Exklusive Umfrage: Erstes Ampel-Zeugnis: Bürger geben Scholz’ Regierung desaströse Noten
7. Februar 2022Die Ampel-Regierung ist seit zwei Monaten im Amt. Zeit für eine erste Zwischenbilanz. Was halten die Bundesbürger von der neuen Regierung? Wie eine repräsentative Civey-Umfrage im Auftrag von FOCUS Online zeigt, kommt die Koalition schlecht weg.
Die Bürger bemängeln vor allem Führungsstil und Kommunikation. Aber auch für die Arbeit in einzelnen Politik-Bereichen gibt es schlechte Noten – selbst von den eigenen Wählern.
Für ihre geräuschlosen Koalitionsverhandlungen gab es viel Lob für die Führungsmannschaften von SPD, FDP und Grünen. Und der Titel des Koalitionsvertrags „Mehr Fortschritt wagen“ weckte Hoffnung. Doch schon zwei Monate nach der Vereidigung von Kanzler Olaf Scholz (SPD) und seinen Ministern scheint der Vorschuss, den die Bevölkerung der Ampel gegeben hatte, bereits aufgebraucht. Corona-Pandemie, Inflation und Ukraine-Krise lassen der neuen Regierung wenig Zeit zur Eingewöhnung. Entsprechend viele Fehler wurden seit dem Start der Ampel gemacht.
Das Meinunsgforschungsinstitut Civey befragte zwischen dem 3. und 7. Februar über 5000 Bundesbürger exklusiv für FOCUS Online zu ihrer Zufriedenheit mit der Regierungsarbeit der Ampel. Das Ergebnis ist katastrophal.
Führungsstärke wird bei der Scholz-Ampel vermisst
So lautete etwa eine Frage: Wie bewerten Sie die bisherige Führungsstärke der Ampelkoalition im Bund? Nur zwölf Prozent sind demnach mit der politischen Führung unter Kanzler Scholz zufrieden. 18 wissen es nicht so recht. Doch 71 Prozent beurteilen den Scholzschen Führungsstil als negativ.
Mit seinem kooperativen Führungsstil in der Corona-Politik gab Scholz den Ländern zwar wieder mehr Eigenverantwortung, dadurch entstand aber auch ein unübersichtlicher Flickenteppich an Corona-Regeln. Dies kam bei den Menschen wohl ebenso wenig an, wie die zögerliche Haltung der Regierung in der Ukraine-Krise oder bei der Explosion der Energie-Preise.
Selbst die Wähler von SPD, Grünen und FDP sind von den Führungsqualitäten der Ampel nicht sonderlich angetan: Nur 31 Prozent der SPD-Wähler halten die Ampel für führungsstark, 22 Prozent der Grünen-Wähler und gar nur sechs Prozent der FDP-Anhänger. Es ist auffällig, dass vor allem die FDP-Wähler gegenüber „ihrer“ Ampel derart skeptisch eingestellt sind. Dieses Umfrage-Ergebnis setzt sich als Trend auch in anderen abgefragten Politik-Bereichen fort.
Ohrfeige auch für Habecks Klimaschutz- und Energiepolitik
Besonders enttäuscht ist die Bevölkerung von der Kommunikation der Ampel-Regierung. 77 Prozent bewerten diese negativ, nur neun Prozent fühlen sich gut mitgenommen (SPD-Wähler: 20 Prozent, Grüne: 24, FDP: zehn). Gerade in der Corona-Politik gab es mit unterschiedlichen Aussagen von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und RKI-Chef Lothar Wieler einige Ungereimtheiten. Auch die Schnellschüsse einiger Minister dürften bei den Menschen im Land für Verunsicherung gesorgt haben – wie etwa die überraschende Streichung der KfW-Zuschüsse für Häuslebauer durch Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne).
So hat sich die Bevölkerung auch schon zu einigen Politik-Bereichen eine erste Meinung gebildet. 61 Prozent der Befragten stellen etwa der Klimaschutzpolitik von Habeck kein gutes Zeugnis aus. Nur 15 Prozent bewerten die Klimapolitik des grünen Ministers positiv. Interessant: Nur elf Prozent der FDP-Wähler sind mit dem Klimaschutz ihrer Ampel-Regierung zufrieden – und „nur“ 42 Prozent der Grünen-Wähler (SPD: 30).
Mit Blick auf die Energiepolitik Habecks sind 67 Prozent der Befragten enttäuscht und nur 15 Prozent zufrieden. (SPD: 27 Prozent, Grüne: 42, FDP: neun). Hier dürften die hohen Strom- und Gaspreise eine wesentliche Rolle spielen.
Faesers Asyl-Vorstoß und Lauterbachs Corona-Chaos kommen nicht gut an
Ebenfalls skeptisch sehen die Bürger das bisherige Wirken von Gesundheitsminister Lauterbach in der Pandemie. Hier sind nur 21 Prozent der Menschen zufrieden mit der Corona-Politik der Ampel, 62 Prozent sehen sie negativ. Nur bei den Anhängern von SPD und Grünen liegt die Zustimmung mit um die 45 Prozent vergleichsweise hoch. Die überraschende Verkürzung des Genesenen-Status und die im europäischen Vergleich eher rigiden Corona-Maßnahmen könnten hier die Meinung negativ beeinflussen.
In der Innenpolitik sorgte zuletzt Ministerin Nancy Faeser (SPD) immer wieder für Verwirrung. Vergeblich suchte sie in der EU eine „Koalition der Willigen“ für einen neuen Anlauf in der Asyl-Politik. Auf Twitter behauptete Faser zudem, dass Apple und Google „Brandbeschleuniger für Rechtsextremismus“ seien, weil sie die Telegram-App in ihren Stores zum Download anbieten. Dann leistete sie sich unglückliche Bemerkungen zu Demonstranten und der Versammlungsfreiheit. Nur 16 Prozent honorieren die Innenpolitik der Ampel-Regierung, 59 Prozent beurteilen sie negativ. Auch nur etwa ein Drittel der SPD-Anhänger stärken Faeser und ihrer Innenpolitik den Rücken.
Scholz und Baerbock: Schlechte Figur auf dem außenpolitischen Parkett
Auch der zurückhaltende Kurs von Kanzler Scholz und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) in der Ukraine-Krise hinterlässt Spuren: Nur 20 Prozent der Bürger beurteilen die derzeitige deutsche Außenpolitik als positiv. Immerhin kann Baerbock die eigenen Anhänger einigermaßen überzeugen. Die Wähler der Grünen beurteilen die Außenpolitik mit 53 Prozent positiv. Die SPD-Wähler sind zu 41 Prozent zufrieden. Allerdings finden das rot-grüne Zusammenspiel auf dem diplomatischen Parkett nur zehn Prozent der FDP-Wählerschaft gut.