Nach Angriffen auf Kiew – Was die „Shahed“-Drohnen ausmacht

Nach Angriffen auf Kiew – Was die „Shahed“-Drohnen ausmacht

20. Oktober 2022 Aus Von mvp-web
Stand: 20.10.2022 12:51 Uhr

Russland greift ukrainische Infrastruktur mit Drohnen iranischer Bauart an. Sie sind vergleichsweise simpel, preisgünstig, können großen Schaden anrichten – doch Experten deuten ihren Einsatz als Zeichen militärischer Schwäche.

Am Montagmorgen kreisten Drohnen über der Hauptstadt Kiew und weiteren Städten der Ukraine, schlugen in Gebäude der kritischen Infrastruktur ein und töteten mehrere Menschen. Den ukrainischen Streitkräften gelang es, etliche Drohnen vom Boden aus abzuschießen. Hinter den Einschlägen steckt ein gezielter Angriff Russlands, bei dem die unbemannten Luftfahrzeuge über bestimmten Zielen zum Absturz gebracht werden, um sie zu zerstören – häufig werden sie deshalb als Kamikaze-Drohnen bezeichnet.

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Um welche Drohnen handelt es sich?

Kiews Bürgermeister Vitalij Klitschko veröffentlichte nach dem Angriff ein Foto von Wrackteilen, auf dem die kyrillische Aufschrift „Geran-2“ zu lesen ist.

Russischen Quellen zufolge produziert Russland diese Drohnen selbst – in ihrer Bauart sind sie jedoch nahezu identisch mit Drohnen des Typs „Shahed-136“ aus iranischer Entwicklung.

Im Kopf trägt die Drohne eine Sprengladung, die beim Einschlag detoniert. Experten zufolge kann sie bis zu 60 Kilogramm Sprengstoff tragen – der US-Experte Brett Friedmann von der Organisation „The Strategy Bridge“ rechnet vor, dass das das Doppelte bis Dreifache eines typischen Artilleriegeschosses ausmacht und die Detonation dementsprechend ein Vielfaches an Schaden verursachen könne.

Wie sind die Drohnen in russischen Besitz gelangt?

Schon vor dem Angriff vom Montag hatten die ukrainischen Streitkräfte mehrfach den Abschuss von Drohnen des Typs „Shahed-136“ gemeldet.

Der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Nasser Kanaani, sagte bei einer Pressekonferenz, der Iran habe „keiner Seite“ Waffen geliefert – Berichte über iranische Drohnen-Lieferungen an Russland seien „politisch motiviert“ und würden von westlichen Quellen verbreitet.

In der Tat schreiben der britische Geheimdienst und die US-Denkfabrik „Institute for The Study of War“ in ihrem täglichen Update zum Krieg in der Ukraine von iranischen Shahed-136-Drohnen, die bei den Attacken im Einsatz gewesen seien.

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Von iranischen Waffenlieferungen an Russland spricht die US-Regierung seit Sommer: Die iranische Regierung bereite die Lieferung „mehrerer Hundert unbemannter Luftfahrzeuge“ vor, teilte der nationale Sicherheitsberater Jake Sullivan im Juli auf einer Pressekonferenz mit. CNN berichtete wenig später, eine russische Delegation sei bereits auf Einkaufstour im Iran gewesen und präsentierte Satellitenbilder, die den Besuch eines Flugplatzes belegen sollen. Die Lieferung soll weiteren Berichten zufolge im August erfolgt sein – im September entzog die Ukraine als Reaktion dem iranischen Botschafter in Kiew die Akkreditierung.

Die „Washington Post“ berichtete jüngst, der Iran plane weitere Waffenlieferungen an Russland, unter anderem weitere Shahed-136-Drohnen sowie Drohnen des Typs „Mohajer-6“, die auch Raketen oder Bomben tragen kann, und „Arash-2“, der iranische Quellen eine Reichweite von bis zu 2000 Kilometern zuschreiben.

Denkbar ist auch, dass Russland unter Umgehung von Sanktionen aus dem Iran Bauteile für Drohnen bezieht, die in Russland montiert und dann mit dem russischen Produktnamen „Geran-2“ versehen eingesetzt werden – der Chefredakteur des ukrainischen Infoportals „Defense Express“, Oleg Katkow, sagte in einem Interview, einige Bestandteile der Drohne seien auf dem freien Markt erhältlich: Sowohl der Steuerungssensor des Navigationssystems als auch der Motor seien der chinesischen Shoppingplattform „auf AliExpress“ zu kaufen.

Einem Bericht der „New York Times“ zufolge hat der Iran Ausbilder aus den Reihen seiner Revolutionsgarden auf die von Russland besetzte ukrainische Halbinsel Krim entsandt, um bei der Beseitigung von Problemen beim Einsatz der Drohnen zu helfen – als Quelle nennt die investigative Zeitung frühere und aktuelle US-Geheimdienstmitarbeiter.