Möglicher NATO-Beitritt Putin nennt Finnlands Pläne „Fehler“
14. Mai 2022Finnland will in die NATO – am Sonntag wird ein formeller Beschluss der Regierung erwartet. Russlands Präsident Putin warnte sein Nachbarland in einem Telefonat vor diesem „Fehler“.
In großen Schritten steuert Finnland auf einen möglichen Beitritt in die NATO zu. Die Staatsspitze will am liebsten „unverzüglich“ in das Verteidigungsbündnis aufgenommen werden und auch die Regierungspartei stellt sich nahezu geschlossen hinter eine Mitgliedschaft. Doch vom Nachbarn Russland kommen Warnsignale.
Noch am Donnerstag hatte Finnlands Präsident Sauli Niinistö in einer Erklärung, die er gemeinsam mit der finnischen Ministerpräsidentin Sanna Marin veröffentlichte, betont: „Eine NATO-Mitgliedschaft würde die Sicherheit Finnlands stärken.“ Damit bekräftigte er den neuen Kurs seines Landes: Raus aus der jahrzehntelangen militärischen Neutralität und rein in die Militärallianz.
Niinistö will per Telefon Spannungen vermeiden
Dass Russland ein solcher Schritt – gelinde gesagt – nicht gefällt, ist kaum überraschend. Immerhin verbindet die beiden Nachbarn eine mehr als 1300 Kilometer lange Grenze und bereits vor dem Beginn der russischen Invasion in der Ukraine hatte Präsident Wladimir Putin wiederholt die Osterweiterung der NATO als wachsende Bedrohung kritisiert.
Der finnische Präsident Niinistö griff deshalb heute zum Telefonhörer – um „Spannungen zu vermeiden“, hieß es aus seinem Büro. In dem Gespräch habe Niinistö deutlich gemacht, dass Finnland mit dem Nachbarn Russland auf praktischer Ebene zusammenarbeiten wolle. Doch der Präsident habe auch klar hervorgehoben, dass jedes Land unabhängig von anderen für seine größtmögliche Sicherheit sorgen müsse – so wie es Niinistö Putin bereits beim ersten Treffen der beiden Staatschefs vor rund zehn Jahren dargelegt habe. „Das ist immer noch der Fall. Indem Finnland der NATO beitritt, stärkt es seine eigene Sicherheit und übernimmt Verantwortung“, teilte das Büro des finnischen Präsident weiter mit.
Putin: Finnlands Sicherheit ist nicht gefährdet
Doch Putin wertet einen möglichen NATO-Beitritts als Fehler, der die bilateralen Beziehungen schädigen würde. Finnlands Abkehr von der traditionellen Neutralität werde zu einer Verschlechterung der bislang guten nachbarschaftlichen Beziehungen führen. Und Putin erklärte, dass Finnlands Sicherheit in keiner Weise gefährdet sei.
Noch vor zwei Tagen kamen von Kreml-Sprecher Dmitri Peskow etwas bedrohlichere Töne. Russland werde einen NATO-Beitritt seines Nachbarlandes „definitiv“ als Bedrohung ansehen. Und das russische Außenministerium teilte mit, Moskau sehe sich gezwungen, darauf „militärtechnisch und auf andere Weise“ zu reagieren.
Russland stoppt Stromlieferung
Einen ersten Einschnitt muss Finnland bereits hinnehmen. Russland habe seine Stromexporte gestoppt, teilte der finnische Netzbetreiber Fingrid mit. Der russisch kontrollierte Energiekonzern RAO Nordic Oy hatte diesen Schritt kurz zuvor angekündigt, ihn allerdings mit angeblich ausgebliebenen Zahlungen Finnlands begründet. Für seit 6. Mai verkaufte Strommengen sei noch kein Geld eingegangen, erklärte das Unternehmen. Es könne daher die Rechnungen für die Stromimporte aus Russland nicht begleichen.
Finnland zeigte sich angesichts der auf Eis gelegten Lieferungen gelassen. Nur zehn Prozent des in Finnland benötigten Stroms gehen auf russische Importe zurück. Und die können laut der finnischen Regierung durch Lieferungen aus Schweden ausgeglichen werden.
Mit dem Ausbruch des Krieges gegen die Ukraine hatte in Finnland ein Umdenken eingesetzt. In Umfragen befürwortet mittlerweile eine klare Mehrheit der Bevölkerung eine Mitgliedschaft in der NATO. Auch in Schweden setzte ein Sinneswandel ein. Finnland und Schweden streben an, möglichst zeitgleich einen Antrag auf die Aufnahme einzureichen. Ministerpräsidentin Marin äußerte die Hoffnung, dass das bereits in der kommenden Woche geschehen könnte.
In Finnland soll voraussichtlich schon am Sonntag der formelle Beschluss der Regierung für den NATO-Beitritt erfolgen, danach muss noch das Parlament zustimmen. Dort haben die regierenden Sozialdemokraten die Mehrheit. Und die stellten sich nun mit klarer Mehrheit hinter die Mitgliedschaft in dem Verteidigungsbündnis. Laut der Partei stimmten von den 60 Mitgliedern der eigenen Führung 53 für den Beitritt. Nur fünf Mitglieder votierten dagegen, zwei enthielten sich. Die offizielle Abstimmung der Partei steht jedoch erst am Sonntag an.
Am Abend beraten in Berlin die Außenminister der NATO über den russischen Krieg gegen die Ukraine. Auch die in Aussicht stehenden Beitritte Finnlands und Schwedens dürften bei dem Treffen thematisiert werden.
Die NATO selbst hatte sowohl Finnland als auch Schweden bereits versichert, dass es mit einer Aufnahme sehr schnell gehen könnte, sobald die Anträge beider Länder eingegangen seien. Immer wieder hatte Generalsekretär Jens Stoltenberg versichert, dass die Türen des Bündnisses für die beiden potenziellen neuen Mitglieder weit offen stünden. Und Anfang der Woche hatte ein Sprecher der NATO in Aussicht gestellt, dass zwischen Antrag und dem Unterzeichnen der Beitrittsprotokolle lediglich zwei Wochen liegen könnten.