Forstverband: Sturmschäden in Wäldern von MV „katastrophal“

Forstverband: Sturmschäden in Wäldern von MV „katastrophal“

21. Februar 2022 Aus Von ...Linda Gerke
Stand: 21.02.2022 14:59 Uhr

Die Sturmtiefs „Nadia“ Ende Januar, „Ylenia“ und „Zeynep“ haben in den Wäldern Hunderttausende Bäume umstürzen lassen. Eine genaue Schadensbilanz liegt zwar noch nicht vor, aber dennoch spricht der Bund Deutscher Forstleute von „katastrophalen“ Schäden in den Wäldern Mecklenburg-Vorpommerns.

Weil die meisten Wälder derzeit noch unpassierbar sind und umgestürzte Bäume die Wege versperren, bestehe beim Betreten der Wälder Lebensgefahr, teilte das Agrarministerium mit. Deshalb könnten die genauen Schäden auch noch nicht begutachtet werden. Entwurzelte oder umgeknickte Bäume würden unter Spannung stehen. Der Boden sei stark durchnässt. Weitere Bäume drohen umzustürzen. Sturmholz jetzt zu beseitigen, sei sehr gefährlich und deshalb müsse das großflächige Aufräumen noch warten.

„Katastrophale Schäden“: Stürme wüten in Wälder in MV

Forstverband: 600.000 Festmeter Holz durch „Zeynep“ zu Boden gegangen

Das Ministerium rechnet mit einer konkreten Schadensbilanz in den nächsten Tagen. Der Landesverband der privaten Waldbesitzer bezeichnet den Schaden schon jetzt als „katastrophal“. Mecklenburg-Vorpommern hat eine Waldfläche von rund 558.000 Hektar. 40 Prozent davon sind privates Eigentum, etwa genauso viel Wald gehört dem Land. Der Bund Deutscher Forstleute (BDF) schätzt, dass in der Nacht von Freitag auf Sonnabend rund 600.000 Festmeter Holz zu Boden gegangen sind. Das sei doppelt soviel wie vor rund drei Wochen beim Orkan „Nadia“. Der BDF-Landesvorsitzende Peter Rabe sprach von einem „Riesenschaden“ nicht nur für den landeseigenen Wald und einer „Katastrophe für den gesamten Waldbesitz“.

Am Boden liegende Werte retten

Durch „Zeynep“ sei die Hälfte jener Menge zu Bruch gegangen, die in Mecklenburg-Vorpommern in durchschnittlichen Jahren an Holz regulär geerntet wird. „Akut geht es zwar zunächst darum, die am Boden liegenden Werte bestmöglich noch zu retten und den Wald wieder für die Menschen zugänglich zu machen“, sagte Rabe. Die wirkliche Aufgabe der kommenden 20 Jahre sei aber der Waldumbau, um die Wälder während des Klimawandels zu stabilisieren.

„Wälder sind ganz schlimm in Mitleidenschaft gezogen worden“

„Ich denke, wir haben in den vergangenen 25 Jahren so eine Windwurf-Kalamität wie wir sie jetzt durch die aufeinander folgenden Orkane hatten, lange nicht mehr gehabt“, sagte Karl-Joachim Baron von Brandenstein vom Waldbesitzerverband MV bei NDR MV Live. Brandenstein geht davon aus, dass man frühestens in einigen Tagen ein halbwegs vollständiges Bild der Schäden bekomme. „Die Wälder sind ganz schlimm in Mitleidenschaft gezogen worden. Erst hatten wir das Problem mit dem Borkenkäfer durch die absterbenden Fichten, dann haben wir auch die Trockenheit als Probleme in den letzten zwei, drei Jahren gehabt und jetzt haben wir als drittes Drama diesen Orkan bekommen.“ Laut Brandenstein muss bei der Wiederaufforstung umgedacht und verstärkt auf Bäume gesetzt werden, die mit extremen Wetterverhältnissen besser zurecht kommen. Er denke da beispielsweise an die bevorzugte Pflanzung von Douglasien, Roteichen oder Lärchen.

Das Sturmtief hat in den Wäldern im Nordosten deutliche Spuren hinterlassen. Die Landesforstanstalt schätzt die Schadholzmenge auf bis zu 500.000 Festmeter.

Massive Schäden auf Neubrandenburgs Friedhöfen

Vielerorts gingen die Aufräumarbeiten nach dem Sturm am Wochenende auch am Montag weiter. Auf den Friedhöfen Neubrandenburgs zum Beispiel zählte die Stadtverwaltung 70 umgekippte oder schief stehende Bäume. Die Friedhöfe bleiben deshalb über den Montag hinaus für Besucher gesperrt. Für Montag geplante Beerdigungen können aber stattfinden. Erst im Januar hatte Sturmtief „Nadia“ zahlreiche Bäume auf den Friedhöfen zu Fall gebracht.

Ivenacker Eichen glimpflich davongekommen

Der teils jahrhundertalte Baumbestand im Naturpark an den Ivenacker Eichen ist vom Sturm weitgehend verschont geblieben. „Die Eichen stehen noch“, sagte eine Sprecherin NDR 1 Radio MV. Als Folge der Stürme der vergangenen Tage bleibe der Naturpark aber voraussichtlich bis Ende der Woche geschlossen. Zäune müssten repariert werden, damit beispielsweise das im Park lebenden Damwild nicht wegläuft, so die Sprecherin weiter. Außerdem müssten Wege gesichert und Gefahren durch möglicherweise noch herabstürzende Äste beseitigt werden.

Geringe Schäden in der Rostocker Heide

Die drei Sturmtiefs der vergangenen Tage haben im Bereich des Stadtforstamtes Rostock und der Rostocker Heide im Vergleich zum Rest des Landes verhältnismäßig geringe Waldschäden angerichtet. Laut Forstamtsleiter Jörg Harmuth sind schätzungsweise 2.000 Festmeter Bruchholz angefallen. Die größten Probleme gab es demzufolge im Stadtinneren sowie in der Nähe des Zoos und der Alten Rennbahn, wo umgestürzte Bäume teilweise den Straßen – und Straßenbahnverkehr behindert haben. „Wir sind noch einmal glimpflich davongekommen“, so Harmuth im Gespräch mit NDR 1 Radio MV.

Bärenwald Stuer bleibt eine Woche lang geschlossen

Der Bärenwald Stuer am Plauer See (Kreis Mecklenburgische Seenplatte) bleibt wegen Sturmschäden eine Woche lang geschlossen. Wie eine Sprecherin am Montag mitteilte, sind während der letzten Stürme etwa 20 Bäume umgeworfen und einige Zäune beschädigt worden. Die Beseitigung der Bäume, abgebrochener starker Äste und die Zaun-Reparaturen dauerten etwa eine Woche. Die Bären hätten die Wetterunbilden aber ohne Probleme überstanden. Die meisten der 14 Braunbären seien ohnehin im Winterschlaf und auch durch die Stürme nicht geweckt worden.

„Nadia“ lässt mehr als 100.000 Bäume umstürzen

Zuvor hatte bereits Ende Januar Sturmtief „Nadia in den Wäldern gewütet und nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums deutlich mehr als 100.000 Bäume umstürzen lassen. Das Ministerium sprach von einem „erheblichen betriebswirtschaftlichen Schaden“. Für die Beseitigung der Schäden sei der jeweilige Waldbesitzer zuständig, so Umweltminister Till Backhaus (SPD).