Bund und Länder zur Energiekrise Alles unklar
5. Oktober 2022Die Erwartungen an die Bund-Länder-Gespräche waren groß, die Fragen in der Energiekrise drängend. Antworten gab es an diesem Abend keine, wohl aber Innenansichten aus einer Bund-Länder-Runde unterschiedlicher Realitäten.
Ruppig ging es zu am Tisch, heißt es. Gestritten wurde viel, einigen könnte man sich bislang nicht. Dreieinhalb Stunden saßen die Ministerpräsidenten der Länder mit den Spitzenvertretern der Ampel-Regierung zusammen, um Antworten zu finden auf die wohl drängendsten Fragen, die Millionen Deutsche derzeit den Schlaf rauben.
Es ist 21:15 Uhr, als im Kanzleramt Bundeskanzler Scholz, zusammen mit den Ministerpräsidenten Stephan Weil und Hendrik Wüst, vor die Presse tritt. Den Aufschlag macht der Kanzler mit viel Lob über die bereits beschlossenen Entlastungspakete und dem wiederholten Verweis auf „konstruktive Beratungen und den freundlichen Ton“.
Die Erläuterungen klingen wie bereits bei der letzten Pressekonferenz, als er von der Covid-Isolation per Videokonferenz zugeschaltet war. Vom russischen Angriffskrieg geht es zu Erfolgsmeldungen, wie den insgesamt 295 Milliarden Euro, die Bund und Länder in drei Entlastungspaketen und dem Abwehrschirm in Aussicht stellten. Konkret wird der Bundeskanzler in keiner der offenen Fragen.
„Keine konkreten Ergebnisse“
Parteifreund Weil aus Niedersachsen, der kurz vor der Landtagswahl händeringend Erfolge mit nach Hause nehmen muss, gibt sich staatsmännisch und diplomatisch, doch auch er muss an diesem Abend mit leeren Händen abreisen. Statt Ergebnissen auch hier der Verweis auf die „sehr konstruktiven Beratungen“, aber gleichzeitig auch das Zugeständnis, dass es in vielen Fragen noch „keine konkreten Ergebnisse“ vorzuweisen gibt.
Dann übernimmt NRW-Ministerpräsident Wüst (CDU) das Wort mit einer Darstellung, die den anderen beiden Herren am Tisch nicht gut gefallen haben dürfte. Die Länder seien zwar mit ausgestreckter Hand in die Gespräche gegangen, doch die Bundesregierung habe „kaum Kompromissbereitschaft erkennen lassen“ und aus Sicht vieler Länder sei das zu wenig.
Ob Scholz, Weil und Wüst heute Abend auf drei unterschiedlichen Veranstaltungen zu Gast waren, will ein Journalist wissen. Die Antworten verlaufen an diesem Abend wie so oft im Sande.
Erwartungen schon im Vorfeld gedämpft
Dabei haben gerade Wüst und Weil im Vorfeld die Erwartungen gedämpft. Klar war etwa bereits vor Beginn der Konferenz, dass es keine Antwort auf die Frage geben wird, wie genau die 200 Milliarden Euro schwere Gaspreisbremse funktionieren soll und in welcher Höhe die Bürger mit Entlastungen rechnen dürften.
Immerhin heißt es nun, dass die eingesetzte Kommission schon am Wochenende tage und es wohl schon Anfang nächster Woche erste Ergebnisse geben dürfte. Da damit noch kein Kabinettsbeschluss verabschiedet ist und außerdem Bundestag und Bundesrat zustimmen müssen, haben Unternehmen den Zeitrahmen bereits im Vorfeld als zu spät kritisiert.
Offen bleiben ebenfalls die Fragen, wer die Kosten des neuen Wohngelds übernimmt, durch das ab Januar die Zahl der Berechtigten auf zwei Millionen verdreifacht wird. Die Länder forderten den Bund zur Übernahme der Kosten auf, der Bund lehnt dies ab. Das Verfahren soll vereinfacht werden, sagt Weil, immerhin, aber dennoch bleibt fraglich, ob die Empfänger das Wohngeld pünktlich ab Januar ausgezahlt bekommen. Der Bundeskanzler spricht von einer „Herausforderung für die Verwaltung“.
Offen geblieben ist auch die Frage nach den Energiekosten für Krankenhäuser, oder nach dem Nachfolger des 9-Euro-Tickets. Auch hier soll ab 1. Januar ein Nachfolgemodell her – es hapert wie bei den meisten Punkten an der Finanzierung.
Für die nächsten Bund-Länder-Gespräche Mitte Oktober wird der Druck auf beide Seiten noch einmal steigen, Kompromisse zu finden. Immerhin dürfte die Gaspreisbremse bis dahin Gestalt annehmen.