Rostocks Ex-OB Methling soll russischer Honorarkonsul werden
10. Februar 2022Seit Wochen steht die rot-rote Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern in der Kritik – vor allem wegen des Russland-Kurses von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD). Jetzt sendet das Land erneut freundliche Signale Richtung Moskau. Der ehemalige Rostocker Oberbürgermeister Roland Methling soll russischer Honorarkonsul werden.
Der 67-Jährige ehemalige Kommunalpolitiker (Unabhängige Bürger für Rostock) hat sich in der Vergangenheit eher für die Beziehungen zu Skandinavien eingesetzt, allerdings gilt er auch als Anwalt für bessere Beziehungen zu Russland. Methling sagte, gerade in der aktuellen Lage mit den Spannungen zwischen dem Westen und Russland sei es wichtig, sich für einen Ausgleich zu engagieren. Das ehemalige Stadtoberhaupt wollte sich zu seinem künftigen Posten nicht äußern. Methling ist nach NDR Informationen von der Landesregierung für die Aufgabe vorgeschlagen worden.
Russische Botschaft bestätigt Plan zu Honorarkonsulat in MV
In dem Ehrenamt ist er Ansprechpartner für russische Bürger, kann aber keine Pass- und Visa-Angelegenheiten klären. Ein Honorarkonsul gilt aber vor allem als Verbindungsmann zwischen Mecklenburg-Vorpommern und Russland, der Posten ist mit Einfluss und Möglichkeiten verbunden. Ein Sprecher der Landesregierung wollte sich zu der Personalie nicht äußern. Die russische Botschaft in Berlin bestätigte, dass derzeit der Aufbau eines Honorarkonsultats in Mecklenburg-Vorpommern geprüft werde. Auch das Auswärtige Amt in Berlin ist informiert – Details wollte das Ministerium nicht nennen.
MV hat bereits enge Verbindungen mit Russland
Methling wäre eine weitere „Leitung“ nach Moskau. Bereits seit 2016 hat das Bundesland offiziell einen Beauftragten in Moskau. Der gebürtige Schweriner Falk Tischendorf hat beste Verbindungen in die russische Wirtschaft – eingesetzt wurde er vom damaligen Ministerpräsidenten Erwin Sellering (SPD). Außerdem gibt es einen engen Austausch zwischen Mecklenburg-Vorpommern und der Oblast Leningrad – mit regelmäßigen Besuchen von Landtagsdelegationen in Russland – insbesonder die SPD-Fraktion hat darauf immer wieder viel Wert gelegt.
Gazprom soll Klimaschutz-Stiftung mit Millionen unterstützen
Vor allem wirtschaftlich ist das Bundesland eng an Russland gebunden – obwohl der Staat längst nicht der größte Handelspartner ist. Russland rangiert noch nicht einmal unter den Top 10 der Exportnationen und liegt laut Statista.de hinter der Türkei und dem Iran. Russisches Geld fließt in die sogenannte Klimaschutz-Stiftung des Landes – 20 Millionen Euro sollen nach Angaben der Stiftung Tochterfirmen des russisches Staatskonzerns Gazprom zuschießen. Stiftungs-Chef ist Sellering, sein Stellvertreter ist Werner Kuhn, ehemals Bundestags- und Europaabgeordneter der CDU. In einem weiteren Nebenjob ist Kuhn Präsident des Deutschen Roten Kreuzes in Mecklenburg-Vorpommern.
Klimaschutz-Stiftung als „Mogelpackung“?
Die Stiftung ist seit ihrer Gründung im Januar 2021 umstritten. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) bezeichnet sie als „Mogelpackung“. Hauptzweck der Stiftung sei nicht der Klimaschutz, sondern der Bau und Betrieb der umstrittenen Ostseepipeline Nord Stream 2. Russische Gewinne aus dem Geschäft mit dem fossilen Energieträger Erdgas würden außerdem für Umweltprojekte genutzt – „Greenwashing“ sei das, sagen Kritiker.
Schiffs-Kauf, um US-Sanktionen zu umgehen
Die Landes-Stiftung steht in der Kritik, weil sie über einen wirtschaftlichen Ableger direkt am Bau der Pipeline beteiligt ist. Sie hat das Spezialschiff „Blue Ship“ gekauft, um wesentliche Arbeiten an der Röhre zu erledigen. Ziel sollte es sein, mit Hilfe des Konstrukts „Stiftung“ amerikanische Sanktionsdrohungen gegen alle am Pipeline-Bau beteiligten Firmen zu umgehen. Über Details zu der Stiftungs-Firma und den Einsatz des „Blue Ship“ schweigt sich Vorstand Sellering aus. Das Land Mecklenburg-Vorpommern ist massiv an der Stiftung beteiligt. Es steuert nicht nur Stiftungskapital bei (200.000 Euro), sondern kann Entscheidungsgremien bestimmen. Der 16-köpfige Beirat (Kuratorium) wird von Ministerpräsidentin Schwesig ernannt. Auch mehr als ein Jahr nach Gründung ist das Gremium jedoch noch nicht berufen. Umweltverbände verweigern eine Mitarbeit, weil sie die Stiftung als „Fake“ ablehnen.
Landtagsopposition kritisiert die besondere Beziehung zu Russland
Sellering hat in Schwerin auch den Verein „Deutsch-russische Partnerschaft“ gegründet, in dem Spitzenleute von Nord Stream 2 Einfluss haben. Dieser Verein ist mit mindestens 600.000 Euro aus der Landeskasse gefördert worden. Der Staatskonzern Gazprom und andere russische Firmen haben wiederholt den Russlandtag der Landesregierung gesponsert, den es auch im nächsten Jahr wieder geben soll. Die Landtagsopposition von CDU, Grünen und FDP hat wiederholt die besondere Beziehung des Landes zu Russland kritisiert und vor einem Sonderweg gewarnt. Die AfD dagegen stützt den Russland-Kurs der SPD in Mecklenburg-Vorpommern.
MV als russischer „Brückenkopf“ in Deutschland?
Für Russland ist der Nordosten offenbar eine Art Brückenkopf in Deutschland. Aus der SPD-Spitze des Bundeslandes gibt es auch in der aktuellen Konfliktsituation keine kritischen Worte in Richtung Russland. Die Nähe zeigt sich in Details: So hat der jetzige Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Jochen Schulte (SPD), in der Vergangenheit mehrfach den staatsnahen Sender „Russia Today“ für Gefälligkeitsinterviews zu Nord Stream 2 genutzt. Das neue Nord-Stream-2-Unternehmen, das die Genehmigung der Pipeline durch die EU ermöglichen soll, ist in Schwerin angesiedelt. Die Gas for Europe GmbH hat Büroräume im Gebäude der AOK angemietet, die SPD-geführte Landeshauptstadt kann mit Gewerbesteuer-Einnahmen aus dem Gasgeschäft rechnen.
Und mindestens einmal hat die Landes-SPD von den engen Wirtschaftskontakten in Richtung Russland profitiert. Das russische Holzunternehmen Ilim Timber mit Sitz in St. Petersburg hat 2017 immerhin 10.000 Euro an den SPD-Ortsverein Wismar gespendet – Ilim Timber ist auch Sponsor des Russlandtags der Landesregierung.