Ukraine-Konflikt: MV-Klimastiftung soll Arbeit ruhen lassen

Ukraine-Konflikt: MV-Klimastiftung soll Arbeit ruhen lassen

22. Februar 2022 Aus Von ...Susanne Kimmpert
Stand: 22.02.2022 19:42 Uhr

Nachdem die Bundesregierung als Reaktion auf den Konflikt in der Ukraine die Genehmigung der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 gestoppt hat, soll auch die Klimastiftung Mecklenburg-Vorpommerns ihre Arbeit vorerst einstellen.

Nach dem vorläufigen Stopp für die Erdgas-Pipeline Nord Stream 2 soll auch die landeseigene Klima- und Umweltstiftung ihre Arbeit ruhen lassen. Die stellvertretende Ministerpräsidentin Mecklenburg-Vorpommerns, Simone Oldenburg (Linke), sagte nach der Kabinettssitzung am Dienstag in Schwerin, die Stiftung werde gebeten, sämtliche Projekte ruhen zu lassen. Die umstrittene Fertigstellung der Erdgas-Pipeline war von der Stiftung unterstützt worden, um so angedrohte Sanktionen der USA zu umgehen. Die Nord-Stream-Gruppe hatte der Stiftung 20 Millionen Euro an Stiftungsgeldern zugesagt. Die Stiftung äußerte sich auf mehrere Anfragen des NDR nicht zu der Bitte der Landesregierung. Vorstandsvorsitzender der Stiftung ist Ex-Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD).

Auch “Russlandtag” wird ausgesetzt

Auch der sogenannte Russlandtag soll in diesem Jahr nicht stattfinden, wie der Chef der Schweriner Staatskanzlei, Patrick Dahlemann (SPD), sagte. Die umstrittene Wirtschaftskonferenz hatte Mecklenburg-Vorpommern erstmals in Rostock im Oktober 2014 veranstaltet – gut ein halbes Jahr, nachdem die EU infolge der Annexion der Krim erste Sanktionen gegen Russland verhängte.

Bundesregierung stoppt Nord Stream 2

Als Reaktion auf das russische Vorgehen gegenüber der Ukraine stoppt die Bundesregierung vorerst das Pipeline-Projekt. Er habe das Bundeswirtschaftsministerium gebeten, die nötigen verwaltungsrechtlichen Schritte zu unternehmen, damit vorerst keine Zertifizierung der Gas-Pipeline erfolgen kann, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Berlin. Die neun Milliarden Euro teure Pipeline ist fertiggebaut und sollte Erdgas in Lubmin bei Greifswald anlanden.

Ukraine-Krise: Stopp für Nord Stream 2 – Reaktionen aus MV

Nach dem vorläufigen Stopp für Nord Stream 2 soll auch die Klimastiftung Mecklenburg-Vorpommerns ihre Arbeit vorerst einstellen.

Linke wirft Putin Bruch des Völkerrechts vor

Aus den Reihen der rot-roten Regierungskoalition in Mecklenburg-Vorpommern reagierte zunächst die Landesvorsitzenden der Linken, Wenke Brüdgam und Torsten Koplin. “Die Anerkennung der sogenannten Volksrepubliken in der Ost-Ukraine durch Putin ist ein Bruch des Völkerrechts, die Entsendung von Truppen eine Verletzung der UN-Charta”, kritisierten sie das Vorgehen Russlands. Sie forderten den sofortigen Rückzug der Truppen und einen umfassenden Waffenstillstand. Die Landes-SPD reagierte erst am späten Nachmittag. Eine neue Lage brauche eine neue Beurteilung, betonte der Generalsekretär der Partei, Julian Barlen, bei NDR MV Live. Die Landes-SPD trage die Entscheidung der Bundesregierung mit. Genauso äußerte sich Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) später über “Twitter”.

Bundeskanzler Scholz: Vorläufiger Stopp für Nord Stream 2

Die Bundesregierung stoppt als Reaktion auf den Konflikt in der Ukraine die Genehmigung der Ostsee-Pipeline.

