Schweinepest-Zaun an Grenze zu Polen eingeweiht

30. November 2020 Aus Von mvp-web
Stand: 30.11.2020 16:11 Uhr

Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschaftsminister Till Backhaus (SPD) hat an der Grenze zu Polen nahe Pomellen (Landkreis Vorpommern-Greifswald) den letzten Pfahl des neuen Grenzzauns gesetzt. Er soll Wildschweine abhalten, die die Afrikanische Schweinepest einschleppen könnten.

Ein 63 Kilometer langer Zaun an der Grenze Mecklenburg-Vorpommerns soll helfen, dass Einschleppen der in Polen grassierenden Afrikanischen Schweinepest (ASP) zu verhindern. Landwirtschaftsminister Backhaus buddelte am Montag den letzten Pfahl ein und übergab die Barriere ihrer Bestimmung. “Ich wünsche mir sehr, dass wir von ASP verschont bleiben. Vogelgrippe, Corona, Hepatitis, EHEC und ASP: Bei uns ist das Maß eigentlich voll – bis obenhin”, so der Minister. Backhaus kündigte als weitere Maßnahme gegen die Tierseuche an, die “Pürzelprämie” – eine Abschussprämie für Wildschweine – vom 1. Dezember an auf 50 Euro zu erhöhen.

Schweinepest ist bis nach Brandenburg vorgedrungen

Seit Mitte Juli wurde an dem Zaun gearbeitet, der von der Uckermark über Pomellen, Linken, Hintersee bis nach Ahlbeck auf der Insel Usedom verläuft. Der Zaun soll infizierte Wildschweine daran hindern, die für Menschen ungefährliche Tierseuche aus Polen in den Nordosten Deutschlands einzuschleppen. In Polen grassiert die Tierseuche schon länger, vor allem bei Wildschweinen. Im September 2020 war die Afrikanische Schweinepest erstmals im Süden Brandenburgs amtlich festgestellt worden. Seitdem wurden in Brandenburg mehr als 170 Fälle in den Kreisen Oder-Spree, Märkisch-Oderland und Spree-Neiße gefunden. Wenige Seuchenfälle bei Wildschweinen meldete auch Sachsen.

Zaun soll fünf Jahre lang stehen bleiben

Hausschweine sind nach Angaben der Behörden in Deutschland bisher nicht betroffen. Die Krankheit ist für Menschen ungefährlich, für Wild- und Hausschweine fast immer tödlich. Es gibt keine Möglichkeit, die Schweine vorbeugend zu impfen. Am Bau des Schutzzaunes wurden auch private Firmen beteiligt, wodurch er einen Monat schneller als ursprünglich geplant fertig werden konnte. Anfangs war dafür allein die Landesforstanstalt zuständig. Der Zaun wird vom Land Mecklenburg-Vorpommern bezahlt. Er kostet rund 1,2 Millionen Euro und soll etwa fünf Jahre lang stehen bleiben. Brandenburg hat eine ähnliche Barriere gebaut. Auch Dänemark schützt seine Grenze zu Schleswig-Holstein vor Wildschweinen.


Die Afrikanische Schweinepest

Die Afrikanische Schweinepest (ASP) ist in den vergangenen Jahrzehnten auch außerhalb Afrikas aufgetreten, zuletzt vor allem in Russland. ASP ist eine schwere Virusinfektion, die Haus- und Wildschweine betrifft und sich zum Beispiel über Transportfahrzeuge oder Kleidung ausbreitet. Kontakte der Tiere untereinander oder Futter aus Speiseabfällen können ebenfalls Infektionsquellen sein. In Afrika verbreiten auch Zecken die Krankheit weiter. Befallene Tiere leiden an unterschiedlichen Symptomen wie hohem Fieber oder Atemproblemen und verenden in der Regel innerhalb weniger Tage.


Was ist die Afrikanische Schweinepest?

