Energiepreise auf Rekordhoch: Rufe nach Eingriffen werden lauter
11. März 2022Spritpreise jenseits der Zwei-Euro-Marke und immer weiter kletternde Gaspreise: Die Energiekosten belasten Verbraucher und Wirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern gleichermaßen. Rufe nach Gegenmaßnahmen werden lauter.
Die Unternehmen im Nordosten sehen die steigenden Energiekosten mit großer Sorge. Das hat eine Umfrage der Industrie- und Handelskammern (IHK) in Mecklenburg-Vorpommern ergeben. Demnach sind alle Branchen betroffen – kurzfristig jedoch vor allem kleine und mittlere Unternehmen. Denn diese haben kleinere Rücklagen und kommen schwerer an Kredite als große Unternehmen, wie ein Sprecher der IHK Rostock NDR 1 Radio MV erklärte. Doch auch für die großen Betriebe dürften die hohen Energiekosten längerfristig problematisch werden, hieß es.
Rostocker Bäckereibetrieb mit doppelt so hohen Energiekosten
Die Geschäftsführerin der Konditorei und Bäckerei Nowak aus Rostock geht davon aus, dass die steigenden Kosten existenzgefährdend werden könnten. 2022 werde sie im Vergleich zum Vorjahr voraussichtlich 70.000 Euro mehr für Strom und Gas zahlen. Das sei fast eine Verdoppelung. Eine mögliche Folge: Verbraucherinnen und Verbraucher müssen mit höheren Preisen für Backwaren rechnen.
Handwerk: Druck von mehreren Seiten
Auch die Handwerkskammern in Schwerin und Rostock sehen die Belastungsgrenze als längst überschritten an, wie es hieß. Denn das Problem der steigenden Energiekosten treffe das Handwerk von mehreren Seiten. Baubetriebe und Dienstleister erlebten eine Kostenexplosion bei den Fahrkosten. Auch energieintensive Betriebe könnten immer weniger auskömmlich produzieren. Zudem befürchteten Handwerker, die als Zulieferer oder Dienstleister für große Unternehmen mit hohem Energiebedarf arbeiten, einen flächendeckenden Ausfall von Auftraggebern.
Wirtschaft fordert Absenkung der Mehrwert- und Energiesteuern
Aus der Wirtschaft kommen dementsprechend erste Rufe nach einem Eingreifen der Politik. Entlastungen für die Wirtschaft müssten „schnellstens“ auf die Tagesordnung, sagte Matthias Belke, geschäftsführender Präsident der IHKs im Land. Die Abschaffung der EEG-Umlage verpuffe durch die aktuellen Preiserhöhungen. Aus Sicht des Industrievertreters sei der Staat durch Steuern, Abgaben und Umlagen ein Preistreiber, hinzu komme die Belastung durch die Netzentgelte. Die IHKs fordern eine Task Force für die Energiebepreisung und plädieren für eine zeitlich befristete Senkung der Mehrwertsteuer oder der Energiesteuern. Ihren Angaben nach lag der Preis für eine Megawattstunde Gas im Großhandel zuletzt bei über 300 Euro, während das langjährige Mittel nur bei bis zu 20 Euro gelegen habe.
AfD steht mit Antrag auf Steuersenkungen allein da
Das Thema hat die Politik bereits erreicht. Die AfD forderte am Freitag im Landtag in einem Antrag eine Senkung der entsprechenden Mehrwehrtsteuer, das Aussetzen der CO2-Abgabe und eine Erhöhung der Pendlerpauschale. „Bisher läuft die Inflation und insbesondere die Spritpreise der Entwicklung des Löhne hinterher. Deswegen müssen wir jede Stellschraube zugunsten unserer Bürger drehen“, sagte der energiepolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Stephan Reuken. Aus den übrigen Fraktionen gab es Kritik an dem Antrag. Er sei „halbgar“ und fast wörtlich einer Vorlage der AfD-Bundestagsfraktion entnommen, mit der diese schon Ende vergangenen Jahres in Berlin gescheitert war, so René Domke von der FDP. Liberale, Grüne, SPD und CDU sehen den Ball stattdessen bei der Bundespolitik in Berlin.
Geue: Kostensteigerungen können nicht durch Steuersenkungen aufgefangen werden
Finanzminister Heiko Geue (SPD) sprach sich dafür aus, dass das „Klimageld“ früher kommt als bisher von Bund geplant. Geue hält eine Bundesratsinititative für möglich. Dass das Land selbst in die Kasse greift, um Entlastungen zu bringen, kann er sich nicht vorstellen. Die Kosten seien zu hoch. „Wir sollten uns nicht vormachen, dass es möglich sein könnte, die enormenen Preissteigerungen, die es gegeben hat, mit denen wir nach Lage der Dinge auch weiter umgehen müssen, dass wir die vollständig durch Steuersenkungen auffangen können.“