Hochrechnung: CDU erreicht 43,4 Prozent, SPD kommt auf 16 Prozent
8. Mai 2022Schleswig-Holstein hat einen neuen Landtag gewählt. Nach der aktuellen Hochrechnung von infratest dimap ist die CDU klarer Wahlsieger, die SPD erreicht einen historischen Tiefstand.
Demnach erhalten die Christdemokraten 43,4 Prozent. Für eine absolute Mehrheit benötigen sie 35 Sitze im Landtag, mit dieser Hochrechnung kämen sie auf 34 Sitze. Die SPD käme auf 16 Prozent und erreicht damit einen historischen Tiefstand seit 1947. Die Grünen kommen laut Hochrechnung auf 18,3 Prozent, die FDP auf 6,4 Prozent. Die AfD liegt bei 4,4 Prozent und wird damit den Wiedereinzug in den Landtagverpassen. Der SSW wäre mit 5,7 Prozent im neuen Landtag vertreten, obwohl die Partei, die die dänische und friesische Minderheit vertritt, von der Fünf-Prozent-Hürde ausgenommen ist.
Im Vergleich zur Landtagswahl 2017 legt die CDU laut aktueller Hochrechnung 11,4 Prozentpunkte zu, die SPD verliert 11,3 Prozentpunkte. Die Grünen verbessern sich um 5,4 Prozent, die FDP büßt 5,1 Prozentpunkte ein. Die AfD verschlechtert sich um 1,5 Prozentpunkte, der SSW legt 2,4 Prozentpunkte zu.
Günther: „Ergebnis berührt mich“
Ministerpräsident Daniel Günther wurde mit „Daniel, Daniel“-Sprechchören empfangen. „Die Wahlsiegerin ist die CDU, sind wir, daran kann es keinen Zweifel geben. Das ist ein enormer Vertrauensbeweis. Für mich ist das ein Ergebnis, das mich berührt. Ich kann mich nicht erinnern, wann wir so ein Ergebnis hatten, das ist schon 40 Jahre her“, freut sich Günther. Das Ergebnis spreche aber nicht nur für die CDU, sondern auch für die Regierungsarbeit der Jamaika-Koalition, sagt er. „Deshalb sage ich an der Stelle auch, dieses Vertrauen und diese Unterstützung, die wir bekommen haben, liegt auch an unseren Koalitionspartnern, mit denen wir zusammengearbeitet haben. Und deswegen bedanke ich mich ausdrücklich bei Grünen und FDP für die super Zusammenarbeit.“
Er will nach dem deutlichen Wahlsieg seiner CDU in den kommenden Tagen mit seinen bisherigen Koalitionspartnern Grüne und FDP Gespräche über die nächste Landesregierung führen. Es sei für ihn „vollkommen klar“, dass er nun mit den beiden Parteien Gespräche führe, sagte er weiter.
Diese Koalitionen wären möglich
Bei den aktuellen Zahlen könnte die CDU gemeinsam mit der FDP eine Mehrheit erlangen – sie kämen auf 39 Sitze und lägen damit 4 Sitze über der nötigen Mehrheit. Für eine Mehrheit aus SPD, Grünen und SSW beispielsweise würde es aktuell nicht reichen.
Die CDU könnte auch mit den Grünen zusammen gehen, dann hätten sie eine noch sattere Mehrheit. Auch eine Koalition mit der SPD wäre möglich, genauso wie ein Bündnis mit dem SSW, der aktuell vier Sitze im Landtag hätte.
Losse-Müller: Nicht gelungen, mit Themen durchzusetzen
SPD-Spitzenkandidat Thomas Losse-Müller resümiert nach der ersten Prognose: „Wir sind gegen drei Parteien angetreten, die geschlossen gestanden haben. Es war klar, dass es eine große Herausforderung war. Es ist uns nicht gelungen, uns mit den Themen durchzusetzen.“ Die Niederlage sei auch in seiner persönlichen Verantwortung, er war das Gesicht der Kampagne, so Losse-Müller weiter.
