Klimastiftung: Schwesig bundesweit unter Druck
14. April 2022In der Schweriner Staatskanzlei hoffen sie jetzt auf ruhige Ostertage und darauf, dass sich der Trubel irgendwie legt. Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) ist wegen ihrer umstrittenen Stiftung Klima- und Umweltschutz MV massiv unter Druck geraten. Das Presseecho angesichts neuer Akten-Freigaben ist verheerend.
Lange war Schwesig ein Liebling der Hauptstadtpresse und Dauergast der Talkshows. Die 47-jährige Mutter zweier Kinder ließ sich auch in bunten Blättern als Politikerin mit Herz feiern. Schwesig schien gelegentlich weniger Politikerin, dafür mehr Prominente zu sein. Jetzt steht sie aber nicht wegen netter Bilder, sondern wegen ihrer Politik im Fokus.
Am vergangenen Dienstag hat Schwesig alle Vorwürfe, ihre Landesregierung habe sich von der russischen Nord Stream 2 AG regelrecht einspannen lassen, als „falsch“ zurückgewiesen. Falsch sei damit auch der Eindruck, das Land habe mit der Klimastiftung eine Mogelpackung und Tarnorganisation auf den Weg gebracht, die nur dazu diente, die russische Gaspipeline Nord Stream 2 zu Ende zu bauen und damit dem Kreml weitere Einnahmen aus Gasgeschäften zu bescheren.
Für Kopfschütteln sorgte Schwesig auch mit der Aussage, „die Idee zur Gründung ist innerhalb der Landesregierung vom damaligen Energieminister Christian Pegel entwickelt worden.“ Es entstand der Eindruck, Schwesig wolle von eigener Verantwortung ablenken und ihrem jetzigen Innenminister Pegel die Sache in die Schuhe schieben. Die Opposition warnte die Regierungschefin davor, ein Bauernopfer vorzuschieben.
Verheerendes Presseecho: Schwesig als Marionette Putins?
Denn auch die Akten, die die Landesregierung jetzt auf Antrag freigegeben hat, zeigen trotz enormer Lücken, dass Schwesig in den Prozess der Stiftungsgründung eingebunden war. Das Presseecho auf Schwesigs Reaktion ist verheerend. Die „BILD-Zeitung“ macht Schwesigs Pipeline-Stiftung zum bundesweiten Aufmacher. In gewohnt dicken Lettern heißt es auf Seite 1: „Brisante Dokumente über Ministerpräsidentin Manuela Schwesig – wie Putin in Deutschland mitregierte.“ Auf Seite 2 ist ein lächelnder Wladimir Putin zu sehen, der Schwesig als Marionetten-Figur an den Strippen führt.
„Für Schwesig wird es eng“
Das Blatt liefert dazu die bekannten Einzelheiten – vor allem, dass Schwesig und ihr Vorgänger Erwin Sellering (SPD) sich immer wieder mit Nord-Stream 2-Spitzenleuten getroffen haben und dabei auch die Stiftungsidee geboren wurde. Garniert wird das mit dem Begriff von der Gazprom-Schummel-Stiftung. Der „Tagesspiegel“ aus Berlin titelt über einem Bild von Schwesig: „Schwerin, der Vorposten des Kreml“. Die Zeitung schreibt: „Für Schwesig wird es eng.“ Ähnlich greift die Hamburger „Morgenpost“ das Thema auf. Dort heißt mit Blick auf Schwesig: „Das SPD-Problem beim Ukraine-Krieg.“ Auch „Spiegel Online“ sieht Schwesig als ein Problem für die SPD.
Viel Angriffsfläche wegen Kuschelkurs mit Kreml
Bundesweite Negativ-Schlagzeilen muss Schwesig seit Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine immer wieder hinnehmen. Ende Februar hatte der ukrainische Botschafter Andriy Melnyk Schwesig wegen ihrer russlandfreundlichen Politik Heuchelei vorgeworfen. Schwesig wird einsortiert in die Reihe führender SPD-Politiker, denen ein Kuschelkurs mit dem Kreml nachgesagt wird. Mecklenburg-Vorpommern wird mit einer besonderen Ausprägung auffällig: Russlandtage als Wirtschaftstreffen bereits kurz nach der russischen Annexion der Krim 2014, staatliche Förderung eines Russlandvereins, Partnerschaften mit dem Gebiet St.-Petersburg, die massive Werbung für das umstrittene Pipeline-Projekt Nord Stream 2, Schwesigs Forderung nach einer Aufhebung der Sanktionen gegen Russland 2018 und dazu die Klimastiftung, die mit Geld aus russischen Gasgeschäften finanziert wird. All das wird für Schwesig zum Ballast, auch wenn sie einräumt, sie habe „einen Fehler“ gemacht.
Keine Unterstützung aus der Parteizentrale
Auffällig ist, dass die Ministerpräsidentin aus der Bundes-SPD keine Unterstützung bekommt. Schwesig, die vor nicht allzu langer Zeit durchaus als Anwärterin auf eine Kanzlerkandidatur galt, sieht ihre Sterne am Berliner Polit-Himmel sinken. Öffentlich dagegen gibt sie sich kämpferisch. Auf die Frage, ob sie ihren bundespolitischen Einfluss eingebüßt habe, sagte sie vor gut zwei Wochen knapp: „Nein.“
Funkstille auf Social-Media-Kanälen
Jetzt gräbt sich die Landes-SPD ein. Bei Schwesig, die sonst in den sozialen Medien sehr aktiv ist, herrscht Funkstille. Aus der SPD hieß es, das Land habe andere, wichtigere Probleme als die Stiftung. Die Landtags-Opposition sieht das naturgemäß anders. Im Mai kommt der Untersuchungsausschuss des Landtags. Die zentrale Frage ist: Warum hat sich die SPD für die wirtschaftlichen Interessen eines russischen Unternehmens einspannen lassen und mit einer eigenen Stiftung dafür gesorgt, dass das zentrale Projekt des Kreml, die Gas-Pipeline Nord Stream 2, zu Ende gebaut werden kann? Diese Fragen muss auch Schwesig beantworten.