen befürworteten“.
ITS-Auslastung fließt in Corona-Stufensystem ein
Die ITS-Auslastung ist eines von drei Kriterien zur Einstufung einer Region auf der Corona-Stufenkarte des Landes. Die Einstufung ist für die geltenden Corona-Maßnahmen mitentscheidend. Ebenfalls angegriffene 2G-Regelungen erklärte das Gericht hingegen für rechtmäßig.