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25. Juni 202212:50 Uhr
Ukrainischer Geheimdienst: Russland will Belarus in Krieg hineinziehen
Nach ukrainischen Berichten über russische Raketenangriffe aus Belarus hat die Führung in Kiew Russland vorgeworfen, seinen Verbündeten Belarus in den Krieg hineinziehen zu wollen. „Der Angriff von heute steht in direkter Verbindung mit den Bemühungen des Kreml, Belarus als Mitkämpfer in den Krieg in der Ukraine hineinzuziehen“, erklärte die Generaldirektion des ukrainischen Geheimdienstes, die dem Verteidigungsministerium unterstellt ist, im Messengerdienst Telegram.
Gegen 05.00 Uhr morgens (04.00 Uhr MESZ) sei die Region Tschernihiw massiv mit Raketen angegriffen worden, teilte das Nordkommando der ukrainischen Armee auf Facebook mit. „20 Raketen“ seien „von belarussischem Territorium und aus der Luft“ auf das Dorf Desna abgeschossen worden, hieß es in der Mitteilung. Opfer gab es demnach aber keine. Es sei Infrastruktur getroffen worden, erklärte die ukrainische Armee, ohne mitzuteilen, ob es sich um militärische Infrastruktur handelte.
Ukrainischer Gouverneur befürchtet Blockade von Lyssytschansk
Nach Beginn des ukrainischen Abzugs aus Sjewjerodonezk in der Ostukraine bemühen sich die russischen Streitkräfte um eine Blockade des benachbarten Lyssytschansk. Der Gouverneur der Region Luhansk, Serhij Hajdaj, sagte, die russischen Truppen versuchten, Lyssytschansk von Süden her abzuriegeln. Die Stadt liegt in der Nähe von Sjewjerodonezk, das seit Wochen schweren Angriffen ausgesetzt ist.
Hajdaj sagte am Freitag, die ukrainischen Soldaten hätten mit dem Abzug aus Sjewjerodonezk begonnen. Der Militärbeobachter Oleg Schdanow erklärte, einige Truppen seien bereits auf dem Weg nach Lyssytschansk.
Linken-Fraktionschefin bezeichnet Grüne als „Bettvorleger der Rüstungsindustrie“
Die Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, Amira Mohamed Ali, hat zum Beginn des zweiten Tags beim Linke-Bundesparteitag die Grünen für ihre Haltung zum Ukrainekrieg hart angegriffen. Die Grünen seien als „Bettvorleger der Rüstungsindustrie gelandet“ und hätten kein Rückgrat, sagte Mohamed Ali in Erfurt. Die Linke stehe dafür, dass sich der „schreckliche Angriffskrieg Putins“ nicht ausweite und so schnell wie möglich beendet werde. In diesem Sinne handele die Bundesregierung aber nicht, die auch schwere Waffen liefere.
11:46 Uhr
Moskau meldet Tötung von 80 polnischen Kämpfern
Das russische Militär hat nach eigenen Angaben im Osten der Ukraine 80 polnische Kämpfer in den Reihen der ukrainischen Armee getötet. Durch einen Raketenangriff auf das Zinkwerk „Megatex“ in der Stadt Kostjantyniwka seien 80 polnische „Söldner“ liquidiert worden, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, in Moskau. Russland bezeichnet alle auf Seiten der Ukraine kämpfenden Freiwilligen als Söldner.
Konaschenkow berichtete zudem über einen Raketenangriff auf Mykolajiw im Süden der Ukraine, bei dem 300 Soldaten getötet worden seien. Insgesamt bezifferte der Generalleutnant die ukrainischen Verluste allein durch Luft-, Raketen- und Artillerieangriffe innerhalb von 24 Stunden auf 780. Unabhängig überprüfen lassen sich diese Angaben nicht. Einzelheiten zur Bodenoffensive der russischen Truppen im Donbass nannte Konaschenkow nicht.
Deutschland zahlt G7-Hilfe für Ukraine aus
Die Bundesregierung hat nach eigenen Angaben ihren Anteil an den G7-Finanzhilfen für die Ukraine überwiesen. Einen Monat nachdem die sieben führenden Industriestaaten (G7) der Ukraine umfangreiche finanzielle Hilfen zugesichert hätten, zahle Deutschland seinen zugesagten Beitrag von einer Milliarde Euro aus, teilte Bundesfinanzminister Christian Lindner mit. Die G7-Finanzminister hatten bei ihrem Treffen auf dem Petersberg bei Bonn Mitte Mai der Ukraine Hilfen über insgesamt 9,5 Milliarden Dollar zugesagt, um den Liquiditätsbedarf des von Russland angegriffenen Landes für die nächsten Monate zu sichern.
