Ukraine-Krise: Rückt Schwesig vom SPD-Kurs ab?

Ukraine-Krise: Rückt Schwesig vom SPD-Kurs ab?

1. Februar 2022 Aus Von mvp-web
Stand: 01.02.2022 16:52 Uhr

Der Co-Vorsitzende der SPD, Lars Klingbeil, hat alles versucht, seine Partei in der Ukraine-Krise als geschlossen darzustellen. Nach einem internen Spitzengespräch sagte Klingbeil in den ARD-Tagesthemen, die Eskalation gehe von Russland aus.

Alle Optionen würden auf dem Tisch liegen, sollte Russland in die Ukraine einmarschieren. Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) wich von diesen zentralen Aussagen ab.

von Stefan Ludmann, NDR 1 Radio MV Aktuell

Manchmal sind es die Zwischentöne, die die Musik machen. In den vergangenen Tagen hatte Schwesig mehrfach betont, Nord Stream 2 liege im “deutschen Interesse”, die Gasröhre müsse jetzt endlich genehmigt werden. Sie kritisierte amerikanische Sanktionsdrohungen gegen die Pipeline, schwieg aber zum russischen Truppenaufmarsch an der ukrainischen Grenze. Bei diesem Kurs bleibt sie auch nach dem SPD-Spitzentreffen gestern Abend.

Schwesig benennt Russland nicht als Krisen-Verursacher

Eigentlich wollte sich Schwesig nicht zu den Ergebnissen der Runde mit mehreren Ministerpräsidenten äußern. Vor dem Start der Jahresauftakt-Klausur ihres Kabinetts blieb ihr jedoch nichts anderes übrig, auch wenn ihr Beraterteam eher die Nase über unangekündigte Fragen rümpfte. Anders als Klingbeil benannte Schwesig Russland nicht als Verursacher der Krise – sondern blieb eher allgemein. Schwesig sprach von “einer Eskalation an der ukrainischen Grenze”, die sie mit Sorge sehe. Sie unterstütze die Bundesregierung, insbesondere den Kanzler, “die alles dafür tut, dass diese Eskalation auf diplomatischem Weg gelöst wird.” Es sei wichtig, “dass kein Krieg in Europa entsteht”.

Ungewisse Zukunft für Nord Stream 2

Einen Krieg will niemand, aber viele wollen, dass Russland im Fall eines Einmarsches einen – wie es Außenministerin Annalena Baerbock (Die Grünen) sagte – “hohen Preis” zu zahlen habe. Alles liege auf dem Tisch, meinte Klingbeil nach dem SPD-Treffen und gab zu verstehen, dass damit auch das Ende für die Gasröhre Nord Stream 2 gemeint ist. Pipeline-Befürworterin Schwesig wollte so weit nicht gehen. Auf die Frage, was denn mit Nord Stream 2 sei, wich sie aus und sprach Selbstverständlichkeiten aus: “Das Wichtigste ist, dass wir diesen Konflikt friedlich lösen und danach folgt alles andere.”

Regierungssprecher kritisiert NDR Berichterstattung

Nachfragen blieben unbeantwortet. Allerdings löste die wenig später erfolgte NDR Berichterstattung über Schwesigs Aussagen offenbar SPD-intern etliche Verstimmungen aus. Schwesig schaltete in der Parteiangelegenheit ihren Regierungssprecher Andreas Timm (SPD) ein. Es gilt als untypisch, dass in diesen Dingen Partei- und Regierungsarbeit vermengt werden. Knapp vier Stunden nach der ersten Berichterstattung ließ Timm den NDR Bericht per Pressemitteilung aus der Staatskanzlei als “nachweislich falsch” zurückweisen. Timm verwies dabei auf eine Passage in dem NDR Gespräch. Dort hatte die Ministerpräsidentin wörtlich erklärt: “Ich unterstütze den Kurs auch, den ja unser SPD-Vorsitzender Lars Klingbeil vorgetragen hat.”

Fragen zur Rolle Russlands weiterhin offen

Timm ging jedoch nicht auf die Frage ein, warum es Schwesig trotz der verbal vorgetragenen Unterstützung für Klingbeil vermied, dessen Kernaussage zu Russland als Verursacher der Eskalation und zu den sogenannten “Optionen” zu wiederholen. Die Sache hat inzwischen Wellen bis nach Berlin geschlagen. Auch Schwesigs Verbindungsfrau in die Bundespolitik, ihre Leiterin der Landesvertretung in Berlin, Staatssekretärin Jutta Bieringer (SPD), wurde eingeschaltet. Bieringer hält für Schwesig den Draht in die SPD-Parteizentrale, Bieringer war Büroleiterin während Schwesigs Zeit als Vize-Parteivorsitzende.

Opposition fordert klare Position von Schwesig

Bei CDU, FDP und Grünen im Landtag kommt Schwesigs Kurs schlecht an. Die Ministerpräsidentin müsse klar benennen, wo für Moskau die rote Linie sei, meint die Opposition. Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU, Sebastian Ehlers, sortierte die Regierungschefin auf Twitter zum “Team Putin” ein. Beifall für ihre pro-russische Haltung gibt es dagegen von der AfD. Die wünscht sich, dass Schwesig sich in der SPD mit ihrem Kurs durchsetzt.