Präsidentschaftswahl in Frankreich Einschwören auf den 24. April
11. April 2022Bei der ersten Runde der Präsidentenwahl landete Amtsinhaber Macron vor der Rechtspopulistin Le Pen. Vor der Stichwahl schwören beide ihre Anhänger ein – und buhlen um Stimmen der unterlegenen Kandidaten.
Er zählt sie alle auf – in einer Messehalle im Pariser Südwesten. Die unterlegenen Kandidatinnen und Kandidaten. „Danke, dass ihr ihnen Beifall spendet“, sagt der Gewinner der ersten Runde, der sich deutlicher absetzen konnte als vorhergesagt. Als Geste des Respekts gedacht, kam es eher an, als führe Macron alle vor.
Erste Runde Präsidentschaftswahl Frankreich | |
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Emmanuel Macron | 27,60 % |
Marine Le Pen | 23,41 % |
Jean-Luc Mélenchon | 21,95 % |
Eric Zemmour | 7,05 % |
Valérie Pécresse | 4,79 % |
Quelle: Innenministerium, 97% Auszählung |
Empfehlungen für Le Pen
„Wir werden gewinnen!“, setzen die Sympathisanten der Rechtsaußenpolitikerin Marine Le Pen dagegen. In einem Pavillon im Parc Floral, einem Blumenpark im Südosten der Hauptstadt, sagt sie entschlossen lächelnd: „Von Ihrem Votum hängt ab, welchen Platz wir den Menschen gegenüber der Macht des Geldes geben, ich denke an die Solidarität mit den Verletzlichsten. Überall stelle ich Frankreichs Souveränität wieder her, die Freiheit der Franzosen, für sich selbst zu entscheiden. Ich werde die Einwanderung kontrollieren und Sicherheit für alle garantieren.“
Nach der Wahl ist vor der Wahl: Schon am Abend wurden Empfehlungen ausgesprochen. Eine auch für Le Pen. „Ihr gegenüber steht ein Mann, der zwei Millionen Migranten ins Land gelassen hat, ein Mann und der es noch schlimmer machen würde bei seiner Wiederwahl. Ich irre mich nicht im Gegner“, so der noch weiter rechts stehende Publizist Eric Zémmour. Er holte etwa sieben Prozent der Stimmen.
Block gegen rechts
Die anderen machen Block gegen rechts: So die Kandidatinnen der einst großen Volksparteien – die Konservative Valérie Pecresse und die Sozialistin Anne Hidalgo, die mit rund fünf beziehungsweise zwei Prozent ein geradezu demütigendes Ergebnis einfuhren. „Damit Frankreich nicht in den Hass jeder gegen jeden stürzt, rufe ich Sie mit großem Ernst auf, am 24. April den Stimmzettel für Emmanuel Macron zu nutzen“, sagt Hidalgo.
Das hat auch Pécresse vor und sie begründet: „Marine Le Pens Projekt wird Frankreich zu Zwietracht, Ohnmacht und Scheitern führen. Ihre historische Nähe zu Wladimir Putin diskreditiert sie. Ihre Wahl würde Frankreich auf internationaler und europäischer Bühne auslöschen.“
Schon warnen Wissenschaftler wie Alain Chouraqui, der die Stiftung des ehemaligen Internierungslagers „Camp der Tausenden“ leitet aus historischer Erfahrung: „Wir stecken in einer Spirale und sind in Frankreich an der Stelle, wo ein Abrutschen in ein autoritäres Regime möglich ist.“
Duell wie vor fünf Jahren
„Das Duell“, titelt bereits die Zeitung „Les Echos“. Politikexperte Christophe Barbier erinnert an das von vor fünf Jahren. Dieselben Köpfe, Macron der Sieger. „Wir steuern auf eine Revanche zu. Vor fünf Jahren hatte Macron zwei Reserven: die Stimmen der Sozialisten und Grünen wie jetzt auch. Aber die Konservativen hatten damals 20 Prozent, davon ist nur ein Viertel übrig. Die Katze ist mager!“
Wahlentscheidend dürften die mehr als 20 Prozent des Linksaußen-Manns Jean-Luc Mélenchon sein, die Nummer eins der jungen Wähler. Er rief das Motto aus: Keine Stimme für Le Pen und malte ein düsteres Bild: „Man hat das Gefühl, in einen ökologischen, sozialen und nun auch politischen Ausnahmezustand geraten zu sein.“
Friederike Hofmann, ARD Paris, über die Präsidentschaftswahl in Frankreich
Politikprofessor Dominique Reynié macht noch eine Rechnung auf: „66 Prozent der Wahlberechtigten sind nicht hingegangen oder haben Kandidaten gewählt, die unser politisches System ablehnen. Macron erscheint wie auf einer Insel im Ozean des Protests. Es zeichnet sich eine gewaltvollere Gesellschaft ab, die ihre Konflikte nicht mehr friedlich etwa bei Wahlen lösen kann.“ Die Zeit bis zur Stichwahl könnte einen Vorgeschmack geben.