Ukraine meldet weitere russische Raketenangriffe
Russland hat nach neuesten Angaben aus Kiew mehrere ukrainische Regionen mit Raketen unter Beschuss genommen, auch aus dem Nachbarland Belarus. In den Gebieten Chmelnyzkyj, Lwiw, Mykolajiw, Schytomyr und Tschernihiw seien Einschläge registriert worden, meldete die Nachrichtenagentur Unian. Die Region Dnipropetrowsk sei zudem mit Artillerie beschossen worden. Allein in der Umgebung von Schytomyr – einer Großstadt westlich von Kiew – schlugen nach Angaben von Bürgermeister Serhij Suchomlin 24 Raketen ein. Dabei sei ein Soldat getötet worden.
Dem ukrainischen Generalstab zufolge feuerte Russland die Raketen auf Schytomyr und Tschernihiw aus Belarus ab. Die Ex-Sowjetrepublik unter Machthaber Alexander Lukaschenko bezeichnet sich in dem seit mehr als vier Monaten dauernden Krieg eigentlich als neutral.
Verletzte bei Raketenangriff in West-Ukraine
Bei einem russischen Raketenangriff auf eine Militäranlage in Jaworiw in der West-Ukraine sind nach Angaben der Behörden vier Menschen verletzt worden. Die russischen Streitkräfte hätten sechs Raketen vom Schwarzen Meer aus abgefeuert, sagte der Gouverneur der Region Lwiw, Maxim Kosizky, in einer Videobotschaft. Vier Raketen hätten den Stützpunkt getroffen, zwei seien von der ukrainischen Luftabwehr abgefangen und zerstört worden. Bei einem russischen Angriff auf ein Ausbildungslager des ukrainischen Militärs in der Nähe von Jaworiw im März waren nach Behördenangaben 35 Menschen getötet und mindestens 130 verletzt worden.
Johnson warnt vor Druck auf Ukraine für „schlechten Frieden“
Der britische Premierminister Boris Johnson befürchtet wegen der wirtschaftlichen Folgen des Krieges wachsenden europäischen Druck auf die Ukraine, ein nicht in ihrem Sinne liegendes Friedensabkommen mit Russland zu schließen. „Zu viele Länder sagen, dass dies ein europäischer Krieg ist, der unnötig ist … und so wird der Druck wachsen, die Ukrainer zu einem schlechten Frieden zu bewegen – vielleicht sogar zu zwingen“, sagte Johnson zu Fernsehsendern in der ruandischen Hauptstadt Kigali, wo er an einem Commonwealth-Gipfel teilnimmt. Sollte der russische Präsident Wladimir Putin seinen Willen in der Ukraine durchsetzen können, seien die Folgen gefährlich für die internationale Sicherheit und „eine langfristige wirtschaftliche Katastrophe“, fügte er hinzu.
Präsidentengattin Selenska wirft Russland Sexualverbrechen vor
Die Frau des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj hat die russischen Truppen in ihrem Land mit der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) verglichen und ihnen Sexualverbrechen vorgeworfen. Olena Selenska verwies in der „Welt am Sonntag“ auf die Friedensnobelpreisträgerin Nadia Murad, die vom IS versklavt worden war und sagte: „Es ist furchtbar, das auszusprechen, aber viele ukrainische Frauen erleben unter der Besatzung dasselbe.“ Murad hat Verbrechen der Terrororganisation Islamischer Staat an Jesiden im Irak überlebt.
Selenska appellierte an ihre geflüchteten Landsleute, in das Land zurückzukehren, wenn es wieder sicher werde, um beim Wiederaufbau zu helfen. „Ukrainer und Ukrainerinnen, die weltweit eine Zuflucht suchen mussten, sollen wissen: Man wartet auf sie in der Ukraine, ihr Land braucht sie.“ Bereits jetzt seien mehr als 1600 Schulen, 600 Krankenhäuser und zahllose Wohnungen ruiniert worden.