Die Afrikanische Schweinepest ist eine hochansteckende und anzeigepflichtige Tierseuche. Sie befällt ausschließlich Wild- und Hausschweine, für Menschen und andere Tiere stellt sie keine Gesundheitsgefährdung dar. Das Krankheitsbild der Afrikanischen Schweinepest ist sehr variabel. Hauptsymptom ist sehr hohes Fieber, hinzu kommen häufig Apathie und Blutungen aus Nasen oder Ohren. Im Durchschnitt sterben Haus- und Wildschweine innerhalb von etwa zehn Tagen an der Infektion. Einen Impfstoff gegen den Erreger, das Afrikanische Schweinepest-Virus, gibt es noch nicht.

Was ist der Unterschied zur Klassischen Schweinepest?

Sowohl die Afrikanische Schweinepest als auch die Klassische Schweinepest sind in der EU anzeigepflichtig und weisen ein ähnliches Krankheitsbild auf. Um welchen Erreger es sich handelt, können nur Laboruntersuchungen zeigen. Gegen die Klassische Schweinepest gibt es einen Impfstoff, zudem überleben Wildschweine diese Krankheit häufiger.

Gibt es die Afrikanische Schweinepest in Deutschland?

Ja. Das Virus gab es ursprünglich nur auf dem afrikanischen Kontinent, 2007 kam es vermutlich über den Schwarzmeerhafen Ponti nach Georgien und erreichte 2014 die Europäische Union. Seitdem verbreitete es sich überwiegend in den osteuropäischen Ländern.

Am 9. September 2020 wurde der Kadaver eines Wildschweins im Spree-Neiße-Kreis in Brandenburg entdeckt. Der Fundort ist nur wenige Kilometer von der deutsch-polnischen Grenze und rund 300 Kilometer von Mecklenburg-Vorpommern entfernt. Das Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit auf der Insel Riems bestätigte einen Tag später, dass das tote Wildschwein mit dem ASP-Erreger infiziert war. Am 15. September wurde im Landkreis Oder-Spree bei fünf weiteren toten Wildschweinen ASP nachgewiesen.

Wie wird die Afrikanische Schweinepest übertragen?

In afrikanischen Ursprungsländern übertragen Lederzecken die Krankheit. In Deutschland und Europa läuft die Verbreitung auf unterschiedlichen Wegen ab. Erstens direkt, von Tier zu Tier. Das Virus wird hierbei durch Blut, Sperma oder Sekret weitergegeben. Das kann in Ställen, auf Weiden oder in der freien Natur passieren.

Der zweite Übertragungsweg führt über kontaminierte Speiseabfälle, die illegal an Hausschweine verfüttert oder von Wildschweinen gefunden und gefressen werden. Der ASP-Erreger ist sehr widerstandsfähig: Er kann Wochen in Fleisch, Fleischwaren sowie Schlachtabfällen überleben, in gefrorenem Fleisch sogar mehrere Jahre.

Da das Virus zudem außerordentlich lange ansteckend bleibt, kann ASP zudem über nicht gereinigte und desinfizierte Fahrzeuge, Ausrüstung und unsaubere Kleidung weiterverbreitet werden, zum Beispiel von Jägern, Tierärzten oder im Transportwesen.

Ist das Virus für den Menschen gefährlich?

Nein, für Menschen ist der Erreger ungefährlich. ASP ist nicht auf den Menschen übertragbar, weder durch den Verzehr von infiziertem Schweinefleisch, noch über direkten Kontakt mit einem erkrankten Tier. Das gleiche gilt für alle anderen Tierarten außer Schweinen. Menschen und andere Tiere, auch Hunde und Katzen, können das Virus nur weitertragen.

Welche Auswirkungen hat die Seuche für Deutschland?

Deutschland ist weltweit einer der größten Exporteure von Schweinefleisch. Mit dem Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest hat die Bundesrepublik ihren Status als “seuchenfrei” verloren. Das hat massive wirtschaftliche Folgen für Schweinehalter: Haupthandelspartner China verhängte am 12. September 2020 ein Import-Verbot für deutsches Schweinefleisch. Als direkte Folge sank der Kilo-Schlacht-Preis für die Schweinebauern um 13 Prozent. “Wir appellieren an alle Beteiligten in der Lebensmittelkette, die Krisensituation nicht zu Lasten der Schweinehalter auszunutzen”, sagte Joachim Rukwied, Präsident des Bauernverbands.

