Alle 4 Minuten ein Toter: Coronavirus tötet viel mehr Menschen als die Grippe
10. Dezember 2020
Der Lockdown-Light hat zwar das exponentielle Wachstum der Infektionszahlen in Deutschland gestoppt, doch die Zahl der Neuinfektionen bleibt weiter auf hohem Niveau – und schlimmer noch, die Todesfälle nehmen rasant zu. Laut Bayerischem Ministerpräsidenten Markus Söder stirbt mittlerweile in Bayern alle 20 Minuten ein Covid-19-Erkrankter – deutschlandweit sogar alle vier Minuten.
Dennoch protestieren nach wie vor Menschen mit Plakataufschriften wie „Corona ist nur eine harmlose Grippe“ gegen die Maßnahmen der Bundesregierung. Der Glaube, dass die Anzahl der jährlichen Grippetoten, viel höher sei als die der Corona-Todesopfer hält sich hartnäckig in den Köpfen der Kritiker.
Weltweit über 1,5 Millionen Corona-Tote
Warum dies ein fataler Irrglaube ist, erklärt der renommierte Wissenschaftler Dirk Brockmann von der Humboldt Universität in Berlin. Der Physiker und Mathematiker leitet die Projektgruppe für epidemiologische Entwicklungen für Infektionskrankheiten am Robert-Koch-Institut (RKI) und gehört außerdem der Wissenschaftsakademie Leopoldina an, die auch die Kanzlerin berät. „In Deutschland sterben gerade über 500 Menschen pro Tag an Covid-19“, sagt er Gespräch mit FOCUS Online.
„Um den Ernst der Lage zu verstehen, brauchen wir auch nur in andere Länder zu schauen wie beispielsweise die USA, wo bereits über eine Viertel Million Menschen an Covid-19 starben, gefolgt von Brasilien und Indien, wo die Todeszahlen jeweils bei über 177.000 und 140.000 liegen“, führt Brockmann aus. So sind bis dato weltweit über 1,5 Millionen Menschen an den Folgen von Covid-19 gestorben.
Blickt man im Vergleich dazu auf die Grippezahlen, gibt es keinen Zweifel daran, dass Covid-19 weitaus tödlicher ist. Laut Angaben der WHO fordert die Influenza weltweit zwischen 250.000 bis 500.000 Todesopfer pro Jahr. Schätzungen von Forschern der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde CDC gehen von höheren Zahlen zwischen 290.000 bis 645.000 aus.
Schlimmste Grippewelle forderte 25.000 Tote in Deutschland
Die letzte schlimme Grippewelle in Deutschland, die sich im Winter 2017/18 ereignete, forderte nach Auskunft des RKI rund 25.000 Menschenleben – das seien die höchsten Zahlen in dreißig Jahren gewesen, erklärte der Instituts-Chef Lothar Wieler im letzten Jahr.
An Covid-19 starben mittlerweile in Deutschland fast 20.000 Menschen. Auch wenn das momentan noch unter den hiesigen Grippetodeszahlen liegt, ist das noch längst kein Beleg dafür, dass die Influenza mehr Menschen tötet als Sars-Cov-2.
„Es ist völlig falsch die Anzahl der Grippetoten mit der Anzahl der Covid-19-Toten zu vergleichen“, betont Brockmann. Denn die Zahlen der Grippeopfer sind keine absoluten Zahlen, sondern basieren auf einer Schätzung.
Grippetodesfälle beruhen auf Schätzungen
Sowohl das RKI als auch die WHO ziehen bei ihren Berechnungen der Influenza-Verstorbenen die sogenannte Übersterblichkeit ins Kalkül. „Man schaut, wie viele Menschen mehr in einem bestimmten Zeitraum gestorben sind als im Vorjahr, und berechnet dann anhand mathematischer Modelle die Opferzahlen“, führt Brockmann aus. Diese Berechnungen seien durchaus fehleranfällig. Ob es tatsächlich so viele waren, weiß man daher nicht.
Offiziell durch Laborbefunde bestätigte Fälle gab es in der Saison 2017/18 tatsächlich laut RKI lediglich 1674. So lässt sich die These, die häufig von Querdenkern beschworen wird, dass die Grippe tödlicher als Corona sei, nicht halten.