Infektionszahlen explodieren – In Südafrika zeigt sich, was neue Omikron-Varianten anrichten können

Infektionszahlen explodieren – In Südafrika zeigt sich, was neue Omikron-Varianten anrichten können

4. Mai 2022 Aus Von ...Linda Gerke
Mittwoch, 04.05.2022, 14:35

Die Corona-Infektionszahlen in Südafrika steigen rasant an. Verantwortlich dafür sind zwei neue Omikron-Varianten. Eine davon ist auch in Deutschland schon aufgetaucht. Und unser Immunschutz dagegen ist laut Gesundheitsminister Karl Lauterbach wohl gering.

Die beiden Omikron-Geschwister BA.4 und BA.5 sorgen in Südafrika gerade für einen schnellen Infektionsanstieg. Seit Mitte April nehmen die Fälle deutlich zu. Wissenschaftler riefen dort bereits die fünfte Welle aus.

Während sich die Werte von Mitte März bis Mitte April auf einem Niveau von etwa 1200 eingependelt zu haben schienen, stiegen sie seit dem 17. April wieder deutlich an. Am Mittwoch melden die Behörden 3785 neue Infektionsfälle binnen 24 Stunden. Einen neuen Höchstwert seit fast drei Monaten erzielte das Land vor wenigen Tagen mit über 6000 Neuinfektionen.

Covid-19 virus mutates or develops a strain. enter the body Head to the lungs and attack the lungs, respiratory system. 3D Rendering Coronavirus Concept. Mutation from Alpha, Delta and Epsilon.

Bislang wirken sich die gestiegenen Infektionsfälle zwar weder auf die Klinikeinweisungen noch auf die Todeszahlen aus. Gesundheitsminister Joe Phaahla hatte in der vergangenen Woche dennoch seine „Besorgnis“ zum Ausdruck gebracht.

Auch Top-Virologe Christian Drosten erklärte vergangene Woche auf Twitter, man sehe bisher zwar glücklicherweise keine Auswirkungen des Ansteigs auf die Krankenhaus-Einweisungen in Südafrika  – „aber das könnte sich in den kommenden zwei Wochen einstellen.“

Omikron: Zwei Gründe, warum sich BA.4 und BA.5 so rasant verbreiten

Dass sich die beiden Varianten mit so rasantem Tempo verbreiten, hat laut Experten zwei Gründe.

1. Infektiösität:

Dass sich die Varianten so schnell verbreiten, liegt vor allem an ihrer Infektiösität. BA.4 und BA.5 gelten als deutliche ansteckender als andere Omikron-Geschwister. Anfangs nahm ihr Anteil zwar nur „schleichend“ zu, wie Drosten auf Twitter erklärte – dann aber sei ihr Anteil „plötzlich exponentiell“ angestiegen. Jetzt treiben sie offenbar die Infektionszahlen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte beide Virustypen im April als „besorgniserregend“ eingestuft.

2. Mangelnder Immunschutz:

Hinzu kommt laut Virologe Drosten, dass bei den beiden Varianten ein Immun-Escape „wahrscheinlich“ ist. Sie können sich also wahrscheinlich zumindest in Teilen der Immunabwehr, die der Körper durch Impfung oder Infektion gebildet hat, entziehen und trotzdem Zellen befallen.

Darauf deuten auch neue Untersuchungen hin. „Die Studien zu Omikron BA.4 und BA.5 legen nahe, dass die vorherigen Omikron-Infektionen keinen oder wenig Schutz vor Ansteckung geben könnten“, warnte etwa Gesundheitsminister Karl Lauterbach auf Twitter.

Wie es um die Impfstoffe bestimmt ist, ist bislang nicht klar. Von Omikron und BA.2 ist allerdings bekannt, dass die Impfstoffe weniger gut wirken als gegen zuvor vorherrschende Varianten wie Delta.

Droht auch in Deutschland eine neue Corona-Welle?

Noch gibt es in Deutschland kaum Fälle mit den neuen Varianten. Etwa meldete das Robert-Koch-Institut (RKI) in Kalenderwoche 15 nur drei Proben mit BA.5. Damit machte die Variante lediglich 0,1 Prozent aller Tests aus. BA.4 verzeichnete das Institut laut jüngstem Wochenbericht bislang nicht.

Dominierend in Deutschland ist bislang vielmehr die BA.2-Variante. Das RKI gibt deren Anteil an der Gesamtzahl der Infektionen mit mehr als 96 Prozent an. Bislang sehen Experten demnach keine Hinweise, dass die Fallzahlen in Deutschland in den kommenden Wochen noch einmal stark steigen.

Das begründete Drosten im Gespräch mit dem „Deutschlandfunk“. Einerseits, weil Deutschland nach BA.1 im Gegensatz zu BA.2 bereits eine starke Welle verzeichnete. Außerdem komme nun mit mit dem Sommer der Temperatureffekt hinzu, der das Infektionsgeschehen dämpfe. „Ich erwarte schon, dass BA.4 und BA.5 auch zahlenmäßig zunehmen werden, aber innerhalb von einer Gesamtzahl, die sehr niedrig ist.“

In Deutschland ist nach Daten des RKI der Typ BA.2 also weiterhin klar vorherrschend. Weitere Varianten werden sehr selten gefunden, allerdings werden auch nicht alle positiven Proben dahingehend untersucht.

Allerdings zeigt der Blick nach Afrika, dass die Varianten sich schnell durchsetzen und dann zu einem Anstieg führen können. In Österreich gibt es nach Medienberichten ebenfalls schon 30 Fälle mit der BA.4-Variante.

Bundesgesundheitsminister Lauterbach warnte demnach davor, dass die Varianten in Deutschland durchaus noch einmal eine Infektionswelle auslösen könnten. „Darauf bereiten wir uns jetzt schon vor“, schrieb der Gesundheitsminister auf Twitter. Allerdings rechne er erst im Herbst damit.

Was gerade in Südafrika passiert, dient uns in Deutschland also nicht als direkte Vorschau. Vielmehr können wir die Entwicklung als Warnung betrachten. Die Pandemie ist, auch wenn es aufgrund der sinkenden Infektionszahlen so scheinen mag, noch nicht vorbei. Auch Maßnahmen sollten Fachleuten zufolge nicht endgültig abgeschafft und womöglich im Herbst wieder ergriffen werden.

Denn Südafrika hatte etwa erst Anfang April nahezu alle Corona-Maßnahmen beendet. Diese „sollten nur so lange gewartet werden, wie es unbedingt erforderlich ist“, erklärte Präsident Cyril Ramaphosa damals in einer offiziellen Mitteilung, sprach von einer „neuen Phase der Pandemie“. Die Lockerungen scheinen den Anstieg der Fälle nun zu begünstigen.