Nord-Chefs wollen Ausbau erneuerbarer Energie voranbringen
21. April 2022Die Regierungschefs der norddeutschen Länder sind am Donnerstag in Kiel zusammengetroffen. Inhaltlich ging es unter anderem um die Zusammenarbeit in der maritimen Wirtschaft und bei erneuerbaren Energien.
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hat am Donnerstagvormittag seine Kollegen und Kolleginnen Peter Tschentscher aus Hamburg, Andreas Bovenschulte aus Bremen, Manuela Schwesig aus Mecklenburg-Vorpommern und Stephan Weil (alle SPD) aus Niedersachsen begrüßt. Gemeinsam wollen sie als norddeutsche Länder den Ausbau der erneuerbaren Energien beschleunigen und die maritime Wirtschaft weiter stärken. In einem Beschlusspapier heißt es, das gemeinsames Ziel sei es, die Region modern, innovativ und krisenfest aufzustellen. Das betreffe nicht nur Schifffahrt und Häfen, Schiffbau und maritime Technologien, sondern auch die Energiewende.
Schwesig und Weil für Fortschritte in der Energiewende
„Wir brauchen unbedingt einen schnelleren Ausbau der erneuerbaren Energien“, sagte Schwesig. Es sei ein Fehler der alten Bundesregierung gewesen, die Windkraft auf dem Meer zu deckeln. Die Nord-Länder wollten mit dem Ausbau erneuerbarer Energien einen elementaren Beitrag zur Energiesouveränität Deutschlands leisten. „Gemeinsam mit dem Bund und den anderen Ländern muss es auch gelingen, den überschüssigen Strom, der in Norddeutschland produziert wird, nicht abzuregeln, sondern vor allem lokal zu verbrauchen oder in andere Länder weiterleiten zu können“, hieß es in Kiel.
Die Nord-Länder seien sehr gut in der Lage, energiepolitisch noch mehr Verantwortung zu übernehmen, meinte Weil. Viel Wind, Speicherkapazitäten und Know-how in Sachen Wasserstoff sowie Anlandemöglichkeiten für LNG-Frachter hätten angesichts des Ukraine-Kriegs und der umweltpolitischen Herausforderungen enorme Bedeutung für ganz Deutschland. Von Norddeutschland müssten wichtige Maßnahmen für eine schnellere Energiewende ausgehen, betonte Niedersachsens Regierungschef. „Wir verstehen uns ja in Norddeutschland sehr gut untereinander.“
Tschentscher betont wichtige Seehafenanbindung
Tschentscher betonte auch vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs die Stärke des norddeutschen Wirtschaftsraums. „Wir haben eine gute Seehafenanbindung und die ist jetzt in der Ukraine-Krise enorm wichtig.“ Es zeige sich gerade, wie bedeutsam es sei, dass Lieferketten aufrechterhalten werden. Über den Hamburger Hafen und über die Elbe habe man einen guten Zugang zum Weltmarkt. „Wenn jetzt mit Brunsbüttel, vielleicht auch Hamburg, LNG-Importmöglichkeiten geschaffen werden, dann hilft uns das sehr.“
Die Umstellung der Industrie auf eine klimaneutrale Produktion sei auch eine zentrale Herausforderung für die Zukunft, sagte Bovenschulte. Bremen und den Norden sehe er da insgesamt gut aufgestellt.
Günther: Gemeinsam im Schiffbau stärker werden
Gemeinsam besuchten die Länderchefs auch die Werft German Naval Yards. Beim Besuch spielte auch die Absicht der Bundesregierung eine Rolle, die Bundeswehr mit einem Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für Investitionen und Rüstungsvorhaben auszustatten. Die Werft ist spezialisiert auf große Marineschiffe wie Fregatten und Korvetten, die Nachbarwerft TKMS auch auf U-Boote. Norddeutschland habe mit seinen Werften ein Alleinstellungsmerkmal in der sogenannten blauen Wirtschaft, sagte Schleswig-Holsteins Regierungschef Günther. Auch wenn es Konkurrenz zwischen Werften gebe, wollen die norddeutschen Länder laut Günther die Voraussetzungen für den nationalen Schiffbau gemeinsam verbessern.
Zu viel Netzentgelte für Nordländer
Einig war man sich auch bei der Verteilung der Netzentgelte. Nach Meinung der Länderchefs bezahlen die Menschen in den norddeutschen Bundesländern zu viel an Netzentgelten, da die Kosten überproportional auf erneuerbaren Energien liegen. Eine schreiende Ungerechtigkeit, die keinen Anreiz für erneuerbare Energien schaffe, so Günther. Die südlichen Bundesländer sträuben sich gegen eine neue Kostenverteilung. Die Ampel-Koalition im Bund habe in ihrem Koalitionsvertrag geschrieben, das zu ändern. Günther hofft deshalb mit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) einen Verbündeten in Berlin zu haben, um das noch in diesem Jahr zu ändern.