Donnerstag, 05.05.2022, 06:39
Die Lage in Mariupol bleibt weiter prekär. Auf der einen Seite konnten jüngst 344 Menschen aus der Region gerettet werden. Gleichzeitig ist der Kontakt zu den Kämpfern im Stahlwerk abgerissen. Deutschlands Waffenlieferungen verzögern sich stark. Was in der Nacht passiert ist.
Das Ukraine-Update am 05. Mai: Was heute Nacht passiert ist
- Die Lage in Mariupol – große Rettung, große Hoffnung, große Sorgen
Große Rettung: Aus der umkämpften ukrainischen Stadt Mariupol und Umgebung sind am Mittwoch 344 Menschen auf ukrainisch kontrolliertes Gebiet gerettet worden. Die Frauen, Kinder und älteren Leute seien sicher in der Stadt Saprorischschja angekommen, sagte Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk. „Das ist ein weiterer kleiner Sieg für uns.“ Die Flüchtlinge waren seit dem Morgen von Stationen in Mariupol, Manhusch, Berdjansk, Tokmak und Wasyliwka aufgesammelt worden. Es gab keine Angaben, wie viele von ihnen im Stahlwerk Azovstal ausgeharrt hatten, dem letzten Verteidigungsposten der Ukrainer in Mariupol.
Große Hoffnung: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hofft auf weitere erfolgreiche Evakuierungsaktionen für Zivilisten aus Mariupol. Die ukrainische Seite werde die dafür notwendigen Feuerpausen einhalten, sagte er. „Wir hoffen, weiterhin Menschen aus Azovstal, aus Mariupol retten zu können.“ Dabei hofft Selenskyj auch weiterhin auf Hilfe von UNO und Rotem Kreuz. „Das Leben der Menschen, die noch dort sind, ist in Gefahr.“
Große Sorgen: Das Asov-Stahlwerk wurde am Dienstag und Mittwoch offenbar heftig angegriffen. Zunächst sprach der Bürgermeister von Mariupol, Wadym Boitschenko davon, dass der Kontakt zu den ukrainischen Soldaten im Asow-Werk abgerissen sei. Die Behörden wüssten deshalb nicht, ob die dortigen ukrainischen Soldaten „sicher sind oder nicht“. Am späten Mittwochabend kam dazu die Meldung, russische Truppen hätten das Asow-Stahlwerk mit thermobarischen Raketen beschossen. Das legten Videos nahe, die die sogenannte „Volksrepublik Donezk“ am Mittwoch teilte. Darauf ist zu sehen, wie Raketenartillerie die Fabriken und Warenhäuser auf der Anlage regelrecht durchschneidet.
- Russische Armee simuliert „elektronischen Start“ von Atomraketen
Die russische Armee hat am Mittwoch laut Angaben des Verteidigungsministerium einen Angriff mit mobilen ballistischen Raketensystemen mit Atomwaffen vom Typ Iskander simuliert. Die Streitkräfte übten demnach Schläge gegen militärische Ziele eines imaginären Feinds sowie die Reaktion auf einen Gegenschlag.
Der russische Präsident Wladimir Putin betont seit zwei Monaten immer wieder die Möglichkeit eines Atomschlags. In den vergangenen Tagen war es auch im russischen Fernsehen immer wieder zu Debatten darüber gekommen.
- US-Informationen tragen zur Tötung russischer Generäle in Ukraine bei
Die von den USA an die ukrainische Armee gelieferten Geheimdienstinformationen haben einem US-Medienbericht zufolge zur Tötung mehrerer russischer Generäle beigetragen. Die „New York Times“ berichtete am Mittwoch unter Berufung auf Geheimdienstkreise, dass die USA insbesondere die Standorte der „mobilen Hauptquartiere der russischen Armee“ ausfindig machen und die Informationen mit den ukrainischen Streitkräften teilen. So konnten die Ukrainer die Kommandostände demnach mit Artillerie angreifen.
Die Ukrainer haben seit Beginn der Invasion in der Ukraine am 24. Februar wiederholt gemeldet, russische Generäle vor Ort getötet zu haben. Teils wurden die Angaben von russischer Seite bestätigt. Anfang März meldete die Stadtverwaltung der südrussischen Stadt Noworossijsk beispielsweise, dass General Andrej Suchowezkij, der stellvertretende Kommandeur der 41. Armee, in der Ukraine „heldenhaft“ gestorben sei.
Ukrainische Berichte, wonach der russische Generalstabschef Waleri Gerassimow in der vergangenen Woche bei einer „Explosion“ in Isjum in der Ostukraine verletzt worden sei, bestätigten die USA nicht. Das US-Verteidigungsministerium hatte jedoch am Montag bestätigt, dass Gerassimow „mehrere Tage“ an der Front im Osten der Ukraine verbracht hatte.
- Waffenlieferungen an die Ukraine – langsame Haubitzen, verzögerter Ringtausch
Langsame Haubitzen: Die deutsche Regierung will sieben Panzerhaubitzen an die Ukraine liefern. Diese würden derzeit repariert und könnten Ende Juni einsatzbereit sein. Das berichtet die „Bild“-Zeitung. Deutschland besitzt insgesamt 100 Waffensysteme vom Typ Panzerhaubitze 2000. 60 von ihnen sind allerdings nicht einsatzfähig.
Verzögerter Ringtausch: Unterdessen verzögert sich „Bild“ zufolge der Ringtausch mit Slowenien. Die Slowenen sollten T-72-Kampfpanzer an Kiew liefern, dafür deutsche Marder-Schützenpanzer sowie Fuchs-Transportpanzer bekommen. Aber Sloweniens Regierung besteht offenbar auf die Lieferung modernerer Panzer.
- Russlands Raketen treffen ukrainisches Schienennetz – um Nachschub abzuschneiden
Russland attackiert gezielt das ukrainische Bahnnetz mit Raketen. Damit wollen Putins Truppen die Nachschubwege für die ukrainische Armee abschneiden und auch Waffenlieferungen aus dem Westen erschweren. Der Leiter des ukrainischen Präsidialamtes, Andrij Jermak, schrieb dazu auf Telegram: „Russland versucht, unsere Logistik zu ruinieren, weil sie uns im Felde nicht besiegen können.“ Unter anderem griffen die Russen eine Eisenbahnbrücke über den Fluss Dnipro mitten in der gleichnamigen Großstadt an.
John Kirby, Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, sagte allerdings, die gelieferten Waffen gelangten trotz der Sabotageakte in die Hände der ukrainischen Kämpfer im Osten der Ukraine.
- Das bringt der Tag: Geberkonferenz in Polen
Am 71. Tag des Krieges tritt in Polen eine internationale Geberkonferenz zusammen. Sie soll Geld für humanitäre Hilfe in der Ukraine sammeln. Die Veranstaltung in Warschau wird von Polen und Schweden gemeinsam organisiert. Partner der Konferenz sind die Präsidenten der Europäischen Kommission und des Europäischen Rates. Auch die Vereinten Nationen beteiligen sich.