Geplanter NATO-Beitritt Finnland will türkische Bedenken ausräumen
15. Mai 2022Zu wenig Härte gegen Kurdenorganisationen wie die PKK – das könnte für Finnland zum Stolperstein auf dem Weg in die NATO werden. Außenminister Haavisto will die türkischen Bedenken nun aber schnell ausräumen.
Die finnische Regierung hat sich zuversichtlich gezeigt, dass türkische Vorbehalte gegen einen Beitritt zur NATO ausgeräumt werden können. „Ich bin mir sicher, dass wir für diese Sache eine Lösung finden werden“, sagte Außenminister Pekka Haavisto am Rande eines NATO-Treffens in Berlin. Er könne allerdings nicht versprechen, dass eine Lösung schnell gehe.
Noch im Lauf des Abends werde er mit seinem türkischen Kollegen Mevlut Cavusoglu zusammenkommen, um Ungereimtheiten aus dem Weg zu räumen. Er habe mit seinem „guten Kollegen“ Cavusoglu bereits am Freitag telefoniert.
„Gasthäuser für Terrororganisationen“
Zuvor waren die zunächst konfliktfrei verlaufenden Beitrittspläne durch Äußerungen des türkischen Präsident Recep Tayyip Erdogan ins Wanken gebracht worden. Dieser hatte unter anderem gesagt: „Derzeit beobachten wir die Entwicklungen bezüglich Schwedens und Finnlands, aber wir haben keine positive Meinung dazu.“ Skandinavische Länder seien geradezu „Gasthäuser für Terrororganisationen“ wie die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK.
Außenminister Cavusoglu bekräftigte diese Haltung in Berlin nochmals. Schweden und Finnland unterstützten „offen“ die Kurdenorganisationen PKK und YPG. Die türkische Bevölkerung sei mehrheitlich gegen eine NATO-Mitgliedschaft von Ländern, die „diese Terrororganisationen unterstützen“. Für die Türkei sei es „inakzeptabel“, wenn „Freunde und Verbündete“ kurdische Extremisten unterstützten, sagte Cavusoglu. Er zeigte sich zugleich offen dafür, die NATO-Beitrittsbestrebungen mit den Vertretern Helsinkis und Stockholms zu diskutieren.
Türkische Verärgerung über SchwedenSchwedens Haltung gegenüber militanten kurdischen Milizen in Nordsyrien sei Präsident Recep Tayyip Erdogan ein Dorn im Auge, sagte ein hochrangiger Berater des türkischen Außenministers Mevlüt Cavusoglu dem ARD-Studio Istanbul. Es gehe um die Sicherheitsinteressen an der Grenze zu Syrien.
Der Cavusoglu-Berater verweist dabei auf schwedische Waffen, die den türkischen Staat bedrohen. 2016 meldeten regierungsnahe türkische Medien, die Armee habe nahe der Stadt Nusaybin eine AT-4 Panzerfaust sichergestellt. Die Waffe wurde vom schwedischen Rüstungsunternehmen Saab Bofors Dynamics entwickelt und von der US-Armee leicht modifiziert. Ähnliche Meldungen gab es auch in den Folgejahren, zuletzt 2020.
Besonders verärgert war man in Ankara, als die schwedische Außenministerin Ann Linde 2021 eine Delegation syrischer Politiker traf, denen die Türkei vorwirft, als der politische Arm des syrischen Ablegers der PKK zu wirken. Linde veröffentlichte ein Foto von dem Treffen und schrieb dazu, „Schweden bleibe aktiver Partner“. Das skandinavische Land stellt dem kurdisch kontrollierten Nordsyrien Finanzhilfen zur Verfügung.
Oliver Mayer-Rüth, ARD-Studio Istanbul
Das Ende einer langen Neutralität
Dagegen lobten und begrüßten viele andere NATO-Staaten die finnischen und schwedischen Pläne. Der slowakische Außenminister Ivan Korcok zeigte sich davon überzeugt, dass alle NATO-Staaten die Pläne Schwedens und Finnlands für eine Mitgliedschaft in der Allianz unterstützen werden. Generalsekretär Jens Stoltenberg hob die engen Beziehungen des Militärbündnisses zu den beiden nordischen Ländern hervorgehoben.