Auch SPD-Landeschefin Serpil Midyatli zeigt sich enttäuscht: „Es ist ein bitteres Ergebnis für uns. Wir haben uns natürlich viel, viel mehr erhofft und tatsächlich hat das nicht funktioniert.“ Ralf Stegner, langjähriger SPD-Fraktionschef in Schleswig-Holstein, will dem Spitzenkandidaten dennoch Mut machen: „Ich hoffe, dass Thomas Losse-Müller nicht aufgibt, sondern nochmal angreift. Und es gibt immerhin etwas Positives: Wenn die Rechtsradikalen aus dem Landtag sind, dann gibt es wenigstens einen kleinen Grund sich zu freuen.“
Wie die aktuelle vorläufige Wählerwanderung zeigt, hat die SPD 62.000 Wähler an die CDU verloren, 36.000 an die Grünen und 16.000 an den SSW. Mit diesem Wahlergebnis würde die SPD ihren bisher schlechtesten Wert von 25,4 Prozent im Jahr 2009 noch einmal unterschreiten. Dennoch sei die SPD weiterhin davon überzeugt, dass die Menschen in Schleswig-Holstein eine sozialere Politik verdienen. Sie stünden dazu, dass es kein „Weiter so“ geben dürfe und wollen auch zukünftig Politik für bezahlbare Mieten, Entlastung von Familien und konsequenten Klimaschutz machen.
Heinold: Regierungsarbeit oder harte Opposition
„Erstmal sind wir super glücklich, zweitstärkste Kraft zu sein“, freut sich Grünen-Spitzenkandidatin Monika Heinold. „Jetzt schauen wir, ob es für die Regierungsarbeit weiter reicht. Ich gehe davon aus, dass wir wieder Regierungsverantwortung tragen können oder hammerhart Opposition machen“, so Heinold weiter.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) gratuliert Daniel Günther bereits jetzt zu einem Wahlsieg. „Das ist ein sehr, sehr starkes grünes Ergebnis und Daniel Günther hat die Wahl gewonnen.“ Habeck stellt aber auch klar: „Er wird auch wissen, wem er das gute Ergebnis zu verdanken hat.“ Für Habeck lässt die Hochrechnung nur ein Bündnis zu: „Ich glaube, Daniel Günther ist schlau genug, zu sehen, wenn zwei Parteien die Wahl gewinnen, was daraus dann zu folgen hat.“Buchholz wirbt für „Regierung der Mitte“
„Bei den inhaltlichen Übereinstimmungen, bei den Politikfeldern haben CDU und FDP mehr gemeinsame Schnittmengen. Von daher gibt es die Möglichkeit, eine Regierung in der Mitte zu bilden“, äußert sich FDP-Spitzenkandidat Bernd Buchholz. Die eingebüßten Prozentpunkte gehen aber auch an der FDP nicht spurlos vorbei. „Es ist schade, wir hätten gerne mehr gehabt“, so Buchholz.
Harms: Bestes Ergebnis der Geschichte
SSW-Spitzenkandidat Lars Harms ist stolz auf die bisherigen Zahlen: „Ein Zünglein an der Waage sind wir sicher nicht, es liegt jetzt an Daniel Günther, wie er sich entscheidet.“ Der SSW sei für Gespräche offen. „Aber erstmal sind wir glücklich, dass wir das beste Ergebnis erzielt haben, das der SSW jemals in seiner Geschichte erreicht hat“, freut sich Harms.
Nobis: „Wir sind wahrscheinlich raus“
Der AfD-Spitzenkandidat Jörg Nobis rechnet mit dem Aus seiner Partei im Landtag: „Krisenzeiten sind Regierungszeiten. Herr Günther konnte davon massiv profitieren. Ich gratuliere ihm recht herzlich. Ja und wir sind wahrscheinlich dann raus.“ Interner Streit würde vom Wähler nicht goutiert. Er glaube nicht, dass die Hürde so hoch war. Er glaube, es lag vor allem am bundespolitischen Thema Ukraine, dass die Wahl überstrahlt hätte und bei dem sie nicht punkten konnten, so Nobis weiter.