Ukrainer halten Nachschubweg Richtung Lyssytschansk
Die ukrainischen Streitkräfte haben nach eigenen Angaben Angriffe auf eine wichtige Nachschubroute für die Großstadt Lyssytschansk im Osten des Landes abgewehrt. „In Richtung Bachmut haben die ukrainischen Kämpfer den Angriff feindlicher Infanterie zwischen den Ortschaften Wolodymyriwka und Pokrowske gestoppt“, teilte der ukrainische Generalstab mit. Von Bachmut aus führt eine wichtige Versorgungsstraße an den genannten Ortschaften vorbei nach Lyssytschansk. Die Stadt selbst, die nach dem weitgehenden Rückzug der Ukrainer aus dem benachbarten Sjewjerodonezk zum nächsten strategischen Angriffsziel der Russen geworden ist, steht weiter schwer unter Beschuss.
Zehntausende Georgier fordern EU-Beitritt
In der georgischen Hauptstadt Tiflis sind etwa 120.000 Menschen für einen EU-Beitritt und gegen die eigene Regierung auf die Straße gegangen. Die Demonstrierenden schwenkten georgische und EU-Flaggen und forderten den Rücktritt von Regierungschef Irakli Garibaschwili – einen Tag, nachdem die EU dem Land den Beitrittskandidatenstatus verweigert hatte.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wandte sich während der Proteste mit einer Videobotschaft an die Menge und sagte: „Wir sind freie Menschen, freie Länder und werden immer frei bleiben. Die Ukraine wird Georgien helfen, den Weg nach Europa zu gehen.“ Die Ukraine und Georgien stünden für immer zusammen, sagte er unter dem Beifall der Menge.
Am Donnerstag hatte die EU auf einem Gipfeltreffen in Brüssel die Ukraine und Moldau zu EU-Beitrittskandidaten erklärt – Georgien hingegen nicht. EU-Ratspräsident Charles Michel hatte erklärt, die EU sei grundsätzlich auch bereit, Georgien den Kandidatenstatus zu geben. Allerdings müssten dafür in dem Land noch eine Reihe von Reformen umgesetzt werden.
Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge bislang gut bewältigt
Bundesinnenministerin Nancy Faeser sieht die Verteilung und Aufnahme der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine in Deutschland weitgehend positiv. „Wir haben dafür gesorgt, dass Geflüchtete bei uns gute medizinische Versorgung, soziale Sicherheit und unmittelbaren Zugang zu Jobs haben. Das läuft am besten über die Jobcenter, die sich intensiv auf die Unterstützung vieler Geflüchteter vorbereitet haben“, sagte Faeser der „Rheinischen Post“.
Trotzdem bleibe dies eine große Kraftanstrengung. Gleiches gelte für die Schulen und Kitas, die geflüchtete Kinder aufgenommen haben. „In Großstädten brauchen wir zudem zusätzliche Unterkünfte, um private Wohnungsgeber zu entlasten“, betonte die SPD-Politikerin. Der Bund unterstütze die Kommunen und Länder weiter in dieser Aufgabe.
Landesweit Luftalarm in der Ukraine ausgelöst
In der von Russland angegriffenen Ukraine ist in der Nacht landesweit Luftalarm ausgelöst worden. Das ging aus einer entsprechenden Übersicht zur Lage in dem Land hervor. Wie die ukrainische Nachrichtenseite 24tv berichtete, gab es Berichte über Explosionen aus der Stadt Saporischschja im Südosten des Landes – ebenso wie aus der zentralukrainischen Stadt Dnipro. Die genauen Hintergründe waren zunächst unklar.
Experte: Tausende Delfine wegen Krieg verendet
Naturschützer bringen den Tod von Tausenden Delfinen im Schwarzen Meer mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine in Verbindung. Mindestens 3000 Tiere seien verendet, schrieb Forschungsleiter Iwan Rusew bei Facebook. Der Einsatz von Sonar-Technik und Explosionen zerstörten das „empfindliche Navigationssystem“ der Tiere. So könnten sie nicht mehr genug Fische fangen und seien deshalb anfälliger für Infektionskrankheiten.
Die Folge sei, dass mehr Tiere sterben, erläuterte der Experte eines Nationalparks in der Nähe von Odessa im Süden der Ukraine. Nach seinen Angaben gibt es zudem Berichte über verendete Tiere aus Bulgarien und Rumänien. „Wir bitten alle, die tote Delfine am Strand sehen, dies zu melden.“