AfD: “Kein Öl ins Feuer gießen”

Der AfD-Landtagsfraktionsvorsitzende Nikolaus Kramer bedauerte “die Zuspitzung der Lage in Donezk und Luhansk ausdrücklich”. Es sei aber “alles andere als hilfreich in dieser unklaren Situation, dass die Bundesregierung die Genehmigung für das Wirtschaftsprojekt Nord Stream 2 gestoppt hat”. Damit würde “Öl ins Feuer” gegossen. Anstatt mit Sanktionen und Waffenlieferungen Öl ins Feuer zu gießen, müssen jetzt alle diplomatischen Kanäle aktiviert werden.

Kanzler Scholz: Jetzt keine Zertifizierung von Nord Stream 2

Vor dem Hintergrund des Russland-Ukraine-Konflikts stoppt die Bundesregierung das Genehmigungsverfahren für die Erdgas-Pipeline nach MV bis auf Weiteres.

FDP will Stiftung auflösen

Die CDU, die FDP und die Grünen forderten unterdessen eine Sondersitzung des Landtags. Der CDU-Landtagsfraktionsvorsitzende Franz-Robert Liskow unterstützte den Schritt der Bundesregierung, Nord Stream 2 bis auf weiteres zu stoppen. Das sei ein klares Signal, “wir stehen an der Seite der Ukraine”. Auf ein ähnlich klares Signal seitens der rot-roten Landesregierung warte die CDU noch, sagte Liskow bei NDR MV Live. Die FDP-Landtagsfraktion forderte die Auflösung der Klimastiftung. Die Invasion Russlands in das Staatsgebiet der Ukraine stelle einen Völkerrechtsbruch dar, so der Fraktionsvorsitzende René Domke. Neben Veranstaltungen wie der Russlandtag müsste auch die Unterzeichnung des Petersburger Partnerschaftsabkommen auf Eis gelegt werden.

Grüne fordern von Schwesig Distanz zu Russland

Die Grünen Mecklenburg-Vorpommerns begrüßten den Stopp der Gas-Pipeline Nord Stream 2. “Harte wirtschaftliche Sanktionen sind das einzige Mittel, um Putins Expansionsdrang Einhalt zu gebieten. Der Stopp von Nord Stream 2 ist nur folgerichtig”, so die Landesvorsitzende Weike Bandlow. Putin habe kein Interesse an einer Deeskalation, sondern prüfe den Westen ganz bewusst. Der Landtagsfraktionsvorsitzende der Grünen, Harald Terpe, forderte Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) auf, “endlich auf Distanz zu ihrer bisherigen, geradezu russlandhörigen Politik zu gehen”, dies habe Putin in die Hände gespielt und Mecklenburg-Vorpommern wohl mehr geschadet als genützt. Terpe stellte die Klimastiftung insgesamt zur Disposition, ihre gesamte Konstruktion sei ein “Unding”. Die Stiftung sei immer an das Interesse eines russischen Staatskonzerns gekoppelt gewesen, sagte Terpe bei NDR MV Live.

IHK prophezeit Auswirkungen für die Unternehmen

Der Präsident der Industrie- und Handelskammer zu Schwerin, Matthias Belke, betonte, es gelte “das Primat der Politik” in diesem internationalen Konflikt. “Gleichwohl muss allen Beteiligten bewusst sein, dass Sanktionen auch Unternehmen in Westmecklenburg hart treffen werden, so Belke. Deshalb müsse mit der Politik über Kompensationen gesprochen werden. Lubmins Bürgermeister Aexl Vogt hofft unterdessen noch, dass das Pipeline-Projekt noch nicht endgültig gescheitert ist. Er gehe “nach wie vor von einer diplomatischen Lösung des Ukraine-Konflikts aus. Tatsache sei auch, dass die Gemeinde weder für 2022, noch für kommende Hauhalte mit Gewerbesteuer-Einnahmen aus dem Pipeline-Geschäft geplant habe.

Die Inszenierung von Traumata

Roman Dubasevych, ukrainischer Kulturwissenschaftler an der Universität Greifswald, berichtete bei NDR MV Live, die Unruhe unter seinen Landsleuten in Greifswald sei subtil: “Wir haben angefangen zu frösteln.” Russland und die Ukraine würden, so Dubasevych weiter, in dem aktuellen Konflikt ihre Traumata inszenieren, wodurch eine Lösung schwerfalle. Für Russland gehe es um eine vermeintliche Umzingelung, für die Ukraine um die vor acht Jahren verlorene Chance auf mehr Unabhängigkeit.