Wie kann man die Ausbreitung verhindern?

Da es keinen Impfstoff und keine Therapiemöglichkeiten gibt, kann die Verbreitung des Virus lediglich über hygienische Maßnahmen eingedämmt werden. Landwirte sollten Hausschweine nur auf speziell eingezäunten Weiden halten, damit sie nicht mit Wildschweinen in Kontakt kommen. Schweinehalter, die auch Jäger sind, müssen vor Betreten der Ställe ihre Kleidung wechseln, Werkzeug und Fahrzeuge desinfizieren. Auch Hunde und Katzen können das Virus übertragen und sollten von Schweinen ferngehalten werden.

Jeder Bürger sollte zudem bei der Entsorgung von Schweinefleischprodukten darauf achten, dass sie für Wildschweine nicht zugänglich sind. Das heißt: Picknick-Reste nicht im Wald-Mülleimer entsorgen, sondern Zuhause in die Tonne werfen. Zudem sollte derzeit darauf verzichtet werden, Schweinefleisch, Wurst oder Schinken aus betroffenen Ländern mitzubringen. Und: Wer ein totes Wildschwein im Wald findet, sollte dem Förster oder Amtstierarzt Bescheid geben.

Wie schnell verbreitet sich die Seuche?

Nach Angaben des Friedrich-Loeffler-Instituts für Tiergesundheit wurden 2014 in Polen, Tschechien, Rumänien, der Ukraine und den drei baltischen Staaten insgesamt rund 300 Fälle der Seuche gemeldet. Seitdem haben sich die Zahlen jedes Jahr nahezu verdoppelt. Die Gefahr liegt dabei weniger in der Übertragung durch Wildschweine, sondern eher in kontaminierten Schweineprodukten. Als Beispiel: Ein infiziertes Tier legt an einem Tag viel weniger Kilometer zurück als das Mettbrötchen eines Fernfahrers.


Welche Maßnahmen wurden bisher getroffen?

Brandenburg hatte in den Kreisen Oder-Spree und Spree-Neiße sowie in der Stadt Frankfurt (Oder) einen 120 Kilometer langen Elektroschutzzaun an der Grenze errichtet. Er soll Wildschweine aufhalten. Ein fester Schutzzaun im Kreis Spree-Neiße ist geplant.

Auch am sächsischen Grenzverlauf wurde ein Zaun gebaut. An einigen Autobahnraststätten und Grenzübergängen wurden Warnschilder und Merkzettel angebracht, um auf die Gefahr der Übertragung durch unsachgemäß entsorgte Speisereste aufmerksam zu machen. Darüber hinaus werden Jäger dazu aufgerufen, besonders auf Fallwild zu achten.

Dänemark hatte schon im Dezember vergangenen Jahres einen Zaun an der Grenze zu Schleswig-Holstein aufgestellt. Bisher wurden in dem Land keine erkrankten Tiere entdeckt.

Was passiert mit infizierten Tieren?

“Beim Ausbruch in Hausschweinebeständen müssen alle Schweine der betroffenen Bestände getötet und unschädlich beseitigt werden”, so das Bundeslandwirtschaftsministerium. Zudem werden großflächige Sperrbezirke und Beobachtungsgebiete eingerichtet. In diesen Bereichen ist das Transportieren von Tieren und deren Erzeugnissen untersagt (Ausnahmen sind möglich). Für das Krisenmanagement sind die örtlichen Behörden zuständig.

Wird ASP bei Wildschweinen festgestellt, wird ein sogenannter gefährdeter Bezirk festgelegt und eine Pufferzone eingerichtet, die nicht von der Tierseuche betroffen ist. Hausschweine und Schweinefleischprodukte dürfen dieses Gebiet dann grundsätzlich nicht verlassen (Ausnahmen sind möglich). “Zudem werden zahlreiche Maßnahmen zum Management der Schwarzwildpopulation ergriffen”, so das Bundeslandwirtschaftsministerium. Dabei wird auch über das Aussetzen der Schonzeit im April und März diskutiert, wie es in der Region um Berlin bereits geschehen ist.